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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Derek Kettering einladend an.
    Er küsste sie und warf sich in einen Sessel.
    «Was hast du getrieben? Eben erst aufgestanden, wie?»
    Der orangerote Mund dehnte sich zu einem langen Lächeln.
    «Nein», sagte die Tänzerin. «Ich habe gearbeitet.»
    Sie wies mit einer schmalen, blassen Hand auf den Flügel, auf dem ein Gewirr von Noten lag.
    «Ambrose ist hier gewesen. Er hat mir die neue Oper vorgespielt.»
    Kettering nickte, ohne besondere Aufmerksamkeit. Er war zutiefst uninteressiert an Claude Ambrose und seiner Oper nach Ibsens Peer Gynt. Übrigens ging es Mirelle ebenso, die das Werk nur als einzigartige Chance für sich in der Rolle der Anitra sah.
    «Es ist ein wundervoller Tanz», murmelte sie. «Ich werde die ganze Leidenschaft der Wüste hineinlegen. Ich werde mit Juwelen übersät sein, wenn ich ihn tanze – ah!, und apropos Juwelen, mon ami. Ich habe gestern in der Bond Street eine Perle gesehen – eine schwarze Perle.»
    Sie hielt inne und sah ihn auffordernd an.
    «Mein liebes Mädchen», sagte Kettering, «es ist zwecklos, mit mir über schwarze Perlen zu reden. Was mich betrifft, herrscht im Moment in der Kasse vollkommene Ebbe.»
    Sie reagierte schnell auf seinen Tonfall. Sie setzte sich auf, und ihre großen schwarzen Augen öffneten sich weit.
    «Was sagst du da, Derek? Was ist denn passiert?»
    «Mein verehrter Schwiegervater», sagte Kettering, «geht daran, Nägel mit Köpfen zu machen.»
    «Eh?»
    «Mit anderen Worten, er will, dass Ruth sich von mir scheiden lässt.»
    «Wie dämlich!», sagte Mirelle. «Warum will sie sich denn von dir scheiden lassen?»
    Derek Kettering grinste.
    «In erster Linie wegen dir, chérie.»
    Mirelle zuckte mit den Schultern.
    «Das ist albern», bemerkte sie mit sachlicher Stimme.
    «Ziemlich albern», stimmte Derek zu.
    «Und was willst du dagegen unternehmen?», fragte Mirelle.
    «Mein liebes Mädchen, was kann ich denn tun? Auf der einen Seite der Mann mit unbegrenzten Geldmitteln; auf der anderen Seite der Mann mit unbegrenzten Schulden. Keine Frage, wer da am Ende der Stärkere ist.»
    «Ganz merkwürdig, diese Amerikaner», kommentierte Mirelle. «Dabei hängt deine Frau doch gar nicht an dir.»
    «Tja», sagte Derek, «was wollen wir dagegen unternehmen?»
    Sie sah ihn fragend an. Er näherte sich ihr und nahm ihre beiden Hände in seine.
    «Hältst du zu mir?»
    «Was meinst du? Danach…?»
    «Ja», sagte Kettering. «Danach, wenn die Gläubiger sich auf mich stürzen wie Wölfe auf die Lämmerherde. Ich hab dich verdammt gern, Mirelle; wirst du mich im Stich lassen?»
    Sie entzog ihm ihre Hände.
    «Du weißt, dass ich dich anbete, Derek.»
    Er bemerkte das Ausweichen schon am Tonfall.
    «So also sieht’s aus? Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.»
    «Ach, Derek!»
    «Raus damit», sagte er heftig. «Du wirst mich also über Bord werfen, hab ich Recht?»
    Sie zuckte mit den Schultern.
    «Ich hab dich gern, mon ami – ich hab dich wirklich gern. Du bist ganz reizend – un beau garcon, aber ce n’est pas pratique.»
    «Du bist ein Luxusspielzeug für einen Reichen, wie? Ist es so?»
    «Wenn du es unbedingt so ausdrücken willst.»
    Sie lehnte sich in die Kissen, den Kopf in den Nacken gelegt.
    «Trotzdem habe ich dich gern, Derek.»
    Er ging zum Fenster, blieb dort stehen und schaute eine Weile hinaus, den Rücken ihr zugewandt. Irgendwann stützte sich die Tänzerin auf den Ellenbogen und starrte ihn neugierig an.
    «Woran denkst du, mon ami?»
    Er blickte sie über die Schulter an, mit einem seltsamen Grinsen, das bei ihr ein vages Unbehagen hervorrief.
    «Zufällig habe ich eben an eine Frau gedacht, meine Liebe.»
    «Eine Frau, eh?»
    Mirelle stürzte sich auf etwas, das sie verstehen konnte.
    «Du denkst an eine andere Frau, ja?»
    «Ach, mach dir keine Sorgen; es ist nur ein feines Porträt. Porträt einer Dame mit grauen Augen.»
    Mirelle sagte scharf: «Wann bist du ihr begegnet?»
    Derek Kettering lachte, und das Gelächter hatte einen spöttischen, ironischen Klang.
    «Ich bin im Korridor des Savoy mit ihr zusammengeprallt.»
    «So was! Und was hat sie gesagt?»
    «Soweit ich mich erinnere, habe ich gesagt: ‹Ich bitte um Entschuldigung›, und sie ‹Nicht weiter wichtig› oder so etwas.»
    «Und dann?» Die Tänzerin ließ nicht locker.
    «Und dann – nichts. Das war alles.»
    «Ich verstehe überhaupt nicht, was du da redest», erklärte die Tänzerin.
    «Porträt einer Dame mit grauen Augen», murmelte Derek versonnen. «Ganz

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