Der Bierzauberer
zu
löschen. Schließlich brachten die Stiftsherren den Schrein des heiligen Kunibert
herbei. Und wie durch ein Wunder erlosch das Feuer. Die Stiftsherren haben die Dirnen
aber gesegnet, obwohl offensichtlich der tote Kunibert das Wunder vollbracht hatte.
Der Dom ist mittlerweile trotzdem abgerissen worden, um Platz für einen neuen zu
machen.«
Sein anderer
Begleiter fabulierte weiter:
»Ich kenne
keine Stadt, wo die Gauner so viele verschiedene Berufe ausüben. Sogar die gewöhnlichen
Diebe machen Unterschiede, wo und wie sie ihr schändliches Werk treiben. Die Zieher
gehen über die Märkte, Flatterer stehlen Wäschestücke, die sie wieder verkaufen,
Schnecken stehlen Jacken und Mäntel, Klingelbeutelputzer machen sogar vor dem Eigentum
der Kirche nicht Halt. Dazu eine große Zahl gewöhnlicher Einbrecher und Gelegenheitsdiebe,
aber sogar auch Raubmörder.«
Der Erste
ergänzte:
»Dann
gibt es zum Beispiel die sogenannten Griechen, die ihr Leben mit falschem Kartenspiel
fristen. Wenn du vom Land in die Stadt kommst, sei auf der Hut vor den Bauernfängern,
die dir falsche Preziosen verkaufen wollen. Falsche Geistliche wollen dein Almosen
für die Kirche haben und die Trickbetrüger und Zechpreller kennen jede Methode,
um andere aufs Kreuz zu legen.«
»Pass
aber auch auf vor denen, die Anfälle simulieren und dich dadurch von deiner Geldkatze
ablenken«, fiel ihm der Zweite erneut ins Wort.
»Und wenn
du gerne einen Krug Bier oder Wein mehr trinkst, als dir zuträglich ist, tu das
niemals alleine. Die Saufauspacker, wir nennen sie auch Leichenfledderer, lassen
dir manchmal noch nicht mal dein letztes Hemd.«
Derart
vorgewarnt, verging die Reise von Bitburg nach Köln wie im Flug und nach vier Tagen,
Anfang Mai 1282, standen sie vor der beeindruckenden, erst 23 Jahre zuvor fertiggestellten
Stadtmauer.
Ohne die
Erlaubnis des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg hatten die Kölner Bürger
im Jahre 1179 mit dem Bau einer neuen Stadtbefestigung begonnen. Dadurch wurde das
Stadtgebiet auf über 400 Hektar vergrößert. Zuerst hatten sie einen Wallgraben ausgehoben,
der später die Grundlage für die Stadtmauer wurde und Köln somit zu einer unbezwingbaren
Festung machte.
Da der
Erzbischof und der Herzog von Sachsen, Heinrich der Löwe, in dauernder Fehde lagen
und die Rheinlande schon wiederholt von marodierenden Söldnern, besonders von denen
des Erzbischofs, verwüstet worden waren, war dies dringend erforderlich. Sogar gegen
das Verbot des Erzbischofs.
Die Fertigstellung
des gesamten Baus dauerte etwa 80 Jahre, obwohl Kaiser Barbarossa, Friedrich I.,
bereits im Jahre 1180 den Bau der Stadtmauer genehmigt hatte.
Zur Finanzierung
der Stadtmauer erhoben die Kölner einfach neue Mahl- und Brausteuern. Da Köln bereits
auf dem Weg war, Hauptstadt des Biers zu werden – wenn auch langsam –, war dies
ein kluger und lukrativer Schachzug.
Durch
die Stadtmauer sollte der größte Schatz der Stadt endlich angemessen gesichert werden,
die Gebeine der Heiligen Drei Könige, die Köln neben Jerusalem und Rom zur Heiligen
Stadt machten. Und um das Jahr 1259 war es dann so weit: Die Arbeiten waren beendet,
Köln war nun die größte Stadt nördlich der Alpen. Die neue Stadtbefestigung, bestehend
aus Wall, Graben und Mauer, hatte eine Gesamtlänge von über fünfzehntausend Ellen.
Die Kölner legten bei der Anlage Wert darauf, dass diese Stadtmauer, ›ebenso wie
Jerusalem‹, zwölf gewaltige Torburgen bekam sowie 52 Wehrtürme und zwölf weitere
Stadttore zum Rheinufer hin. Dieses Gebiet sollte nun für die folgenden Jahrhunderte
das Stadtgebiet sein.
Das Erste,
was Niklas bewundernd auffiel, waren die Turmuhren. Er hatte noch niemals eine mechanische
Uhr gesehen, geschweige denn so große. Sie hatten einen Zeiger, mit dem sie die
Stunden anzeigten, was für die Kölner Bürger sehr hilfreich war. In der Stadt war
die genaue Zeit wichtiger als im Kloster oder auf dem Land. Für die Landbevölkerung
war das gesamte Alltags- und Arbeitsleben an den Wechsel von Tag und Nacht gebunden.
Der Tag begann mit dem Hahnenschrei zu Sonnenaufgang und endete mit dem Sonnenuntergang.
Eine genaue Zeitmessung gab es nicht. Die Tageszeit bestimmte man nach dem Stand
der Sonne und dem Glockengeläut der nahen Kirche. Im Kloster hingegen hatte man
die Zeit zum nächsten Gebet mit Kerzen oder Sanduhren bestimmt. Diese Uhren hatte
er auch immer zum Brauen verwendet. In Regensburg und Bitburg hatte er jeweils eine
große Sanduhr im
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