Der Bierzauberer
Lebens gemacht.
An einer
Ecke des Platzes lag das bischöfliche Gefängnis. Dort wurden immer wieder einmal,
wenn es opportun erschien, Frauen als Hexen verhaftet, eingesperrt, peinlich verhört
und gefoltert. Die Verurteilung geschah öffentlich auf dem Platz und unter aktiver
Teilnahme der anwesenden Bevölkerung. Die Hinrichtung der Armen wurde, zum Leidwesen
des Pöbels, unehrenhaft vor den Toren der Stadt, auf Melaten, vollzogen.
Niklas
nahm sich vor, bei allen sich bietenden Gelegenheiten auf dem Platz ohne Namen Bier
zu verkaufen.
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Allerdings wollte er nicht
den gleichen Fehler machen wie anfangs in Bitburg, und so erkundigte er sich vorab
nach besonderen Regelungen und Gesetzen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Brauerei.
Und da
gab es einiges: In Köln existierte neben den etablierten Brauern auch noch das alte
Recht des Reihebrauens. Viele Bürger Kölns besaßen die eine Brauberechtigung, aber
keine Brauerei. Diesen wurden nach einem festgelegten Plan die Braukessel, die der
Bürgerschaft gemeinsam gehörten, ins Haus gefahren. Der Zeitpunkt wurde per Los
entschieden. Zu diesem Zweck konnte man dann sogar einen Praxator anmieten. Die
Häuser der berechtigten Bürger erkannte man leicht an den großen, extrabreiten Toreinfahrten
mit hohen, runden Bögen, groß genug für die Braukessel. Die Rohstoffe wurden nur
jeweils für diese Brautage mit verkauft und es wurde ausschließlich Gruitbier hergestellt.
Hopfenbier
war in Köln zwar bereits bekannt, allerdings nicht so beliebt, nur im Umland und
für den Export. Die meisten Kölner Brauer verwendeten zur Herstellung der Grut,
wie es hier genannt wurde, Lorbeer, Ingwer, Kümmel und Anis als Bierwürze. Bisweilen
wurden auch Bestandteile der Mohnblume untergemischt. Mohnbier wurde überdies als
schmerzstillendes Medikament verkauft.
Hier wurde
diese Grut vorher mit Malz aus Gerste, Dinkel und Hafer vermischt und nur in dieser
Mischung an die Brauer verkauft. Ursprünglich hatte der Erzbischof das Monopol zu
Herstellung und Verkauf der Grut gehabt, dieses Alleinrecht war aufgeweicht worden,
weil es nicht mehr zu kontrollieren war.
Niklas
wollte seine Rohstoffe sowieso nicht über den Grüter kaufen und deswegen alles anders
machen. Er wollte sein eigenes Malz herstellen und den Hopfen aus Holsthum kommen
lassen. Noch 50 Jahre vorher hätte er durch einen Bruch des Monopols Streit mit
dem Erzbischof riskiert, der hatte jedoch mittlerweile andere Sorgen.
Eine weitere Regelung, die
ihm neu war, jedoch sehr gut gefiel, war die Bestrafung von unehrlichen Brauern.
Die Brauer Kölns waren formell den Bäckern zugeordnet und hatten noch keine eigene
Zunft. Und die Bäcker hatten seit Langem Bestrafungen für schwarze Schafe ihres
Standes. Die übliche war die ›Bäckertaufe‹. Der unehrliche Bäcker wurde in einen
Käfig gesteckt und damit an einer Kette in den Rhein eingetaucht. Für jedes fehlende
Lot beim Gewicht des Brotes wurde einmal getaucht. Bäckertaufen gab es fast jede
Woche und hatten immer den Charakter eines Volksfestes.
Bei den
Brauern war es schwieriger, den Nachweis zu führen, doch wenn ein Brauer nachweislich
Dünnbier als Dickbier verkauft hatte, wurde er getauft. Und zwar fünfmal. Die Bierpolizei
versuchte seit Längerem schon, andere Strafen durchzusetzen, wie das Zerschlagen
von Bierfässern, bislang ohne Erfolg.
Das Bild
der Bäckertaufe ist aus:
›Heute
back’ ich, morgen brau’ ich – Zur Kulturgeschichte von Brot und Bier‹,
von Irene
Krauß, herausgegeben vom Deutschen Brotmuseum Ulm, 1994
Neben diesen Strafen mussten
die Brauer auch noch mit der Konkurrenz des Weins leben. Köln war Zentrum des europäischen
Weinhandels. Wein war preiswert, zumindest in guten Zeiten, und meistens von gleichmäßigerer
Qualität als das Kölner Bier. Dieser Konkurrenz musste Niklas sich bis 1286 erwehren.
Dann kam ein extrem harter Winter, in dem alle Weingärten in der Region erfroren.
Die Leute waren nun auf das Bier angewiesen, also hoben Niklas und die anderen Kölner
Brauer die Preise kräftig an. Von diesem Winter erholte sich der Weinhandel niemals
wieder, zumindest nicht in Köln. Aber um der Entwicklung nicht vorzugreifen: Zuerst
musste Niklas die Brauerei bauen lassen.
Er knüpfte Kontakte zu den
anderen Brauern in der Stadt. Das waren nicht wenige. Zu seiner großen Überraschung
gab es sogar zwei Brauhäuser, die von Frauen betrieben wurden, den sogenannten Braxatrices.
Die eine
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