Der blinde Hellseher
der
Betrüger.“
Gaby zupfte eine Klette aus
Oskars linkem Ohr. „Erinnert ihr euch noch“, fragte sie, „an den Ausflug mit
Volker? Wie wir hier durchgeradelt sind. Schade eigentlich, daß die Krauses das
Ferienhaus verkauft haben.“
„Stattdessen haben sie jetzt
eins an der Nordsee“, wußte Karl.
„Woher weißt du das?“ fragte
Tarzan.
„Volker hat’s mal erwähnt.“
Karl grinste. „Nur so nebenbei. Aber bekanntlich merkt sich mein Computer-Gehirn
alles. Und dazu brauche ich keinen Nürnberger Trichter.“
Tarzan war nachdenklich
geworden. „Bei schwierigen Problemen verläßt man sich doch heutzutage immer auf
Computer. Die speichern nicht nur Wissen, sondern errechnen auch die beste
Möglichkeit; und man weiß dann, wo’s langgeht. Wie ist das mit dir, Karl? Wo
geht’s lang, um Volker zu finden?“
Karl grinste immer noch, aber
diesmal verlegen. Er hob die Schultern. „Tja, das liegt ein bißchen außerhalb
meines Gehirns — würde ich sagen. Im übrigen erteilen Computer manchmal ulkige
Ratschläge. Ihr kennt doch den Witz von den zwei Uhren?“
Die drei kannten ihn nicht, und
Karl erzählte: „Also, da will jemand eine Uhr kaufen. Er hat die Auswahl unter
zweien. Die eine ist total kaputt und geht überhaupt nicht. Die andere geht pro
Stunde zehn Sekunden nach. Zum Spaß fragt er bei einem Computer an, welche er
nehmen soll.“
„Die zweite, natürlich“, sagte
Klößchen rasch. „Zehn Sekunden pro Stunde — das macht doch nichts aus.“
„Denkste! Der Computer rät zu
der anderen. Begründung: Die kaputte Uhr zeigt zweimal täglich die genaue Zeit,
die andere dagegen nur alle... Fragt mich jetzt nicht nach der Zahl! Die habe
ich, ausnahmsweise mal, nicht im Kopf. Aber sie war irrsinnig hoch. Etwa:...
sie zeigt nur alle 100 Jahre mal die genaue Zeit.“
„Bin ich froh, daß ich kein
Computer bin“, meinte Gaby. „Sowas stellt die Wirklichkeit auf den Kopf.“
Während Tarzan und Karl über
das Problem nachdachten und insgeheim rechneten — ergebnislos, allerdings! —
wurde es still.
„Verdammt!“ Klößchen schlug mit
der Faust in die Luft. „Volkers Foto-Bon haben wir vergessen, Tarzan. Und um
zwölf macht das Geschäft zu. Das schaffen wir nicht mehr.“
Tarzan zuckte die Achseln.
„Dann eben Montag. Auf die zwei Tage kommt’s nicht mehr an.“
Sie machten sich auf den
Rückweg. Zuerst wollten sie zu Glockners, um Gabys Vater über Raimondo zu
informieren. Aber der Kommissar war nicht zu Hause. Gaby sagte, sie werde ihm
alles berichten.
Frau Glockner hatte das
Mitessen fertig und wollte die drei Jungs zum Mitessen überreden. Aber die
zierten sich. Zwar lief Klößchen das Wasser im Munde zusammen, denn es gab
deftige Erbsensuppe mit Schweinebauch; aber er schloß sich Tarzans Ablehnung
an.
„Ich meine, wir sollten jetzt
gleich Frau Krause Bescheid sagen“, schlug Tarzan vor, als Gabys Mutter wieder
in der Küche war. „Das ist unsere Pflicht. Sie muß einfach wissen, was für
einem Kerl sie vertraut. Der ist gewissenlos genug, ihr Hoffnungen zu machen.
Aber woher will er denn wissen, daß Volker lebt, es ihm gutgeht, daß nur seine
,Aura’ gefesselt ist! Ich hoffe ja sehr, daß Raimondo recht hat. Aber das
eiskalt als Tatsache hinzustellen, ist unverantwortlich.“
„Es sei denn“, sagte Karl,
„unser Verdacht stimmt, und Raimondo weiß tatsächlich Bescheid. Wenn er Volker
irgendwo gefangen hält, kann er natürlich sagen: Er lebt, er ist nur leider
gefesselt.“
„Zu dumm“, ärgerte sich Tarzan,
„daß die beiden gewarnt sind. Natürlich könnten wir sie beobachten. Aber die passen
jetzt auf. Trotzdem — sie können Volker nicht verhungern lassen. Also müssen
sie ihn in seinem Versteck aufsuchen — wenigstens alle zwei, drei Tage.“
„Puh!“ sagte Klößchen. „Nur
alle zwei, drei Tage was futtern. Das hielte ich nicht aus.“
„Du kriegtest zwei Wochen lang
gar nichts“, lachte Gaby. „Und dafür müßtest du deinen Kidnappern dankbar
sein.“
„Also“, fragte Karl, „wie
machen wir’s nun?“
„Erst mal sprechen wir mit
Gabys Vater darüber“, entschied Tarzan. „Frau Glockner sagt, gegen fünf wäre er
wieder zu Hause. Solange unternehmen wir nichts. Wegen Raimondo und Amanda,
meine ich.“
Auch Karl mußte zum Essen nach
Hause. Kurz vor fünf wollten sich alle bei Gaby treffen. Tarzan und Klößchen
radelten durch die Innenstadt. Krauses Villa war ihr Ziel. Daß sie unterwegs an
dem Foto-Geschäft vorbeikamen, wo
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