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Der blaue Stern

Der blaue Stern

Titel: Der blaue Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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vor seinen Füßen. Er klemmte ihn unter den linken Arm und schritt, mit dem Degen in der Hand, den Gang entlang. Nicht, daß Stahl ihm gegen Zauberei viel nutzte, aber eine leere Hand war noch weniger Schutz.
    Etwa alle fünfzig Schritt machte der Gang einen Bogen, um die Sicht zu beschränken. Eindaumen legte drei dieser Biegungen zurück. An der vierten glaubte er, Licht zu sehen. Er hielt an, drehte die Lampe wieder aus und lauschte. Keine Schritte. Er setzte Krrf und Lampe ab, nahm einen Dolch in die Linke und ging auf das Licht zu. Es mußte ja nicht Zauberei sein - schon dreimal hatte er Eindringlinge im Tunnel überrascht. Ihre sterblichen Hüllen hatte er da und dort versteckt, und sie trugen zu der modrigen Luft hier bei.
    Diesmal war es jedoch kein Fremder. Er spähte um die Ecke und sah Lastel mit dem Degen in der Hand warten.
    »Zieh dich nicht zurück«, sagte sein zweites Ich. »Nur einer von uns verläßt diesen Gang!«
    Eindaumen hob langsam den Degen. »Warte -wenn du mich tötest, wirst du für immer sterben. Das gleiche gilt umgekehrt. Es ist eine Zaubererfalle.«
    »Nein. Mizraith ist tot!«
    »Sein Sohn hat den Zauber übernommen.«
    Lastel kam im Seitwärtsschritt des Herausforderers näher. »Wie wäre ich dann hier?«
    Eindaumen bemühte sich um Einsicht in die Logik der Zauberei. Sein Instinkt drängte ihn vorwärts, den Degen ausgestreckt und den Dolch in der Linken, bereit zum Parieren. Er ließ den Blick nicht von Lastels Degen, der so krrfsicher wie sein eigener war. Der Krrf sang das Todeslied und spornte ihn an.
    Es war, als focht er mit einem Spiegel. Jeder Angriff wurde sofort pariert, nachgestoßen, pariert, nachgestoßen und wieder abgewehrt. Mehrere Minuten war es wie ein schneller, doch vorsichtiger Tanz von Zwillingen, und die Schläge klirrten und hallten im Gang wider.
    Eindaumen wußte, daß er etwas aufs Geratewohl, etwas Unerwartetes tun mußte. Er griff an, stieß von oben nach links zu.
    Lastel wußte, daß er etwas aufs Geratewohl, etwas Unerwartetes tun mußte. Er griff an, stieß von oben nach rechts zu.
    Die beiden Klingen verfehlten sich.
    Trafen mit unverminderter Wucht.
    Eindaumen sah, wie seine rotgefärbte Klinge durch den kostbaren Brokat aus Lastels Rücken drang. Er versuchte zu schreien und hustete Blut über seines Mörders Schulter. Lastels Degen war durch Brustbein, Herz und einen Lungenflügel gedrungen.
    Sie hielten sich aneinander fest. Eindaumen sah, wie das helle Blut aus dem Rücken des anderen sprudelte, und hörte sein eigenes Blut herausschießen, während seine Schmerzen wuchsen. Mit dem Dolch in der Linken stach er fast gleichmütig zu. Und wieder stieß er zu. Es erschien ihm unglaublich langsam. Der andere Mann tat dasselbe. Der Schmerz wurde schlimmer. Ein dritter Stich. Er beobachtete, wie die Klinge sich hob, fast bedächtig sank und aus dem Fleisch zurückglitt. Mit jedem Herzschlag schien der Schmerz sich zu verdoppeln. Mit jedem Herzschlag verstrich die Zeit um die Hälfte langsamer. Selbst das Spritzen des Blutes nahm sich Muße; es sah aus wie zähes Öl, das durch Wasser sinkt. Und nun hielt es völlig an: Ein dickes, scharlachrotes Netz gefror zwischen seinem Dolch und Lastels Rücken - seinem eigenen Rücken -, und während der Schmerz sich ausbreitete und wuchs, selbst das Knochenmark in Flammen zu stehen schien, wußte er, daß es sich in alle Ewigkeit nicht ändern würde. Einen flüchtigen Moment schob sich das Bild von zwei zufrieden lächelnden Zauberern vor sein inneres Auge.

Madame Myrtis
Myrtis
    Christine DeWees
    »Ich fühle mich so jung, wie ich aussehe. Jeden Mann in diesem Haus könnte ich zufriedenstellen, wenn ich es wollte, oder wenn einige davon nur halb so wundervoll wären wie Lythande.«
    Mit diesen Worten lehnte Myrtis, die Besitzerin des Aphrodisiahauses sich über die Brüstung außerhalb ihres Privatgemachs und tat ihre Meinung über das Treiben in ihrem Hause kund.
    »Gewiß, Madame.«
    Ihr Begleiter auf der schmalen Galerie war ein gut gekleideter junger Mann, der erst vor kurzem mit seinen Eltern aus der Reichshauptstadt hier angekommen war. Er wich so weit von ihr zurück, wie es unauffällig möglich war, als sie sich umdrehte und ihn anlächelte.
    »Bezweifelt Ihr es, junger Mann?«
    Leicht und doch hoheitsvoll glitten diese Worte über Myrtis' Zunge. Für viele Alteingesessene in Freistatt war Myrtis die ungekrönte Königin. In der Straße der Roten Laternen herrschte sie

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