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Der blinde Hellseher

Der blinde Hellseher

Titel: Der blinde Hellseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Aber der Brief war richtig frankiert,
und die Post hat ihn befördert. Der Erpresser — das heißt, es können auch
mehrere sein — hat damit gedroht, Volker was anzutun, falls die Polizei sich
einschaltet. Die Krauses waren in einem schlimmen Gewissenskonflikt. Dann haben
sie sich richtig entschieden. Natürlich werden sie das verlangte Lösegeld
bezahlen. Aber sie haben uns verständigt. Offiziell werden wir zwar noch nichts
unternehmen, um Volker nicht zu gefährden, aber im Geheimen setzen wir alles
daran, um den Jungen zu finden. Ich gehöre zu der Kommission, die vorhin
gebildet wurde. Jeden Tip können wir gebrauchen. Alles, was Volker betrifft. Wo
er sich aufhielt. Mit wem er Umgang hatte. Wer zu seinen Freunden oder
Bekannten zählt. Was euch einfällt. Bitte, sagt, was ihr wißt.“
    Aber im Moment sagte keiner
was. Alle schwiegen. Wie eine Bombe hatte die Nachricht eingeschlagen. Auf
jeden der Vier stürmte eine Vielzahl von Gedanken und Empfindungen ein.
    „Volker tut mir wahnsinnig
leid“, sagte Gaby. „Er muß schreckliche Angst haben. Vielleicht quälen sie ihn.
Bestimmt ist er gefesselt, und man hat ihm die Augen verbunden.“
    „Ob er wohl was zu essen
kriegt?“ meinte Klößchen sorgenvoll. „Er war ja in letzter Zeit sehr abgemagert
und sah blaß aus.“
    „Und oft war er auch gereizt“,
erinnerte sich Karl. „Hoffentlich ist er jetzt klug genug und nimmt sich
zusammen. Wenn er bei den Verbrechern eine Lippe riskiert, muß er’s bestimmt
büßen.“
    Tarzan wandte sich an Kommissar
Glockner. „Irgendwo habe ich mal gelesen, daß Entführungen am glimpflichsten
ausgehen, wenn das Opfer ein Baby ist. Weil es den Verbrecher nicht beschreiben
kann. Aber bei Erwachsenen und Jugendlichen...“ Er sprach den Satz nicht zu
Ende. Fragend sah er den Kommissar an.
    Herr Glockner schüttelte den Kopf.
„An eine so schreckliche Möglichkeit wollen wir lieber gar nicht denken.
Heutzutage ist das auch anders. Erinnert euch mal an die vielen Entführungen,
über die ihr in den Zeitungen gelesen habt. Reiche Industrielle in ganz Europa
waren die Opfer. Vielen wurden die Augen verbunden, oder die Kidnapper waren
maskiert. Jedenfalls — die meisten Opfer haben es lebend überstanden.“
    „Wenn ich Volker wäre“, sagte
Klößchen, „würde ich dauernd die Augen zukneifen. Hoffentlich kommt er auf die
Idee.“
    Kommissar Glockner zog ein
Notizbuch aus der Tasche. „Nun erzählt mal, was euch einfällt. Die Reihenfolge
ist egal.“
    Zuerst — es war erstaunlich —
hatte jeder ein Brett vorm Kopf. Die Gehirne waren wie zugenagelt. Sogar Karl,
der Computer, konnte nur hilflos die Schultern zucken. Dann stellte Kommissar
Glockner Fragen, und plötzlich fiel jedem was ein. Aber was Rechtes war es
nicht. Nur ganz selten machte Herr Glockner sich eine Notiz.
    Plötzlich stieß Tarzan die
geballte Faust in die Luft. „Ich weiß einen Verdächtigen. Raimondo, der Seher!“
    „Natürlich!“ Gaby pflichtete
aufgeregt bei. „So ein Betrüger ist doch zu allem fähig.“
    „Wen meint ihr?“ fragte
Kommissar Glockner.
    „Gesehen habe ich ihn noch
nicht“, erklärte Tarzan. „Aber mit Suzanne, dem Au-pair-Mädchen aus Paris, habe
ich mich neulich lange unterhalten. Sie kann einigermaßen deutsch — jedenfalls
besser als ich Französisch. Raimondo ist Hellseher. Und Geisterbeschwörer. Und
Magier. Weiß der Himmel, was sonst noch. Jedenfalls — Frau Krause interessiert
sich brennend für diesen Hokuspokus. Auf spiritistischen Sitzungen nimmt sie
angeblich Verbindung mit dem Jenseits auf. Mit Toten also. Sie kriegt auch
Botschaften. Suzanne war schon ein paar Mal dabei. Es ist ein fürchterlicher
Betrug. Aber Frau Krause glaubt daran. Sie bildet sich auch ein, sie hätte vor
500 Jahren als Fürstin Editha Eleonora von Brabant gelebt — obwohl’s die nie
gegeben hat. Ein paar Mal gab’s Krach, weil Volker seine Mutter Editha nennen
soll. Er hat aber weiterhin ,Mutti’ gesagt, und darüber war sie sauer.
Jedenfalls — dieser Raimondo geht ein und aus bei den Krauses, und Frau Krause
steckt ihm viel Geld zu. Ich finde, das ist Betrug. Der rechnet doch mit der
Einfältigkeit seiner... Kunden. Wie’s im Haus Krause aussieht, weiß er. Also
könnte er...“
    Tarzan schwieg. Kommissar
Glockner hatte schon notiert.
    „Das ist ein sehr guter
Hinweis, Tarzan. Diesen Hellseher werden wir unauffällig überprüfen. Schade!
Man müßte seinen wirklichen Namen kennen und...“
    „Den weiß ich“, fiel

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