Der blaue Stern
ihren Besuch gar nicht erstaunt zu sein. »Die Leibwächter müssen hierbleiben«, erklärte er und machte eine weitausholende Handbewegung. »Auch alle Waffen werden hier abgelegt!«
Eindaumen spürte, wie der Dolch im Stiefelschaft auf seiner Haut zu brennen begann und warf ihn schnell von sich. Sein Degen folgte, genau wie das schmale Messer, das er in einer Armscheide getragen hatte. Die Waffen der drei anderen klapperten ebenfalls auf den Boden. Amoli drehte sich zur Wand und langte unter ihre Röcke, in sich hinein, um das absolut wirksame Geburtenkontrollgerät hervorzuholen - es war eine Art Scheide mit herausschnellbarem Rasiermesser (keiner sollte sie haben, ohne auf die eine oder andere Weise zu bezahlen). Die Waffen glühten flüchtig rot auf, ehe sie abkühlten.
»Ist Marype zu Hause?« erkundigte sich Eindaumen.
»Er war kurz hier«, antwortete der ältere Bruder. »Aber Ihr seid doch gekommen, um Vater zu besuchen.« Er drehte sich um und führte sie eine Wendeltreppe hoch.
Samt- und Seidenwandteppiche mit magischen Mustern. Ein goldener Samowar, sanft in einer Ecke blubbernd, nach Blumen duftender Tee. Ein nacktes Mädchen, noch kaum im Gebäralter, mit überkreuzten Beinen vor dem Samowar sitzend, starrte vor sich hin. Ein Leibwächter, weit größer als die von Amoli, aber fast durchsichtig. In der Mitte von all dem saß Mizraith auf einem Haufen Kissen, oder vielleicht auch Gold, die leuchtenden Augen in dunklen Höhlen, mit offenem Mund etwas Nichtsichtbares anlächelnd.
Der Sohn verließ sie. Zauberer, Wächter und Mädchen beachteten sie nicht. »Mizraith?« sagte Eindaumen.
Der Zauberer wandte die Augen langsam ihm und Amoli zu. »Ich habe auf dich gewartet, Lastel, oder wie nennst du dich im Labyrinth, Eindaumen? Ich könnte ihn nachwachsen lassen, das weißt du doch.«
»Ich komme auch ohne .«
»Und du hast mir Geschenke mitgebracht! Eine Flasche und ein hübsches Spielzeug - meinem Alter näher als dieses grüne Ding.« Er schnitt eine Grimasse in Richtung des nackten Mädchens, dann zwinkerte er.
»Nein, Mizraith, sowohl diese Frau als auch ich glauben, von Euch betrogen worden zu sein - hereingelegt und bestohlen!« sagte Eindaumen kühn, aber seine Stimme zitterte leicht. »Die Flasche allerdings ist tatsächlich ein Mitbringsel.«
Der Leibwächter ging auf sie zu, seine Füße verursachten keinen Laut. »Halt, Geist!« Er blieb funkelnden Blickes stehen. »Bringt die Flasche her!«
Als Eindaumen und Amoli auf Mizraith zugingen, erschienen aus der Luft ein Tischchen und drei Gläser vor ihm. »Du darfst einschenken, Lastel.« Außer seinem Kopf hatte der Zauberer nichts bewegt.
Eindaumen schenkte die Gläser voll. Eines erhob sich eine Handspanne über den Tisch, leerte sich und verschwand. »Sehr gut. Danke. Betrogen, eh? Oje, oje. Bestohlen? Hi! Was könntet ihr haben, das ich brauche?«
»Nur wir brauchen es, Mizraith, und ich weiß nicht, weshalb Ihr uns darum betrügen wollt - vor allem mich. Ihr könnt doch noch viele Aufträge bekommen, die lohnender sind als meine.«
»Du würdest staunen, Lastel! O ja, du würdest staunen! Tee!« Das Mädchen füllte eine Tasse mit Tee und brachte sie wie eine Schlafwandlerin herbei. Mizraith nahm sie ihr ab. Das Mädchen setzte sich neben ihn und spielte mit ihrem Haar. »Gestohlen, eh? Was? Das hast du mir noch nicht gesagt. Was?«
»Krrf«, antwortete Eindaumen.
Mizraith gestikulierte gleichmütig mit der freien Hand. Ein kleiner Schneesturm aus grauem Pulver anstatt Flocken senkte sich auf den Teppich und war nicht mehr.
»Nein.« Eindaumen rieb sich die Augen. Wenn er auf die Kissen schaute, waren es auch Kissen, wandte er jedoch den Blick ab, wurden sie zu Goldbarren. »Echter Krrf, kein Trugbild.«
»Zwanzig Grimales schwarzer Krrf aus Caronne«, warf Amoli ein.
»Uns beiden gestohlen!« fuhr Eindaumen fort. »Ein Mann aus Ranke hatte ihn mir als Bezahlung für gewisse Dienste geschickt. Euer Sohn Marype holte ihn vom Karawanenlager ab. Irgendwie löste er den Block aus dem Käse, in dem er geschmuggelt worden war, und verkaufte ihn an diese Frau, Amoli .«
»Amoli? Ihr seid die Herrin von - von der Glitschigen Lilie?«
»Nein, des Liliengartens. Das andere Haus befindet sich im Labyrinth, mit richtigen Schlampen, wo man sich alles, nur nichts Angenehmes holen kann.«
Eindaumen fuhr fort. »Nachdem Marype ihn ihr verkauft hatte, verschwand der Krrf. Gestern abend brachte er ihn zu mir. Heute abend ist er aus meinem
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