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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Blick unverwandt auf sie gerichtet.
    »Du weißt schon, Tisch A? Wo du gerade gesessen hast?« Sie spricht hastig und ringt um die Fassung, da sie ganz in seinem Bann steht.
    »Das Kastensystem der Mittagspause«, fügt Miles hinzu, durchbricht den Bann und schiebt seinen halb aufgegessenen Joghurt beiseite. »Es ist in jeder Schule das Gleiche. Alle teilen sich in Cliquen auf, die Außenstehende fernhalten sollen. Sie können nicht anders, sie müssen das tun. Und die Leute, bei denen du gerade warst - das ist die Spitzen-Clique, womit sie im Kastensystem der Highschool ganz oben stehen. Im Gegensatz zu den Leuten, bei denen du jetzt gerade sitzt«, er zeigt auf sich selbst, »und die auch als >Die Unberührbaren< bekannt sind.«
    »Quatsch«, sagt Roman, wendet sich von Haven ab und reißt seine Limodose auf. »Völliger Schwachsinn. Ich glaube kein Wort.«
    »Es spielt keine Rolle, ob du es glaubst. Es ist eine Tatsache.« Miles sieht sehnsüchtig zu Tisch A hinüber. Denn obwohl er immer wieder betont, dass unser Tisch der einzig wirklich coole Tisch sei, ist ihm in Wahrheit schmerzlich bewusst, dass in den Augen der Bay-View-Schülerschaft nichts daran cool ist.
    »Es mag für dich eine Tatsache sein, aber nicht für mich. Ich halte nichts von Segregation, Kollege. Ich bin für eine freie und offene Gesellschaft, einen Raum, in dem ich mich bewegen und all meine Optionen ausleben kann.« Mit einem Blick auf Damen spricht er weiter. »Und was ist mit dir? Glaubst du an all das?«
    Doch Damen zuckt lediglich die Achseln und lässt seinen Blick unausgesetzt auf mir ruhen. Elite oder Nicht-Elite, wer cool ist und wer nicht, ist ihm völlig gleichgültig. Ich bin der einzige Grund, aus dem er sich auf dieser Schule eingeschrieben hat, und ich bin der einzige Grund, aus dem er bleibt.
    »Tja, es ist doch schön, einen Traum zu haben«, seufzt Haven und inspiziert ihre schwarzen Fingernägel. »Aber noch schöner ist es, wenn auch nur eine winzige Hoffnung darauf besteht, dass er in Erfüllung gehen könnte.«
    »Ah, aber genau da irrst du dich, Süße. Es ist überhaupt kein Traum.« Roman lächelt auf eine Weise, die Havens Aura in glänzendem Pink erstrahlen lässt. »Ich sorge dafür. Wart's nur ab.«
    »Wie jetzt? Willst du dich vielleicht selbst zum Che Guevara der Bay View High stilisieren?« Meine Stimme hat einen bissigen Unterton, den ich gar nicht zu verbergen suche, denn ich bin eher erstaunt darüber, dass ich das Wort »stilisieren« benutzt habe als über meinem Tonfall. Ich meine, seit wann rede ich denn so? Doch als ich Roman ansehe und seine ausgedehnte, überwältigende, gelb-orangefarbene Aura betrachte, weiß ich, dass er auch auf mich wirkt.
    »Ja, genau dazu würde ich mich gern stilisieren.« Er setzt sein lässiges Grinsen auf und sieht mir so tief in die Augen, dass ich mich geradezu nackt fühle - als sähe er alles, wüsste alles und ich könnte mich nirgends verstecken. »Betrachte mich einfach als Revolutionär, denn bis Ende nächster Woche wird das Kastensystem der Mittagspause beendet sein. Wir werden diese selbst auferlegten Barrieren durchbrechen, sämtliche Tische zusammenschieben und alle zusammen eine fette Party feiern!«
    »Ist das deine Prophezeiung?« Ich versuche, seine ausgreifende Energie wegzuschieben.
    Aber er lacht nur und ist nicht im Geringsten beleidigt. Es ist ein Lachen, das oberflächlich betrachtet so warm, verbindlich und einnehmend ist, dass kein Mensch darauf käme, was sich dahinter verbirgt - das Unheimliche daran, der Hauch von Bosheit, die kaum verhohlene Drohung, die ausschließlich mir gilt.
    »Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, sagt Haven und wischt sich rote Krümel von den Lippen.
    »Sehen heißt glauben«, sagt Roman und starrt mich unverwandt an.
     
    »Und, was hältst du von dem ganzen Zeug?«, frage ich, kaum dass es geläutet hat und Roman, Haven und Miles zum Unterricht davontrotten, während Damen und ich hinterherzockeln.
    »Von welchem Zeug?«, fragt er und zieht an mir, damit ich stehen bleibe.
    »Von Roman. Und von seinem dummen Gerede über eine Revolution an den Lunchtischen«, sage ich, begierig nach einer Bestätigung dafür, dass ich nicht eifersüchtig, besitzergreifend oder verrückt bin - dass Roman wirklich unheimlich ist - und das Ganze nichts mit mir zu tun hat.
    Doch Damen zuckt nur die Achseln. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mich momentan lieber nicht mit Roman beschäftigen. Ich interessiere mich wesentlich

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