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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Perspektive des Service, und überlegen Sie, welche Vorteile eine stumpfsinnige, arkane und todlangweilige Komplexität hat. Der IRS gehörte zu den ersten Bundesbehörden, die die Erfahrung machten, dass solche Eigenschaften einen gegen Proteste der Öffentlichkeit und Widerstand der Politik abschirmen und dass abstruser Stumpfsinn ein weit effizienterer Schutzschild als Geheimniskrämerei ist. Der große Nachteil der Letzteren ist nämlich, dass sie interessant ist. Die Leute werden von Geheimnissen angezogen; sie können ihnen einfach nicht widerstehen. Vergessen Sie nicht, dass Watergate in dem Zeitraum, um den es hier geht, erst zehn Jahre her war. Hätte der Service versucht, seine Konflikte und inneren Erschütterungen zu verschweigen oder zu vertuschen, hätten geschäftstüchtige Journalisten eine Enthüllungsgeschichte schreiben können, die eine Menge Aufmerksamkeit, Interesse und skandalösen Rummel nach sich gezogen hätte. Dazu kam es aber nicht. In Wahrheit wurde ein Großteil der Debatte vielmehr zwei Jahre lang in aller Öffentlichkeit und auf höchster Ebene ausgetragen, d. h. in öffentlichen Anhörungen des Gemeinsamen Ausschusses zur Besteuerung, dem Unterausschuss des Senats zu Verfahren und Bestimmungen des Finanzministeriums sowie des Rats der Stellvertreter der IRS- Kommissare. Diese Anhörungen waren Versammlungen anaerober Männer in graubraunen Anzügen, die einen Paragrafenreiterjargon ohne Verben benutzten – Begriffe wie »strategische Verwendungsvorgaben« und »Einnahmevektoren« statt »Pläne« und »Steuern« – und ganze Sitzungen brauchten, nur um sich auf die Reihenfolge von Tagesordnungspunkten zu einigen. Selbst in der Finanzpresse gab es praktisch keine Berichterstattung; können Sie sich den Grund denken? Wenn nicht, halten Sie sich vor Augen, dass jedes Protokoll und Weißbuch, jeder Bericht und Finanzquellenentscheid, jede Studie, Gesetzesnovelle und Verfahrensnotiz vom Publikationsdatum an für die Prüfung durch die Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Dafür brauchte man nicht mal einen Antrag gemäß dem Gesetz zur Informationsfreiheit zu stellen. Aber kein einziger Journalist scheint diese Dokumente je geprüft zu haben, und das hat seinen Grund: Das Zeug ist geisttötend. Spätestens beim dritten oder vierten Absatz bekommt man glasige Augen. Sie können sich das nicht vorstellen.
Anmerkung
    Tatsache ist: Die Geburtswehen des Neuen IRS hatten eine der großen und schrecklichen PR -Entdeckungen moderner Demokratien zur Folge, die da lautet, dass man sensible Fragen der Staatsgewalt nur stumpfsinnig und obskur genug gestalten muss, und schon muss man von Amtsseite nichts mehr verbrämen oder kaschieren, weil niemand, der nicht direkt davon betroffen ist, ihnen überhaupt so viel Beachtung zollen wird, dass es Scherereien geben könnte. Niemand achtet darauf, weil sich, mehr oder weniger a priori, niemand für den monumentalen Stumpfsinn dieser Fragen interessiert. Ob man diese PR -Entdeckung wegen ihrer zersetzenden Folgen für das Ideal der Demokratie bedauert oder wegen ihrer Steigerung der staatlichen Leistungsfähigkeit feiert, hängt wohl davon ab, welchen Standpunkt man in der auf S. 98 skizzierten tiefer gehenden Debatte um Ideale einnimmt, was in die nächste Reflexionsschleife mündet, aber ich werde Ihre Geduld nicht strapazieren, indem ich auch diese noch nachzeichne oder aber zusätzlich verunklare.
    Eigentlich interessant ist für mich zumindest im Rückblick
Anmerkung
die Frage, warum sich Stumpfsinn als eine so unüberwindliche Hürde für die Aufmerksamkeit erweist. Warum schrecken wir vor dem Stumpfsinn zurück? Vielleicht liegt es daran, dass Stumpfes an und für sich schmerzhaft ist; vielleicht ist hier auch der wahre Kern von Wendungen wie »todlangweilig« oder »unerträglich öde« zu finden. Es könnte aber mehr dahinterstecken. Vielleicht assoziieren wir Stumpfsinn mit psychischem Schmerz, weil Stumpfes oder Schleierhaftes nicht genug Anreiz bietet, um uns von einem anderen, tieferen Schmerz abzulenken, der uns immer begleitet, und sei es nur auf unterschwellige Weise, auf dessen geflissentliches Nichtzurkenntnisnehmen die meisten von uns
Anmerkung
praktisch all ihre Zeit und Energie verwenden oder das wir zumindest nicht allzu genau wahrnehmen wollen. Die ganze Sache ist zugegebenermaßen ziemlich verwirrend und auf abstrakte Weise nur schwer zu diskutieren ... aber es muss doch etwas dahinterstecken, dass heute nicht mehr nur Muzak an

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