Der Blitz der Liebe
und sich selbst ein Bild von der schwierigen Lage zu machen.
Es war früh am nächsten Morgen, als Lord Heywood und sein Bursche Carter zu Pferd in Heywood Abbey ankamen.
Von Dover fortzukommen war so schwierig gewesen, daß sie, obwohl sie schnell geritten waren, schließlich von der Dunkelheit überrascht wurden und gezwungen waren, in einem Wirtshaus am Weg abzusteigen.
Es war ohne alle Bequemlichkeiten gewesen, und als die Morgendämmerung anbrach, dachte Lord Heywood, daß die Pferde zweifellos besser untergebracht waren als er selbst.
Das Frühstück bestand aus altbackenem Brot, einem Stück harten Käse und Butter, die ranzig roch.
»Ich warte, bis ich zu Hause bin«, bemerkte Lord Heywood, schob es zur Seite, und sie machten sich auf den Weg, nachdem sie den Wirt bezahlt hatten.
Während sie durch die ihm vertraute Landschaft ritten, entsann sich Lord Heywood wieder der freudigen Erregung, die er sich nicht eingestehen wollte, als er seinen Fuß in Dover auf britischen Boden gesetzt hatte.
Jetzt war es sein Boden, Teil so vieler Erinnerungen, von denen er gedacht hatte, er habe sie vergessen.
Zu Carter hatte er am Tag zuvor gesagt: »Wenn du mit mir kommst, kann ich dir kein bequemes Leben bieten. England ist nicht mehr das, was es bei unserer Abreise war, und so viel ich im Augenblick weiß, reicht es nicht einmal für mein eigenes Essen, geschweige denn für deines.« Er machte eine Pause, bevor er hinzufügte: »Offen gesagt, ich habe nicht die geringste Ahnung, woher dein Lohn kommen soll!«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Mylord«, erwiderte Carter. »Wir haben uns immer noch irgendwie durchgewurstelt, sogar im Krieg, und was das Essen betrifft, da traue ich mir schon zu, daß ich etwas herbeischaffe.«
Lord Heywood lachte. »Wenn du etwas stiehlst, was mehr als einen Shilling wert ist, wirst du gehängt oder deportiert. Wir haben es jetzt nicht mehr mit einem Feind zu tun, sondern mit dem englischen Gesetz. Du wirst, hoffe ich, in Heywood Abbey viele Kaninchen und anderes Wild vorfinden, das mir gehört und auch dir, wenn es dir gelingt, es zu fangen oder zu schießen, vorausgesetzt, wir können uns Patronen leisten.«
Im stillen dachte er jedoch, als sie so dahinritten, daß er nicht so viele Kaninchen und Hasen sah, wie er erwartet hatte, und auch keine Fasane, die einst in großer Zahl in den Wäldern gebrütet hatten. Er hegte den Verdacht, daß viele Bauern lieber das Risiko einer strengen Bestrafung, wenn sie erwischt wurden, auf sich nahmen, als hungrig blieben.
Es war immer noch sehr zeitig, und über dem See hing der Morgendunst, als das Schloß schließlich vor ihnen auftauchte.
Heywood Abbey war ursprünglich eine Zisterzienserabtei gewesen, aber es war praktisch nichts von ihr übriggeblieben.
Es war der zweite Lord Heywood gewesen, der sich ein Schloß baute, das seinen Ansprüchen genügte. Heywood Abbey war deshalb ein außerordentlich eindrucksvolles Bauwerk mit einem Mittelbau, dessen Dach mit Urnen und Statuen geschmückt war, und zwei Seitenflügeln. Im Morgensonnenschein sah das Haus jetzt so schön und gleichzeitig imposant aus, daß Lord Heywood es sich einfach nicht vorstellen konnte, daß es nicht nur leer war, sondern daß er auch nicht einen einzigen Diener bezahlen konnte, der ihm aufwartete.
Er hatte die Zügel seines Pferdes angezogen, und Carter hatte es ihm gleichgetan.
Es war ganz still. Dann sagte Carter: »Ist das Ihr Schloß, Mylord?«
»Ja, Carter.«
Carter kratzte sich hinter dem Ohr. »Sieht wie 'ne Kaserne aus!«
Lord Heywood lachte. Er wußte, daß Carter ein einfacher Londoner war, der sich, als er in die Armee eintrat, angeblich, weil ihm der Sinn nach Abenteuern stand, nie hätte vorstellen können, daß ein Mann ein riesiges Gebäude allein bewohnen könnte.
In diesem Augenblick wurde Lord Heywood klar, daß er Carter dringender als je brauchte, wenn er hier leben wollte.
Es waren nicht nur seine Fähigkeiten, aus jeder Situation, in der sie sich befanden, das Beste zu machen, und seine Gabe, an den unwahrscheinlichsten Orten Nahrung wie Manna vom Himmel herbeizuzaubern, die ihn so unentbehrlich machten, sondern auch seine Fröhlichkeit und sein Sinn für Humor, und Lord Heywood hätte sehr dumm sein müssen, wenn er nicht gemerkt hätte, daß ihn Carter auf seine Weise geradezu verehrte.
Er war ein Waisenjunge, der in einer Armenschule aufgezogen und einem Mann in die Lehre gegeben worden war, der ihn schlecht behandelt hatte
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