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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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ein Schwarzer miteinander Kinder zeugen, so haben diese häufig dazwischenliegende Merkmale. Aber der Anschein der Vermischung gilt nur für die Auswirkungen auf die Körper und liegt in der Summe kleiner Auswirkungen einer großen Zahl von Partikeln begründet. Die Partikel selbst bleiben getrennt und in sich abgeschlossen, wenn sie in die nächste Generation weitergegeben werden.
    Die Unterscheidung von Mischvererbung und partikulärer Vererbung ist in der Geschichte des Evolutionsdenkens sehr wichtig gewesen. Zu Darwins Zeit dachte jeder (außer Mendel, der in seinem Kloster leider bis nach seinem Tode unbekannt blieb), Vererbung sei Mischung. Ein schottischer Ingenieur namens Fleeming Jenkin wies darauf hin, daß die vermeintliche Tatsache der Mischvererbung die natürliche Auslese als eine plausible Evolutionstheorie nahezu ausschloß. Ernst Mayr bemerkt recht unfreundlich, daß Jenkins Artikel »auf all den üblichen Vorurteilen und Mißverständnissen des Physikers beruht«. Dennoch war Darwin von Jenkins Argument zutiefst beunruhigt. Der hatte es höchst farbig in eine Parabel von einem Weißen umgesetzt, der auf einer von »Negern« bewohnten Insel Schiffbruch erleidet:
    »Man gewähre ihm den Vorteil, den ein Weißer unserer Ansicht nach über den Eingeborenen besitzt; man gestehe ihm zu, daß im Kampf ums Dasein seine Chance, lange zu leben, sehr viel größer ist als die der eingeborenen Häuptlinge; doch aus all diesen Zugeständnissen folgt nicht, daß nach einer begrenzten oder unbegrenzten Zahl von Generationen die Einwohner der Insel weiß sein werden. Unser schiffbrüchiger Held würde wahrscheinlich König werden, er würde eine ganze Menge von Schwarzen töten im Kampf ums Dasein; er würde eine große Zahl von Frauen und Kindern haben, während viele seiner Untertanen als Junggesellen leben und sterben würden ... Die Eigenschaften unseres Weißen würden gewiß sehr stark dahin tendieren, ihn ein angenehmes Alter erleben zu lassen, und doch würde das in einer noch so großen Zahl von Generationen nicht ausreichen, um die Nachkommen seiner Untertanen weiß werden zu lassen ... In der ersten Generation wird es einige Dutzend intelligente junge Mulatten geben, die im Schnittwert intelligenter als die Neger sein werden. Wir könnten erwarten, daß nach einigen Generationen der Thron von einem mehr oder weniger gelben König besetzt sein wird; aber kann irgend jemand glauben, daß die ganze Insel allmählich eine weiße oder auch nur eine gelbe Bevölkerung haben wird, oder daß die Inselbewohner die Energie, den Mut, die Genialität, Geduld, Selbstbeherrschung, Ausdauer erwerben werden, d. h. Eigenschaften, dank deren unser Held so viele ihrer Vorfahren tötete und so viele Kinder zeugte: Eigenschaften, die der Kampf ums Dasein sicher auslesen würde, wenn er irgend etwas auslesen könnte?«
    Man lasse sich nicht von dem Rassismus der weißen Überlegenheit ablenken. Sie stand zu Jenkins und Darwins Zeit ebensowenig in Frage wie unsere art-chauvinistischen Annahmen der Menschenrechte, Menschenwürde und der Heiligkeit des menschlichen Lebens heute. Wir können Jenkins Argument zu einer neutraleren Analogie umformulieren. Wenn wir weiße und schwarze Farbe mischen, erhalten wir Grau. Wenn wir Grau mit Grau mischen, können wir weder die ursprüngliche weiße noch die ursprüngliche schwarze Farbe zurückerhalten. Die Mischung von Farben ist von der vormendelschen Sicht der Vererbung nicht weit entfernt, und selbst heute drückt man populär häufig Vererbung in Form einer Blutvermischung aus. Jenkins gebraucht ein Überschwemmungsargument. Mischvererbung muß die Variation im Lauf der Generationen erdrücken. Immer größere Uniformität wird vorherrschen. Und schließlich wird keine Variation für die natürliche Auslese übrigbleiben.
    So glaubwürdig dieses Argument sich auch angehört haben muß, es ist nicht nur ein Argument gegen die natürliche Auslese. Es ist eher ein Argument gegen unausweichliche Tatsachen über die Vererbung selbst! Es ist eindeutig nicht wahr, daß die Variation im Laufe der Generationen verschwindet. Die Leute sind einander heute nicht ähnlicher als zu Zeiten ihrer Großväter. Die Variation bleibt erhalten. Es besteht ein Reservoir an Variation, auf das die Selektion einwirken kann, was im Jahr 1908 von W. Weinberg mathematisch bewiesen wurde und unabhängig von ihm auch von dem exzentrischen Mathematiker G. H. Hardy, der, nebenbei gesagt, wie im Wettbuch seiner (und

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