Der blaue Stern
Jungen obendrein bekommen«, stellte Amoli fest.
»Die Hälfte des Geldes. Er hat versucht mich hereinzulegen.« Eindaumen füllte den Becher der Frau nach. »Aber du siehst jetzt selbst, daß es keine Verbindung geben kann.«
»Ich glaube, es wäre doch möglich. Mein Krrf verschwand am Anentag.«
»Hattest du ihn in Käse verpackt?«
Sie ging nicht darauf ein. »Wer hat dir deinen gebracht?«
»Marype, der jüngste Sohn des Zauberers Mizraith. Er stellt mir alle Karawanenlieferungen zu.«
Der Eunuch und Amoli wechselten einen Blick. »Das ist es! Ich habe den Block von Marype gekauft, und zwar keine zwei Stunden, nachdem die Karawane eingetroffen war.« Das Gesicht der Frau war rot vor Wut.
Eindaumen trommelte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. »Ich habe meinen erst am Abend bekommen«, gab er zu.
»Zauberei?«
»Oder eine weltlichere Form des Betrugs«, sagte Eindaumen bedächtig. »Marype erlernt zwar seines Vaters Beruf, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er begabt genug ist, Stoffliches mit Geisteskraft zu bewegen ... Könnte dein Krrf ein Trugbild gewesen sein?«
»Sicher nicht, ich habe eine Prise versucht.«
»Erinnerst du dich, von welchem Teil des Barren du ihn abgeschabt hast?«
»Vom unteren Rand, nahe einer Ecke.«
»Nun, dann können wir uns zumindest vergewissern.« Eindaumen stand auf. »Sehen wir uns meinen Block an dieser Stelle an.«
Amoli wies ihre Leibwächter an, zu bleiben und folgte Eindaumen. An der Tür zu seinem Büro, während er an seinem Schlüsselbund fummelte, nahm sie seinen Arm und schmiegte sich an ihn. »Du nimmst dir gar keine Zeit mehr für mich. Hältst du dir jetzt eine eigene Frau in deinem Haus? Haben wir etwas getan, das .«
»Ich werde dir doch nicht alle meine Geheimnisse verraten.« Tatsache war, daß er seit über einem Jahr keine Frau mehr auf die übliche Weise genommen hatte, sondern die Erregung dazu brauchte, die nur Vergewaltigung ihm geben konnte. Das war das einzige an seinem ruchlosen Leben, dessen er sich schämte, aber nicht weil ihm die Frauen leid getan und er zwei sogar getötet hatte, sondern weil er Schwächen mehr als alles andere verachtete und er sich fragte, was ihm als nächstes zu schaffen machen würde.
Amoli schaute gleichmütig durch das Spiegelfenster, während Eindaumen den Stahlbehälter aufsperrte. Sie drehte sich um, als er unterdrückt aufschrie.
»Ihr Götter!« Die Lederhülle lag schlaff und leer auf dem Boden des Behälters.
Sie starrten einander an. »Genießt Marype seines Vaters Schutz?« fragte Amoli.
Eindaumen schüttelte den Kopf. »Der Vater selbst hat es getan.«
Zauberer sind nicht allmächtig. Man kann mit ihnen fertig werden. Mit List und Tücke ist es sogar möglich, sie zu töten. Und Zauberschutz läßt sich normalerweise nicht mühelos aufrechthalten, obwohl ein guter Magier gleichzeitig zwischen sechs und einem Dutzend schafft. Mizraith war dafür bekannt, daß er mehr als hundert aufrechtzuhalten vermochte. Allerdings wußte man auch, daß ihm das hauptsächlich deshalb gelang, weil er zweitrangige Zauberer unter seinen Bann zwang und ihre Kräfte anzapfte. Aber all diese Fäden zusammenzubringen und zu halten -von den unmittelbaren Zaubern ganz zu schweigen, mit denen er sich selbst und seinen Besitz schützte -, bedurfte seiner völligen geistigen Sammlung, wodurch er gewöhnlich abwesend wirkte. Der Unvorsichtige mochte das für Altersschwäche halten - ein halbes Jahrhundert ohne Schlaf war nicht spurlos an ihm vorübergegangen - und versuchen, ihm seinen Besitz oder gar das Leben zu nehmen, aber bisher hatte noch ein jeder dabei sein Leben gelassen.
Mizraith ließ sich selten auf der Straße sehen und ganz sicher nie in der Nähe des Lärms und Gestanks des Labyrinths.
Normalerweise verließ er seine prunkvollen Gemächer im östlichsten Teil der Stadt, neben den Gasthäusern des Breitenwegs, mit ihrem Ausblick auf das Meer, überhaupt nicht.
Eindaumen machte den ehemaligen Piratenkoch darauf aufmerksam, daß er möglicherweise noch die nächste Schicht übernehmen mußte, und suchte eine Flasche des besten Weinbrands für Mizraith heraus, aber auch einen einfacheren, um sich Mut anzutrinken, ehe sie dem Mann gegenübertraten, der sein Leben schützte. Die leere Flasche verschwand in dem Unrat, der im Hafen herumtrieb, noch ehe sie die Hälfte des Breitenwegs zurückgelegt hatten, und von da an schritten sie stumm dahin.
Mizraiths ältester Sohn ließ sie ein und schien über
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