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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Jahr mehr davon braucht - was vermutlich heißt, dass auch ich irgendwann mehr davon brauchen werde. Ich hoffe nur, dass Damen mir bis dahin gezeigt hat, wie man ihn macht, damit ich nicht ständig ihn um Nachschub bitten muss.
    Inzwischen hat Damen seine eigene Flasche herausgeholt und nimmt einen großen, tiefen Schluck, ehe er mich an sich zieht und mir die Lippen auf die Wange drückt. »Mir fehlt nichts«, sagt er schließlich. »Ehrlich. Wer als Erster bei dir ist?«
     

SIEBEN
    Damen fährt schnell. Wahnsinnig schnell. Aber nur weil wir alle beide über einen übersinnlichen Radar verfügen, der sehr praktisch ist fürs Aufspüren von Cops, Gegenverkehr, Fußgängern, streunenden Tieren und allem Weiteren, was uns in die Quere kommen könnte, heißt das nicht, dass wir das missbrauchen dürfen.
    Doch Damen sieht das anders. Und deshalb wartet er auch bereits vor meinem Haus auf der Veranda, ehe ich anhalten und parken kann.
    »Ich dachte schon, du kommst überhaupt nicht mehr.« Er lacht und folgt mir hinauf in mein Zimmer. Dort lässt er sich aufs Bett fallen, zieht mich mit sich hinunter und beugt sich zu einem schönen, langen Kuss über mich - einem Kuss, der, wenn es nach mir ginge, nie mehr aufhören würde. Ich würde mit Freuden den Rest der Ewigkeit in seinen Armen verbringen. Allein das Wissen, dass wir unendlich viele Tage Seite an Seite verbringen werden, macht mich so glücklich, dass ich beinahe platze.
    Allerdings habe ich das nicht immer so empfunden. Ich war sogar ziemlich sauer, als ich die Wahrheit erfuhr. So sauer, dass ich mich eine Zeit lang von ihm fernhielt, bis ich alles gedanklich verarbeitet hatte. Schließlich sagt nicht jeden Tag jemand zu einem: Ach, übrigens, ich bin unsterblich, und ich habe dich auch unsterblich gemacht.
    Und obwohl ich ihm zuerst gar nicht glauben wollte, konnte ich, nachdem er mir Schritt für Schritt in Erinnerung gerufen hatte, wie ich bei dem Unfall ums Leben gekommen war, wie ich ihm genau in dem Moment, als er mich ins Leben zurückholte, in die Augen gesehen und wie ich diese Augen wiedererkannt habe, als ich ihm zum ersten Mal in der Schule begegnet bin, einfach nicht mehr leugnen, dass es stimmte.
    Das heißt allerdings nicht, dass ich es bereitwillig akzeptiert habe. Es war schon schlimm genug, mit der Masse von übersinnlichen Fähigkeiten klarzukommen, die mein NTE (Nahtoderlebnis - sie bestehen darauf, es Nahtod zu nennen, obwohl ich tatsächlich tot war) verursacht hat, und wie ich auf einmal die Gedanken anderer Menschen hören konnte oder auf Berührung ihre Lebensgeschichte erfuhr und wie ich mit Toten sprach und noch mehr. Ganz zu schweigen davon, dass unsterblich zu sein, auch wenn es noch so cool klingt, bedeutet, dass ich nie die Brücke überqueren werde. Ich werde es nie auf die andere Seite schaffen und meine Familie wiedersehen. Und das ist - wenn man sich's genau überlegt - ein ziemlich großes Opfer.
    Ich weiche zurück und löse widerwillig meine Lippen von seinen, ehe ich ihm in die Augen blicke - dieselben Augen, in die ich seit vierhundert Jahren sehe. Doch sosehr ich mich auch anstrenge, ich kann mir unsere Vergangenheit nicht in Erinnerung rufen. Nur Damen, der die letzten sechshundert Jahre der gleiche geblieben ist und weder gestorben ist noch wiedergeboren wurde, hält den Schlüssel dazu in der Hand.
    »Was denkst du?«, fragt er und streicht mir mit den Fingern über die Wange, wobei er eine Spur der Wärme hinterlässt.
    Ich hole tief Luft, weil ich weiß, wie viel ihm daran liegt, in der Gegenwart zu bleiben, doch ich will unbedingt mehr über meine Geschichte - unsere Geschichte - wissen. »Ich habe gerade daran gedacht, wie wir uns das erste Mal gesehen haben«, sage ich. Sofort heben sich seine Brauen, und er schüttelt den Kopf.
    »Ja? Und woran erinnerst du dich da genau?«
    »An gar nichts.« Ich zucke die Achseln. »Überhaupt nichts. Deswegen hoffe ich ja, dass du mich aufklärst. Du musst mir nicht alles sagen - ich meine, ich weiß ja, wie ungern du zurückschaust. Aber ich bin eben neugierig darauf, wie alles angefangen hat - wie wir uns kennen gelernt haben.«
    Er macht sich los und dreht sich auf den Rücken. Sein Körper liegt ruhig da, seine Lippen bewegen sich nicht, und ich fürchte, dass dies die einzige Antwort ist, die ich bekommen werde.
    »Bitte?«, murmele ich, während ich zu ihm hinrutsche und mich an ihn schmiege. »Es ist einfach nicht fair, dass du sämtliche Einzelheiten kennst und ich

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