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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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eindringen. Die Türe war versperrt und verriegelt. Wir hätten vor Verzweiflung am liebsten geweint.«
    »Kann ich mir vorstellen. Immer wieder diese unvorhergesehenen Schwierigkeiten.«
    »Richtig. Das kommt von der strengen Hausordnung in den heutigen Gefängnissen. So mußten wir das Schloß durchsägen. Und dazu brauchten wir unbedingt eine Säge. Zum Glück erinnerte ich mich, daß es in Jaffa einen Eisenhändler gab, der solche Sachen führt. Ich bat um Ausgang, ging hin und kaufte eine Säge.«
    »Woher hatten Sie das Geld?«
    »Das war tatsächlich ein Problem. Wir hatten keines, und als wir die Gefängniskasse aufbrachen, fanden wir paar ein paar lächerliche Münzen. Aber ich bekam die Säge auf Kredit.«
    »Wie schön, daß ein einfacher Eisenhändler so viel Verständnis für seine Mitmenschen hat.« »Er wird es nicht zu bereuen haben. Jedenfalls hatten wir jetzt alles, was wir brauchten. Sämtliche Details waren besprochen, die Uhren aufeinander abgestimmt. Pünktlich um 17 Uhr, nach Arbeitsschluß, stiegen wir in den Tunnel ein. Mit dem Rasieren auf der ersten Station klappte es, nur die Rasiercreme war schlecht, und Farkas schnitt sich in die Oberlippe. In der Kleideraufbewahrung suchten wir uns wie geplant zwei unauffällige dunkle Anzüge und gestreifte Krawatten aus. Eine Enttäuschung war die Küche. Wir fanden nichts zum Essen, weil der Koch am Vortag geflüchtet war. Was tun? Mit leerem Magen ausbrechen? Unmöglich. Farkas schlich zum Erfrischungskiosk an der nächsten Straßenecke und kam mit ein paar belegten Broten zurück, so daß wir uns stärken konnten. Dann brachen wir ins Büro des Gefängnisdirektors ein.«
    »Wie?«
    »Verhältnismäßig einfach. Wir drückten die Klinke nieder und zogen sie heraus. Nachdem wir die nötigen Dokumente hatten, machten wir uns über die vergitterten Fenster her. Drei Stunden lang arbeiteten wir wie verrückt. Von Zeit zu Zeit rief man uns von irgendwo unten zu, wir sollten dieses entsetzliche Kreischen abstellen, aber wir antworteten nicht. Als wir fertig waren, ließen wir uns mit dem Seil aus Bettüchern vom Fensterbrett hinunter... und dann geschah es.«
    »Was, um Himmels willen?«
    »Wir hatten uns in der Richtung geirrt. Ursprünglich wollten wir ja zum Kino. Jetzt befanden wir uns plötzlich auf einer dunklen, völlig verlassenen Straße. Weit und breit keine Menschenseele. Ringsum Totenstille. Können Sie sich unsere Situation vorstellen? Im Kino läuft >Das Schweigen der Lämmer<, und wir stehen draußen und sehen nichts. Wir trommelten mit den Fäusten ans Gefängnistor. >Aufmachen!< brüllten wir. >Aufmachen!< Nichts rührte sich. Alle saßen beim Film. Wir versuchten das Tor aufzubrechen, aber unsere Schlosser verstehen ihr Handwerk. Wir mußten unseren Weg im nächtlichen Dunkel suchen ... «
    Er schwieg erschöpft. Der Kopf sank ihm auf die Brust.
    »Und was weiter?« fragte ich.
    Blitz zuckte die Achseln:
    »Ich weiß es nicht. Es führt kein Weg zurück.«

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Dieses Gebot wurde von Moses sehr elegant, man könnte auch sagen, mit viel Herzenstakt formuliert. Eigentlich wollte der Herr nämlich sagen: »Ihr sollt nicht lügen«, aber es war ihm so direkt dann doch ein wenig peinlich. Für die juristische Endfassung hat sich der Tüftler Moses also wieder einmal als exzellenter Menschenkenner erwiesen.
    Neben den Gesetzen für Gesundheit und Sauberkeit stellte Moses auch die Regeln für moralische Hygiene auf. Er verbot zwar Korruption und Wucher, vergaß aber dabei niemals, daß wir alle nur schwache Menschen im harten Lebenskampf sind: »Wer ein neues Haus gebaut, wer einen Weinberg gepflanzt hat oder mit einem Mädchen verlobt ist, soll im Kriegsfall vor der Schlacht heimkehren«, sagte Moses und fügte hinzu: »Wer sich fürchtet und ein verzagtes Herz hat, soll auch nach Hause gehen.«
    Ein paar Zeilen vor diesem verblüffenden Kapitel, das in den Annalen der Militärgeschichte seinesgleichen sucht, beschäftigt sich Moses mit der Zivilrechtsprechung und legt in seinem letzten Buch fest, »es soll kein einzelner Zeuge auftreten, sondern durch zweier oder dreier Zeugen Mund soll eine Sache gültig sein«.
    Mit so wohlüberlegten Gesetzen weist der ägyptische Exprinz mitten in der Sandwüste seinem kleinen und verkommenen Stamm, den er gegen dessen Willen aus der Sklaverei geführt hat, einen Weg in die Zukunft.
    Es war einer der Gründe, warum ich Moses' Gesammelte Werke mit solchem Vergnügen las, bis

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