Der blaue Stern
eigenen Sicherheitsbehälter verschwunden.«
»Dazu ist Marype nicht imstande«, erklärte Mizraith.
»Ich weiß, daß er nicht fähig wäre, ihn durch Zauber verschwinden zu lassen«, entgegnete Eindaumen. »Deshalb bin ich ja auch der Meinung, daß Ihr dahintersteckt. Warum? Ein Spaß?«
Mizraith nippte an seiner Tasse. »Möchtet ihr Tee?«
»Nein. Warum?«
Der Zauberer reichte dem Mädchen die halbleere Tasse. »Nachfüllen.« Er beobachtete sie, während sie zum Samowar ging. »Ich habe sie ihres Gangs wegen gekauft. Was haltet ihr davon? Von hinten sieht sie aus wie ein Junge.«
»Bitte, Mizraith. Es bringt Amoli dem Bettelstab nahe, und für mich ist es eine ernstzunehmende Kränkung.«
»Ein Spaß, eh? Du glaubst, ich mache so dumme Späße?«
»Ich weiß, daß Ihr Dinge aus Gründen tut, die ich nicht verstehe«, antwortete Eindaumen vorsichtig. »Aber die Sache ist ernst .«
»Als ob ich das nicht wüßte!« Mizraith nahm die gereichte Teetasse, fischte ein Blütenblatt heraus und zerrieb es. »Weit ernster, als ihr glaubt, wenn mein Sohn darin verwickelt ist. Ist der Krrf ganz verschwunden? Habt ihr nicht wenigstens noch ein winziges bißchen?«
»Die Prise, die du meinem Eunuchen gegeben hast!« fiel es Amoli ein. »Vielleicht hat er sie noch.«
»Holt sie«, befahl der Zauberer. Mit schlaff geöffnetem Mund starrte er eine Weile stumm in den Tee. »Ich habe es nicht getan, Lastel«, sagte er schließlich. »Ein anderer steckt dahinter.«
»Mit Marype als Helfer!«
»Vielleicht ungewollt. Wir werden sehen ... Marype ist begabt genug, den Wert des Käses gespürt zu haben, und so weltlich, daß er den Barren seltenen Krrf erkannt haben mußte, um zu wissen, an wen er ihn verkaufen konnte. Aber allein wäre er nicht fähig, ihn durch Zauber verschwinden zu lassen.«
»Ihr befürchtet, er hat Euch hintergangen?«
Mizraith strich durch das lange Haar des Mädchens. »Wir hatten in letzter Zeit einige Unstimmigkeiten - seines Fortschritts wegen. Er findet, ich unterrichte ihn zu langsam, enthalte ihm Geheimnisse vor. Es ist jedoch so, daß Zauber sehr kompliziert sind. Einen zu bewirken, heißt noch lange nicht, daß man auch die Macht über ihn behalten kann. Dazu gehört viel Übung und geistige Reife. Er sieht, was seine Brüder zu leisten vermögen, und ist eifersüchtig, glaube ich.«
»Ihr könnt seine Gedanken nicht lesen?«
»Nein. Es gehört schon viel Kraft dazu, die von Fremden zu erkennen, doch je näher einem jemand ist, desto schwieriger wird es. Bei einem vom eigenen Blut - nein. Seine Gedanken sind mir verschlossen.«
Amoli kehrte mit einem winzigen Pergamentstück zurück und streckte es mit bedauernder Miene aus. »Er hat den Krrf mit dem anderen Leibwächter und Eurem Sohn geteilt. Genügt das noch?« In der Mitte des Pergaments war ein dunkler Fleck.
Mizraith nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und verzog das Gesicht. »Markmor!« Das war der zweitmächtigste Magier in Freistatt - ein Emporkömmling, noch keine hundert Jahre alt!
»Er hat sich mit Eurem stärksten Konkurrenten verbündet?« fragte Eindaumen.
»Oder er steht im Bann des anderen.« Mizraith erhob sich und verschränkte die Arme. Sein Leibwächter verschwand, aus den Kissen wurden feste Goldbarren.
Er murmelte etwas Unverständliches und breitete die Arme weit aus.
Marype erschien aus der Luft direkt vor ihm. Er war ein gut aussehender Bursche mit wallendem Silberhaar und gut geschnittenen Zügen. Im Augenblick war er nackt und ziemlich wütend.
»Vater! Ich bin beschäftigt!« Er schwang die Arme und verschwand.
Mizraith machte die gleiche Gebärde, und der Junge kehrte zurück. »Das können wir die ganze Nacht fortsetzen. Außer, du sprichst mit mir!«
Ein wenig zahmer knurrte der Junge: »Das ist unverzeihlich!« Er hob den Arm zur gleichen Geste, zog ihn jedoch zurück, als Mizraith dasselbe tat. »Bekleide mich!« Ein Goldbarren verschwand, und Marype trug ein Gewand aus gewebtem Gold.
»Sag mir, daß du nicht in Markmors Dienst stehst.«
Der Junge ballte die Fäuste. »Ich stehe nicht in seinem Dienst!«
»Bist du völlig sicher?«
»Wir sind Freunde, Partner. Er lehrt mich eine Menge.«
»Du weißt, daß ich dich alles lehren werde, im Laufe der Zeit. Aber .«
Marype gestikulierte, und der Stapel Goldbarren wurde zu einem übelriechenden Misthaufen. »Wie unfein!« Mizraith rümpfte die Nase. Er winkelte den Ellbogen auf eine bestimmte Weise ein, und das Gold kehrte zurück.
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