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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Tittenkneifer ist. Deswegen lege ich großen Wert auf diesen Protokollverstoß und wende mich direkt, als echter Mensch, an Sie: Deswegen habe ich zu Beginn dieses Vorworts die ganzen konkreten, mich identifizierenden Angaben gemacht. Damit ich Ihnen die Wahrheit sagen kann: Die einzige in gutem Glauben vorgebrachte »Fiktion« ist die des Haftungsausschlusses im Impressum – was erneut juristische Gründe hat: Alleiniger Sinn und Zweck des Haftungsausschlusses besteht darin, mich, den Verleger und den Verlagsvertrieb von der gesetzlichen Haftungspflicht zu entbinden. Der Grund, warum solche Vorsichtsmaßnahmen hier besonders nötig sind – warum der Verleger
Anmerkung
de facto darauf bestanden hat, sonst hätte er das Manuskript nicht angenommen und den Vorschuss nicht gezahlt –, ist derselbe Grund, warum der Haftungsausschluss letzten Endes eine Lüge ist.
Anmerkung
    Die echte Wahrheit lautet: Das Folgende ist eigentlich wahr und zutreffend. Zumindest ist es eine großenteils wahre und zutreffende Teilaufzeichnung davon, was ich gesehen, gehört und getan habe, wen ich kannte, wer neben und über mir arbeitete und was sich 1985 – 86 in der IRS -Dienststelle 047, dem Regionalprüfzentrum Mittlerer Westen in Peoria, Illinois, alles zugetragen hat. Ein Gutteil des Buchs beruht faktisch auf diversen Notiz- und Tagebüchern, die ich in meinen dreizehn Monaten als Standardprüfer im RPZ Mittlerer Westen geführt habe. ( Beruht bedeutet mehr oder weniger wörtlich übernommen, aus Gründen, die zweifellos noch klar werden werden.) Der bleiche König ist mit anderen Worten eine Art berufliche Autobiografie. Er soll auch eine Bürokratie porträtieren – wohl die wichtigste Bundesbürokratie im amerikanischen Alltag –, die im Berichtszeitraum von ungeheuren inneren Auseinandersetzungen und Gewissenserforschungen erschüttert wurde, den Geburtswehen dessen, was unter Steuerexperten dann als der »Neue IRS « bekannt wurde.
    Um mit offenen Karten zu spielen, sollte ich allerdings ausdrücklich erwähnen, dass sich das Bestimmungswort in »eigentlich wahr und zutreffend« nicht nur auf die unvermeidliche Subjektivität und Voreingenommenheit aller Autobiografien bezieht. Die Wahrheit ist, dass es in diesem Sachbericht leichte Änderungen und strategische Umstellungen gegeben hat, die sich größtenteils in aufeinanderfolgenden Entwürfen als Reaktionen auf Rückmeldungen des Lektors entwickelt haben, der sich manchmal in der äußerst prekären Lage fand, das Verhältnis zwischen literarischen und journalistischen Prioritäten einerseits und Rechtsfragen und Unternehmensinteressen andererseits auszutarieren. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen. Es gab natürlich einen riesigen Eiertanz um die rechtliche Überprüfung der letzten drei Versionen des Manuskripts. Aber das alles möchte ich Ihnen lieber ersparen, schon weil diese Insider-Sicht dem repetitiven Überprüfungsprozess von mikroskopisch genauer Sorgfalt gerade zuwiderlaufen würde, der die unzähligen kleinen Änderungen und daraus resultierenden Umstellungen nötig machte, weil beispielsweise gewisse Leute nicht bereit waren, Haftungsfreistellungen zu unterschreiben, oder weil ein mittelgroßes Unternehmen, Haftungsausschluss hin oder her, rechtliche Schritte androhte, wenn sein realer Name oder identifizierende Einzelheiten über seine reale Steuersituation in der Vergangenheit benutzt würden.
Anmerkung
    Im Endeffekt kam es aber zu weit weniger kleinen, identitätsverschleiernden Veränderungen und zeitlichen Umstellungen, als man hätte erwarten können. Es hat nämlich seine Vorteile, wenn man den Inhalt solcher Autobiografien auf einen Zeitraum (zuzüglich der erforderlichen Vorgeschichten) beschränkt, der uns allen heute als graue Vorzeit vorkommt. Zum einen juckt es die Leute einfach nicht mehr. Damit meine ich die Leute in diesem Buch. Die juristischen Assistenten des Verlags hatten weit weniger Probleme, die Haftungsfreistellungen unterzeichnet zu bekommen, als der Syndikus prophezeit hatte. Das hat diverse, aber (wie mein Anwalt und ich von Anfang an gesagt hatten) plausible Gründe. Ein Großteil der Menschen, die in Der bleiche König genannt und beschrieben oder manchmal auch in das Bewusstsein einzelner »Figuren« des Romans projiziert werden, hat den Service heute längst wieder verlassen. Von den anderen sind etliche inzwischen in Besoldungsgruppen aufgestiegen, in denen sie praktisch unverwundbar sind.
Anmerkung
Außerdem waren

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