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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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menschlichen Besuchern gewesen.«
    »Oh. Nun, nicht gerade … voll. Auf jeden Fall ist es lange her, daß wir irgend jemand von deiner Art hier hatten, und unsere Wissenschaft hat sich seit damals rasant weiterentwickelt. Dies ist eine unschätzbare Gelegenheit zur Wissensvermehrung. So, würdest du jetzt bitte aufhören, dich wie eine Memme anzustellen, und dich hinlegen?«
    »Ihre Durchlaucht weiß, was sie tut, Theo«, sagte Apfelgriebs.
    Theo wollte der Fee keine Schande machen, aber andererseits hatte sie ihn in diese Situation gebracht, ohne ihn vorher um seine Meinung zu fragen. Er streckte sich bäuchlings auf dem Tisch aus und starrte an die Wand, die bis auf eine stilisierte Narzisse im Basrelief derselben Ästhetik der Leere huldigte wie die übrigen Wände des Raumes. Er versuchte sich zu entspannen, doch als Fürstin Ämilias kühle Hand plötzlich seine Rückenmuskeln berührte, konnte er einen Angstschrei kaum unterdrücken.
    »Nicht doch. Anspannung macht es nur schlimmer. Keine Bange, diese Blutegel werden unter den wissenschaftlichsten Bedingungen gezüchtet.« Etwas wurde ihm behutsam unter einem Schulterblatt auf den Rücken gesetzt und blieb dort mit einem kurzen feuchten Wackeln liegen; er bemühte sich, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Es gab ein scharfes Kneifen, dann breitete sich ein taubes Gefühl aus. »Es müßte jetzt besser sein«, erklärte seine Gastgeberin. »Sie haben anästhetischen Speichel. ›Anästhetisch‹ bedeutet, daß ein Schmerz …«
    »Ich weiß, was es bedeutet.« Es war wahrscheinlich unmanierlich, hochrangigen Elfinnen das Wort abzuschneiden, doch im Augenblick war ihm das scheißegal. Er hatte es satt, wie Charlton Heston auf dem Planet der Affen behandelt zu werden. »Das ist griechisch für: ›Wir haben soeben noch mal fünfhundert Mäuse auf Ihre Krankenhausrechnung aufgeschlagen.‹« Das verwunderte Schweigen währte mehrere Sekunden. »Das war ein Witz.«
    »Ah, natürlich«, sagte Fürstin Ämilia. »Ups, ich glaube, der Kleine ist voll. Wuschel! Würdest du mir bitte noch einen Blutegel bringen?«
    »Noch einen? Warum bohrst du nicht einfach ein Loch in mich und läßt einen Eimer vollaufen?«
    »Eine hervorragende Idee!« Sie packte härter zu, um ihn auf dem Tisch zu halten. »Das war auch ein Witz, Junker Vilmos.«
     
    N achdem Fürstin Ämilia entschwunden war – wohl um kleine Elfenkinder über die schädlichen Folgen des Kaugummikauens oder ähnliche Dinge zu belehren, vermutete Theo –, zog er sich wieder Hemd und Hose an. Der Assistent der Edelfrau, ein kleiner Elf mit einer Hautfarbe wie Karamelpudding und nur geringfügig helleren Haaren, war dageblieben, um das Untersuchungszimmer aufzuräumen.
    »Wie lange bin ich schon hier? Kommt mir vor wie den ganzen Tag.«
    »Es ist später Nachmittag«, klärte Apfelgriebs ihn auf. »Hast du Hunger?«
    »Na klar. Ein dicker leuchtender Blutegel am Rücken ist das beste Rezept, um einen Mann zum Mampfen zu animieren.«
    »Würdest du dir gern die Hände waschen, bevor ich das Becken saubermache?« fragte der Assistent. Theo schüttelte den Kopf, und der schlanke Bursche machte sich daran, die glänzende Bronzeoberfläche zu scheuern.
    »Du bist ein alter Muffel, Vilmos«, bemerkte Apfelgriebs.
    »Wieso das Interesse an mir? Es sind heute bestimmt sieben oder acht Leute hiergewesen und haben mich angegafft. Nicht daß einer es für nötig erachtet hätte, mit mir zu reden. Ich bin mir vorgekommen wie der Elefantenmann oder so.«
    »Das kann ich dir sagen«, schaltete sich der Assistent ein. Als Theo sich zu ihm umschaute, errötete er ein wenig, jedenfalls hatte es den Anschein – bei seiner Hautfarbe war das schwer zu erkennen.
    Apfelgriebs erhob sich vom Tisch und schwirrte auf Theos Schulter, wo sie geschickt die Balance hielt, während er sein Hemd zuknöpfte. »Ja, warum nicht? Mir hört er doch nie zu.«
    Der Elf wiegte den Kopf und lächelte. Er wirkte schüchtern, aber nicht auf die servile Art, die Theo an seinem einen Tag bei den Narzissen schon mehrfach begegnet war: Goblin-Hausmädchen, die seinem Blick auswichen, flügellose, aber dennoch unverkennbar niederrangige Angestellte, die sich auf die Seite drückten, um ihn vorbeizulassen. In den Augen des Elfs dagegen leuchtete beim Reden ein Funke, den Theo sich nicht recht erklären konnte. »Es ist so … ach, wo du doch in einer derart magischen Welt zu Hause bist, Junker Vilmos, da kommen wir dir bestimmt alle furchtbar langweilig vor.

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