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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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davon ab, welche der folgenden drei Aussagen unserer Ansicht nach der Wahrheit am nächsten kommt:
     
    1. Leben ist im gesamten Weltall nur auf einem einzigen Planeten entstanden (und dieser Planet muß dann, wie wir früher gesehen haben, die Erde sein).
    2. Leben ist auf etwa einem Planeten pro Galaxie entstanden (in unserer Galaxie ist die Erde der glückliche Planet).
    3. Das Entstehen von Leben ist ein so wahrscheinliches Vorkommnis, daß es ungefähr einmal pro Sonnensystem eintreten dürfte (in unserem Sonnensystem ist die Erde der glückliche Planet).
     
    Diese drei Feststellungen geben drei Ansichten über die Einzigartigkeit von Leben wieder, den drei Orientierungspunkten entsprechend. Tatsächlich liegt die Einzigartigkeit des Lebens wahrscheinlich zwischen den Extremen, wie sie in Feststellung 1 und 3 wiedergegeben sind. Warum ich das sage? Warum sollten wir insbesondere eine vierte Möglichkeit beiseite schieben, daß die Entstehung von Leben weit wahrscheinlicher ist, als Aussage 3 vorschlägt? Es ist nicht sehr überzeugend, aber immerhin könnte man argumentieren: Wenn die Entstehung von Leben viel wahrscheinlicher ist, als die Sonnensystemzahl angibt, so sollten wir inzwischen auf außerirdisches Leben gestoßen sein, wenn nicht in Fleisch und Blut (was auch immer dafür gelten mag), so doch zumindest per Radio.
    Es wird häufig gesagt, die Chemiker hätten bei ihren Versuchen, die spontane Entstehung von Leben im Labor nachzuvollziehen, versagt. Diese Tatsache wird so ausgespielt, als stelle sie einen Beweis gegen die Theorien dar, die zu beweisen diese Chemiker sich bemühen. Wir sollten jedoch beunruhigt sein, wenn es sich als sehr leicht erwiese, Leben spontan im Reagenzglas zu erhalten. Und zwar deshalb, weil die Experimente der Chemiker nur einige Jahre, statt Milliarden von Jahren, gedauert haben und weil nur eine Handvoll von Chemikern, nicht Milliarden, mit diesen Versuchen befaßt sind. Wenn sich die spontane Entstehung von Leben als ein so ausreichend wahrscheinliches Vorkommnis erwiese, daß es während der wenigen Menschenjahrzehnte entstünde, in denen sich Chemiker damit befaßt haben, dann hätte das Leben viele Male auf der Erde und viele Male auf Planeten im Funkbereich der Erde entstehen müssen. Natürlich setzt das alles wichtige Fragen (etwa, ob es den Chemikern gelungen ist, die Voraussetzungen auf der jungen Erde nachzukonstruieren) als positiv beantwortet voraus; aber auch wenn wir diese Fragen nicht beantworten können, lohnt es, diesen Gedankengang zu verfolgen.
    Wenn die Entstehung von Leben, an gewöhnlichen menschlichen Maßstäben gemessen, ein wahrscheinliches Ereignis wäre, so hätte eine beachtliche Anzahl von Planeten innerhalb des Funkbereichs der Erde schon längst eine Funktechnik entwickelt haben müssen (behalten wir im Sinn, daß Radiowellen sich mit fast 300 000 Kilometern pro Sekunde ausbreiten), und wir hätten während der Jahrzehnte, seit wir über die technischen Möglichkeiten verfügen, Sendungen aufzufangen, wenigstens eine solche Sendung auffangen müssen. Es gibt im Funkbereich der Erde wahrscheinlich etwa 50 solche Sterne, wenn wir davon ausgehen, daß sie über eine Radiotechnik verfügen, die nicht älter ist als unsere. Aber 50 Jahre ist nur ein flüchtiger Augenblick, und es wäre ein recht unwahrscheinliches Zusammentreffen, wenn sich eine andere Zivilisation genau auf unserer Entwicklungsstufe befände. Nehmen wir in unsere Berechnung jene Zivilisationen mit hinein, die schon vor 1000 Jahren über die Radiotechnik verfügten, so wächst die Zahl der Sterne (plus der wie auch immer großen und kleinen Zahl von Planeten, die um jeden von ihnen kreist) im Funkbereich der Erde auf etwa eine Million an. Beziehen wir jene mit ein, deren Radiotechnik schon auf 100 000 Jahre zurückblicken kann, so umfaßt der Funkbereich der Erde die ganze Billionen-Stern-Galaxie. Natürlich wären über solche gewaltigen Entfernungen ausgesandte Signale recht schwach.
    Nun sind wir also beim folgenden Paradox angelangt: Wenn eine Theorie über den Ursprung von Leben ausreichend »plausibel« ist, um unser subjektives Urteil über Plausibilität zu befriedigen, dann ist sie zu plausibel, um die Seltenheit von Leben im Universum, wie wir es beobachten, erklären zu können. Demnach muß die Theorie, nach der wir suchen, zwangsläufig eine Theorie sein, die unserer begrenzten, an die Erde gebundenen, an Jahrzehnte gebundenen Vorstellungskraft unglaubwürdig

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