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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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applizierte Herzen in Brusthöhe eine Bordüre bildeten.
    Der Laster roch auch nach verdorbenem Proviant und hatte ein Fenster, dessen Kurbel verschwunden war und das er mit einer Zange hoch- und runterkurbelte. Eine an die Sonnenblende geklebte Karte verkündete, in der Regel hätten die Wikinger rote Bärte gehabt. Auf der einen Seite hatte er keine Zähne; das Handschuhfach war abgeschlossen. Die Mutter mit dreißig mit einem Gesicht, das die ersten schwachen Nähte des geplanten zweiten Gesichts zeigte, das das Leben für sie in petto hatte und das, wie sie fürchtete, das wahre ihrer Mutter sein könnte, und während der Zwangseinweisung in University City saß sie mit angezogenen Knien da, wiegte sich hin und her und versuchte, den Plan des Gesichts zu zerkratzen. Das sepiafarbene Foto der Mutter der Mutter im Alter des Mädchens mit einer Schürze in einem Rosshaarsessel, eingerollt in den Puppenkopf und mit Seifenstückchen und drei auf ihren Taufnamen ausgestellten Büchereikarten immer dabei. Ihr Tagebuch im Innenfutter des runden Etuis. Und das einzige Foto ihrer Mutter als Kind im Freien im Wintersonnenschein mit so vielen Mänteln und Hüten, dass sie mit dem Propantank hätte verwandt sein können. Das unter Strom stehende Haus außerhalb des Bildbereichs und der es umgebende Kreis aus Schmelzwasser, und die Mutter hinter der kleinen Mutter hielt diese aufrecht; das Kind hatte Krupp und so hohes Fieber gehabt, dass sie Angst hatte, es werde nicht überleben, und ihre Mutter hatte erkannt, dass sie keine Fotos ihres Babys hätte, wenn es sterben würde, und so hatte sie es eingepackt und in den Schnee hinausgeschickt, wo es warten sollte, bis sie einen Nachbar mit einer Land Camera um einen Schnappschuss angefleht hatte, damit ihr Baby im Fall seines Todes nicht vergessen würde. Das Foto von der langen Faltung verzerrt, und im Schnee auf dem Bild konnte das Mädchen nirgends Fußspuren sehen, der Mund des Kindes stand weit offen, und seine Augen sahen zu dem Mann mit der Kamera hoch im Vertrauen, dass das irgendeinen Sinn hatte, dass sich so das rechte Leben abspielte. Die Pläne des Mädchens für die Großmutter, vom Alter und von kumulierter Kunst sehr verfeinert, machten einen Großteil des ersten Drittels des letzten Tagebuchs aus.
    Ihre Mutter und nicht der Mann saß am Steuer, als sie in Kansas von knirschendem Schotter aufwachte. Eine Fernfahrerkneipe blieb hinter ihnen zurück, und etwas Aufrechtes rannte hinter ihnen auf die Straße und schwenkte einen Hut. Sie fragte, wo sie wären, erkundigte sich aber nicht nach dem Mann, der durch drei Bundesstaaten gefahren war, immer mit derselben sittenwidrigen Hand auf dem Schenkel der Mutter, die auch sie angefasst hatte, eine Hand, die vom extra so gehaltenen Puppenkopf durch die Lücke zwischen den Sitzen beobachtet worden war, und die Abgeklärtheit und die gelungene Flucht schienen noch zum selben Traum zu gehören wie das Schlingern und die Geräusche. Die Tochter inzwischen dreizehn und entsprechend gebaut. Die Augen ihrer Mutter waren in Gegenwart von Männern kühl und hatten schwere Lider; jetzt in Kansas schnitt sie dem Rückspiegel Grimassen und kaute Kaugummi. »Komm doch nach vorn kannst doch hier sitzen raus aus der Enge da warum nicht.« Das Kaugummi roch nach Zimt, und wenn man seine Alufolie um die Spitze einer Nagelfeile wickelte, hatte man einen Dietrich für das Handschuhfach.
    Vor Portales hatte das Mädchen auf einem Rastplatz unter einer Sonne aus gehämmertem Gold in einem porösen Halbschlaf hinten auf dem schmalen Brett auf dem Rücken gelegen, als sich der Mann hinter dem Lenkrad des Lasters hochgewuchtet und mit der zu einer unsensiblen Klaue geformten Hand über die Rückbank getastet hatte, um ihr Tittchen zu quetschen und abzuschnüren, die Augen blass und unlüstern, sie stellte sich tot und starrte unverwandt an ihm vorbei, der Mann atmete hörbar, und seine Kakimütze roch stechend, er knetete ihr das Tittchen mit einer Art geistesabwesenden Sachlichkeit und nahm die Hand erst weg, als draußen auf dem Parkplatz Stöckelschuhe heranklackerten. Trotzdem noch eine große Verbesserung gegenüber dem Mastgockel vom Vorjahr, der als Maler von Autobahnschildern gearbeitet hatte, was für alle Zeit grüne Körnchen in seinen Gesichts- und Handporen hinterlassen hatte, und der Mutter und Tochter abverlangt hatte, die Toilettentür offen zu lassen, egal was sie dadrin zu tun gedachten, und der seinerseits besser gewesen war

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