Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
die zwei Büchsen zweimal zu leeren, indem sie sie umkehrten und sachte schüttelten.
    Am selben Abend traf eine Bekanntgabe des Staatsmannes die Abordnung wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
    Sie saßen um einen wohlbeladenen Tisch und feierten Amitz Dulnikkers Rückkehr ins öffentliche Leben mit einem Privatbankett, als der Ehrengast aufstand und mit dem Weinglas in der Hand zu sprechen begann. Diesmal hatten alle Anwesenden seinen Worten aufmerksam zugehört, als es langsam klar wurde, daß er sich entschlossen hatte, seinen
    Aufenthalt in Kimmelquell auf unbestimmte Zeit zu verlängern.
    Dulnikker erklärte seinen Entschluß, in seiner unnachahmlichen Art, indem er von der Tatsache ausging, daß er in diesem entscheidenden Stadium die einzige Brücke zwischen den Dorfparteien war und daß seine vorzeitige Abreise angesichts der vergifteten politischen Atmosphäre alle Dämme zum Bersten bringen könnte.
    »Ich werde dieses Dorf erst verlassen«, schloß der Staatsmann, »wenn ich meine Mission hier voll und ganz erfüllt habe!«
    Malka, die hinter der Küchentür stand, hörte Dulnikkers Ankündigung mit großer Genugtuung zu, obwohl sie seinen schicksalhaften Entschluß seit ihrem jüngsten Stelldichein in der Nacht zuvor schon kannte. In völligem Gegensatz zu Malkas Glück wurde die Banketthalle zu einem aufgescheuchten Bienenschwarm. Alle Teilnehmer sprangen auf und versuchten ihr Äußerstes, den halsstarrigen Staatsmann zu einem Sinneswandel zu bewegen. Sie bombardierten ihn stundenlang mit Vernunftgründen und gefühlsmäßigen Argumenten, sprachen von nationalen Verpflichtungen, von der Verantwortung den Generationen gegenüber, von Unverantwortlichkeit. Dulnikker jedoch blieb fest wie ein Fels im Meer und wehrte alle ihre Bemühungen damit ab, daß er über den Alltagskram hinausgewachsen sei und nun ihre kleinliche Hetzjagd von hoch oben her betrachte.
    Um Mitternacht zerstreuten sich die Gäste, enttäuscht und gebrochenen Herzens. Dulnikker aber war frisch und froh wie eh und je, als er seinem Privatsekretär, sich vergnügt die Nase reibend, einen kurzen, höflichen Befehl gab:
    »Zev, mein Freund«, sagte er, »bitte packe gütigst unsere Koffer aus!« obwohl der Sekretär vor Wut fast hochging, erwiderte er: »Wie Sie wünschen, Dulnikker.« Er kehrte nicht heim, weil ihm Frau Dulnikker am Schluß des Banketts Zeichen gegeben hatte, daß sie ihn zu sprechen wünsche.
    »Zev«, fragte Gula den Sekretär, als sie allein waren, »hast du nichts Seltsames an Dulnikker bemerkt?«
    Die Frau zog vor ihrer Stirn kleine Kreise in der Luft, um ihre Vermutung deutlich zu machen, und der vife junge Mann erkannte sofort die große Gelegenheit, die sich ihm förmlich aufdrängte.
    »Gula Dulnikker«, erwiderte er mit einer Stimme voller Traurigkeit und Kummer, »ich wollte nichts sagen, aber jetzt sehe ich mich verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, daß die Geisteskräfte des Herrn Ingenieurs in diesem Dorf sehr gelitten haben.«
    »Glaubst du, das ist was Neues?« Ein Zittern durchlief Gulas Wirbelsäule. »Wir wissen beide, daß er schon immer senil war.«
    »Ich wollte, es wäre nur Senilität«, stöhnte der Sekretär. »Ich fürchte, wir haben es mit dem psychopathischen Beispiel einer fixen Idee zu tun, bei dem sich der Ingenieur für unentbehrlich für die Dörfler hält .«
    »Auch du nennst ihn Ingenieur?« unterbrach ihn Gula hysterisch. »Er ist kein Ingenieur!«
    »Ich weiß, ich weiß«, beruhigte sie Zev, »es kommt nur daher, daß ich so daran gewöhnt bin, ihn so zu nennen. Praktisch gesprochen, Gula Dulnikker, ich sehe keine andere Möglichkeit, als ihn unverzüglich heimzubringen.«
    »Nein«, sagte Gula, »wir müssen uns zuerst mit Professor Tannenbaum beraten. Nur er kann entscheiden.«
    »Schön, ich setze mich sofort mit ihm in Verbindung. Ich werde darauf sehen, daß der Professor sich ein Bild davon machen kann - in all seiner Schrecklichkeit.«
    Der Eifer des Privatsekretärs erreichte seinen Zweck. Professor Tannenbaum besuchte Frau Dulnikker am nächsten Morgen schon sehr früh. Der Leibarzt der Parteihierarchie war noch immer von den Schrecken des vergangenen Abends benommen und verwirrt: »Ich ersuche Sie, Frau Dulnikker, die Geschehnisse in chronologischer Reihenfolge rekonstruieren zu dürfen«, flüsterte der Professor. »Also. Vor Mitternacht holte mich der Sekretär auf dem Weg zu meiner zeitweiligen Unterkunft ein und schilderte mir das entsetzliche Bild. Der Sekretär schlug vor,

Weitere Kostenlose Bücher