Der blaue Express
gut, dass ich sie vermutlich nie wieder sehen werde.»
«Warum?»
«Sie könnte mir Unglück bringen. Frauen tun das.»
Mirelle glitt ruhig von ihrer Couch, kam zu ihm und legte einen ihrer langen, schlangenartigen Arme um seinen Hals.
«Du bist albern, Derek», murmelte sie. «Du bist sehr albern. Du bist ein beau garcon, und ich bete dich an, aber ich bin nicht dazu gemacht, arm zu sein – nein, ich bin wirklich nicht dazu gemacht, arm zu sein. Jetzt hör mir mal zu; alles ist ganz einfach. Du musst dich mit deiner Frau versöhnen.»
«Ich fürchte, das liegt wirklich außerhalb der Sphäre praktischer Politik», sagte Derek trocken.
«Was meinst du? Ich verstehe dich nicht.»
«Van Aldin, meine Liebe, ist nicht zu kaufen. Das ist einer, der sich zu etwas entschließt und dann dabei bleibt.»
«Ich habe von ihm gehört.» Die Tänzerin nickte. «Er ist sehr reich, oder? Beinahe der reichste Mann in Amerika. Vor ein paar Tagen hat er in Paris den schönsten Rubin der Welt gekauft – Feuerherz, so heißt er.»
Kettering antwortete nicht. Die Tänzerin fuhr nachdenklich fort:
«Ein wunderschöner Stein – ein Edelstein, der einer Frau, wie ich es bin, gehören sollte. Ich liebe Juwelen, Derek; sie erzählen mir etwas. Ah!, einen Rubin wie Fe u erherz tragen!»
Sie seufzte, wurde aber gleich wieder sachlich.
«Du verstehst von solchen Sachen nichts, Derek, du bist ja nur ein Mann. Van Aldin wird diese Rubine seiner Tochter schenken, nehme ich an. Ist sie sein einziges Kind?»
«Ja.»
«Wenn er einmal stirbt, wird sie all sein Geld erben. Sie wird eine reiche Frau sein.»
«Sie ist schon eine reiche Frau», sagte Kettering trocken. «Bei der Hochzeit hat er ihr ein paar Millionen ausgesetzt.»
«Ein paar Millionen! Aber das ist ja ungeheuerlich. Und wenn sie eines Tages plötzlich sterben sollte, eh? Es würde alles an dich gehen.»
«Wie die Dinge heute stehen», sagte Kettering langsam, «würde es das. Soviel ich weiß, hat sie kein Testament gemacht.»
«Mon Dieu!», seufzte die Tänzerin. «Wenn sie sterben würde, was für eine Lösung das wäre.»
Es entstand eine kurze Pause. Dann lachte Kettering laut auf.
«Ich mag deinen schlichten, praktischen Verstand, Mirelle, aber ich fürchte, dass dein Wunsch nicht in Erfüllung geht. Meine Frau ist sehr gesund.»
«Eh bien!», sagte Mirelle. «Es gibt Unfälle.»
Er sah sie scharf an, erwiderte aber nichts.
Sie fuhr fort:
«Aber du hast Recht, mon ami, an solche Möglichkeiten sollten wir nicht denken. Jetzt pass auf, mein lieber Derek, von dieser Scheidung darf keine Rede mehr sein. Deine Frau muss sich das aus dem Kopf schlagen.»
«Und wenn sie es nicht tut?»
Die Augen der Tänzerin wurden zu Schlitzen.
«Ich glaube, sie wird, mein Freund. Sie ist eine von denen, die das Gerede nicht mögen würden. Es gibt eine oder zwei hübsche Geschichten, von denen sie nicht möchte, dass ihre Freunde sie in der Zeitung lesen.»
«Was meinst du damit?», fragte Kettering scharf.
Mirelle lachte mit zurückgeworfenem Kopf.
«Parbleu! Ich meine den Gentleman, der sich Comte de la Roche nennt. Ich weiß alles über ihn. Vergiss nicht, dass ich Pariserin bin. Er war doch ihr Liebhaber, bevor sie dich geheiratet hat.»
Kettering packte sie grob bei den Schultern.
«Das ist eine verdammte Lüge», sagte er, «und vergiss du bitte nicht, dass du trotz allem von meiner Frau sprichst.»
Mirelle war ein wenig ernüchtert.
«Ihr Engländer seid komisch», klagte sie. «Trotzdem, vielleicht hast du Recht. Die Amerikaner sind so kalt, nicht wahr? Aber mit deiner Erlaubnis darf ich doch sagen, dass sie ihn geliebt hat, bevor sie dich heiratete, und dann hat ihr Vater sich eingemischt und den Comte in die Wüste geschickt. Und die kleine Mademoiselle hat viele Tränen geweint! Aber sie hat gehorcht. Allerdings müsstest du so gut wie ich wissen, dass die Geschichte jetzt anders aussieht. Sie trifft ihn fast jeden Tag, und am Vierzehnten fährt sie nach Paris, um mit ihm zusammen zu sein.»
«Woher weißt du das alles?», fragte Kettering.
«Ich? Ich habe Freunde in Paris, mein lieber Derek, die den Comte sehr gut kennen. Alles ist abgemacht. Angeblich fährt sie an die Riviera, aber in Wahrheit trifft der Comte sie in Paris, und – wer weiß! Ja, ja, du kannst es mir glauben, es ist alles arrangiert!»
Derek Kettering stand bewegungslos da.
«Siehst du», gurrte die Tänzerin, «wenn du es klug anstellst, hast du sie in der Hand. Du kannst alles für
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