Der Blitz der Liebe
wäre höchst unangenehm, sowohl für Sie als auch für mich, wenn es herauskäme, daß Sie hier allein und ohne Begleitung sind.«
»Ja. Aber wohin soll ich gehen?«
»Sie können nicht von mir erwarten, daß ich eine so dumme Frage beantworte. Woher soll ich das wissen?«
»Dann ist es genauso dumm zu sagen, daß ich fort muß. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich nach Frankreich wolle, weil mich mein Onkel jederzeit finden kann, solange ich in England bin. Außerdem kann ich nicht durch die Gegend streifen und leere Häuser suchen. Ich weiß auch, daß ich nicht allein in einem Hotel unterkommen kann.«
Lord Heywood wußte ebenfalls, daß man ihr in der Tat ein Dach über dem Kopf abschlagen würde. Es gab wohl eine einfachere Lösung für das Problem, aber im Augenblick fiel ihm keine ein.
»Während Sie überlegen, ob Sie mich ertränken oder in Stücke hacken und im Garten begraben sollen«, hörte er Lalita sagen, »würde ich mir gerne Ihre Pferde ansehen.«
»Also gut, sehen Sie sich Waterloo und Conqueror an«, gab Lord Heywood nach.
Lalita stieß einen Freudenschrei aus. »Sind das die Namen, die Sie ihnen nach der Schlacht gegeben haben?«
»Es war Carter, der darauf bestand«, erwiderte Lord Heywood. »Er hat sein Pferd Conqueror genannt und Rollo, wie meines vorher hieß, immer Waterloo gerufen, bis ich damit einverstanden war, ihn jetzt so zu nennen.«
»Ich vermute – und ich wäre enttäuscht, wenn es nicht so wäre –, daß er genauso imposant ist wie Sie.«
Es klang bei ihr gar nicht wie die einschmeichelnden Komplimente, die Lord Heywood von den Frauen, die hinter ihm her waren, bekommen hatte, sondern eher wie eine Feststellung, und er sah keinen Grund, ihr zu widersprechen.
Waterloo war zweifellos sehr imposant, als sie ihn auf der Koppel hinter dem Stall vorfanden.
Lord Heywood pfiff auf seine besondere Art, und der Hengst kam auf ihn zugetrabt.
»Er ist wundervoll! Wirklich wundervoll!« rief Lalita entzückt aus. »Kein Wunder, daß Sie ihn lieben!«
»Woher wissen Sie, daß ich ihn liebe?« fragte Lord Heywood.
»Kein Tier gehorcht oder kommt so schnell auf einen Pfiff herbei, wenn es nicht weiß, daß es geliebt wird.«
Lord Heywood zog die Augenbrauen erstaunt hoch. »Ich habe vor, auf Waterloo zu dem einen oder anderen der Pachtgüter, die in der Nähe sind, zu reiten«, sagte er. »Ich nehme an, Sie würden mich gerne auf Conqueror begleiten.«
»Darf ich das wirklich?«
»Nur wenn Sie sich im nächsten Wald verbergen, während ich auf dem Gut bin, damit die Pächter und ihre Frauen denken, ich sei allein.«
»Ich verspreche es, und vielen Dank, daß Sie mir erlauben, mit Ihnen zu kommen.«
»Als erstes müssen wir einen Sattel für Sie finden«, sagte Lord Heywood.
Sie gingen in den Sattelraum und fanden Zaumzeug und Sättel sowie Geschirre, mit denen man die Pferde vor Wagen spannen konnte. Die Geschirre waren mit Silber verziert und mit dem Wappen der Heywoods geschmückt.
Es kam Lord Heywood in den Sinn, daß man einige davon verkaufen könnte, aber er überlegte, daß der Markt damit, wie mit so vielen anderen Dingen, im Augenblick wohl überschwemmt war.
Als die Pferde gesattelt waren und bereit standen, fiel ihm ein, daß Lalita nicht davon gesprochen hatte, daß sie sich umziehen wolle. »Ich nehme an«, sagte er, »daß Sie außer dem, was Sie auf dem Leib tragen, nichts anzuziehen haben.«
»Ich habe noch zwei weitere Kleider mitgebracht, und natürlich mein Nachthemd, aber der Koffer war so schwer, daß mein Arm schon weh tat, ehe ich bei der Postkutsche war.«
An seinem Gesichtsausdruck erkannte sie, daß sie ihm einen weiteren Anhaltspunkt gegeben hatte, und sie fügte deshalb hinzu: »Am Dorfeingang halten Postkutschen aus allen Himmelsrichtungen.«
»Nichtsdestoweniger haben Sie einige Zeit gebraucht, um hierher zu kommen«, sagte Lord Heywood. »Und das heißt, daß Sie wahrscheinlich von weiter herkommen. Andererseits haben Sie aber gewußt, daß das Haus leer stand und ich im Ausland war. Ihr Zuhause muß also doch irgendwo in der Nähe liegen.«
»Sehr schlau!« sagte Lalita anerkennend. »Wenn ich Ihnen jeden Tag einen Hinweis gebe, dann wissen Sie in ungefähr drei Jahren, wer ich bin, und sind in der Lage, mich zu erpressen, indem Sie mir drohen, mich nach Hause zu bringen.«
»Ich würde mich meiner Intelligenz sehr schämen, wenn ich so lange dazu bräuchte!« erwiderte Lord Heywood. »Aber ich nehme an, es ist Ihnen nie in den Sinn
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