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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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Gebrauch hatten sie wenig Entspannendes. Die seltenen Gelegenheiten, wenn die eine oder andere Wirkung hervorstach, beispielsweise als Anflug von Selbstvertrauen nach einer Ladung Speed oder als träger Augenblick der Selbstwahrnehmung nach einem Joint, empfand er eher als Warnhinweis denn als Quell des Genusses. Er interpretierte sie stattdessen als Zeichen dafür, dass er aus dem Gleichgewicht geraten war, dass die Wahnvorstellungen und Realitätsverzerrungen jeden Moment zurückkehren konnten und eine weitere Anpassung der Dosis erforderlich würde. Oder dass er, so wie jetzt, einen Urlaub von der ganzen verfluchten Geschichte brauchte und sich mit den Unbilden abfinden musste, die damit einhergingen.
    Wie um ihn auf die Probe zu stellen – Mistkerle  –, rasten draußen einige unnötig laute Sirenen vorbei und brachten seinen Schädel zum Pochen. Shaper ertappte sich dabei, dass er, ohne nachzudenken, die Hand nach dem Medikamentenordner ausstreckte. Mit finsterer Miene hielt er sich davon ab.
    Je mehr du nimmst, desto weniger erreichst du damit .
    Es war unfair.
    Er schob den Ordner weg und sah sich nach einer anderen Beschäftigung um, nach etwas, womit er sich ablenken konnte, während sein Gehirn in den freien Fall überging.
    Die Wohnung glich einem Saustall, das ließ sich nicht leugnen – wenngleich einem höchst geordneten. Für jeden Packen Dokumente, jeden Stapel unbezahlter Rechnungen und jeden Haufen der übers Internet gekauften Überwachungsausrüstung gab es – theoretisch – irgendwo einen perfekt geeigneten freien Platz in einer Schublade oder einem Schrank, es konnte also alles binnen kürzester Zeit picobello aufgeräumt werden. Nicht dass er es je versucht hätte.
    Mein Heim .
    Im Grunde genommen hasste er es. Die Wohnung – eine von Dutzenden Klonen über terrassenförmigen Läden und Bars der Kentish Town Road – posaunte geradezu hinaus, dass sie für ein junges, berufstätiges Paar gedacht war. Im Verlauf der Zeit hatte er den unbändigen Drang verspürt, sein Gerümpel kreuz und quer zu verstreuen, als müsse er sein Terrain gegenüber einer nicht vorhandenen Mitbewohnerin abstecken.
    Shaper hatte vor geraumer Zeit aufgehört, im Schlafzimmer zu übernachten. Er redete sich ein, dass er es für One-Night-Stands oder Gäste aufsparte – von beiden hatte er nicht besonders viele. Aber tief in seinem Innersten wusste er, dass es ihm schlicht und ergreifend Unbehagen bereitete, dort zu schlafen. Ein großes Doppelbett in einem großen Doppelzimmer, gedacht für große Doppeldinge.
    Das kam seinem wunden Punkt ein wenig zu nah.
    In seinen Augen stank die gesamte Wohnung nach Funktionalität und betretener Einsamkeit, und dort, in den Tiefen vergangener Sünden und der darauffolgenden Einsamkeit, lauerte die Krankheit am gefährlichsten.
    Drei beschissene Tage .
    Er griff zum Telefon und wählte instinktiv Vinces Nummer, verzweifelt auf der Suche nach Zerstreuung.
    »Ich schlafe gerade oder bin im Knast«, sagte eine Stimme, vermutlich ein Anrufbeantworter. »Verpiss dich und krepier.«
    Kein Piepton.
    Vince, so dachte Shaper seufzend, verkörperte die Gesellschaftskreise, auf die er sich sein Leben lang zubewegt hatte: eine Welt von Grautönen, angetrieben vom tuckernden Motor des Hinterhofkapitalismus. Eine Welt bevölkert von Menschen, die technisch , aber nicht psychologisch betrachtet »Verbrecher« darstellten. Vince, Mrs. Swanson, ihre Mädchen, sogar die Freier des Bordells – allesamt normale, alltägliche Leute – im weiteren Sinn. Shaper wusste, dass man sie in kleine Scheibchen schneiden könnte und doch nirgendwo auf die leiseste Spur niederträchtiger Kriminalität stoßen würde. Dennoch verbrachten sie alle einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit damit, entschieden illegale Dinge ins Auge zu fassen oder zu tun.
    Kein Wunder, dass ihn oft das Gefühl beschlich, jede moralische Sicherheit längst ausgeschieden zu haben.
    Erneut griff er nach dem Medikamentenordner, und diesmal bremste er sich erst, als der Reißverschluss geöffnet war und seine Finger über die bunten Reihen strichen. Knurrend klappte er ihn zu und warf ihn quer durch den Raum, ohne zu beobachten, wo er landete.
    »Hau ab!«, brüllte er und kam sich gleich darauf lächerlich vor.
    Er wusste, die Alternative zu alldem – weiterzumachen, weiter Drogen und Medikamente einzuwerfen, weiterzuarbeiten, weiterzuleben  – war beängstigend. Das sich anbahnende Zittern und die ersten Schatten von

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