Der Blumenkrieg
Glöckchen um den Hals, und es scheute vor meinem Geruch zurück, vielleicht auch vor einem der Zauber, die ich an mir hatte. Die Glöckchen klingelten alle. Doch es senkte den Kopf, so daß du es streicheln konntest. Wie groß deine Augen waren!«
Er nahm wieder ihre Hand, und lange saßen sie schweigend da.
»Ich werde dich besuchen kommen, sobald ich kann«, sagte er und erhob sich. »Das vergesse ich nicht. Ich werde es nicht vergessen.« Er beugte sich vor und küßte eine leblose Wange. »Und wenn es eines Tages so weit ist, werde ich rächen, was man dir angetan hat. Das habe ich beim Brunnen geschworen.« Er zögerte, dann küßte er sie erneut, wobei er gegen die Tränen anblinzeln mußte. »Ich liebe dich, meine Erephine, meine Schwester.« Das schwache Heben und Senken ihrer Brust blieb die einzige Regung, die von ihr ausging. »Lebe wohl.«
S chmuck anzuschauen ist er, nicht wahr? Aber irgendwie sah er traurig aus, als er wegging«, bemerkte die junge Krankenschwester vom Lande. »Ist euch das auch aufgefallen?«
»Bei diesen Blumen weiß man nie so genau«, meinte eine andere. »Steif wie Statuen sind sie.«
»Aber vielleicht ist er unglücklich wegen seiner Schwester …«
Ihre Kollegin schüttelte den Kopf und fuhr fort, das Beißmichnicht-Elixier in kleine Becher abzumessen: In der geschlossenen Abteilung nahte die Zeit der Medikamentenausgabe. »Sie verschwenden ihre Energie nicht mit Gefühlen, diese Blumensprosse, und schon gar nicht, wenn es um die Töchter der Familien geht. Nach außen hin tun sie natürlich alles, was sich gehört. Die korrekte Form zu wahren, darauf verstehen sie sich bestens.«
»Außerdem«, sagte eine der älteren Frauen, »ist sie schon seit Jahren hier, so daß sie sich längst an die Situation gewöhnt haben müssen. Nein, du hast nur romantische Flausen im Kopf, Mädel. Das passiert einem leicht bei diesen reichen, hübschen Bengeln – die können sich so oder so geben, wie sie gerade wollen.«
»Meinst du wirklich?«
»Schreib dir das hinter die Ohren, Mädel, und laß dich nicht täuschen. Sie regieren die Welt, diese hohen Herren. Ganz Elfien beugt vor ihnen die Knie. Weswegen sollte einer von denen traurig sein?«
20
Bei den Kriechern
W as zum Teufel ist das?« Theo beäugte mißtrauisch das Probenglas, das Fürstin Ämilia in der Hand hatte. Es glühte gelblich-grün wie etwas aus einem billigen Horrorfilm.
»Sei nicht so ein Badehosenduscher!« sagte Apfelgriebs, die auf dem Gerätetisch saß und die Beine über den Rand baumeln ließ.
»Und was soll dieser verrückte Ausdruck schon wieder bedeuten?«
»Es dürfte eigentlich gar nicht weh tun«, meinte die Elfenaristokratin, doch Theo fand, sie hätte in die Versicherung etwas mehr innere Überzeugung legen können.
»Bei der vorigen Sache sagtest du, es würde nur ein klein wenig zwicken, und dann war es, als würde mir der Zahnarzt in die Wirbelsäule bohren. Also, wie schlimm ist es, wenn es ›eigentlich gar nicht‹ weh tut? Nicht schlimmer als eine ordentliche Tracht Prügel?«
»Ganz sicher nicht schlimmer«, bestätigte Fürstin Ämilia. »Lege dich einfach flach auf den Bauch. Sind wir nicht froh, daß wir unser Hemd nicht wieder angezogen haben?«
»O ja, wir sind begeistert.« Theo stieg erneut auf den OP-Tisch mit dem weißen Laken. Er wurde das Gefühl nicht los, daß dieser karge Raum in Wirklichkeit eine Art Tierklinik war, aber vermutlich sollte er wenigstens für die Sauberkeit dankbar sein. Dennoch war dieser Handel nicht nach seinem Geschmack: schmerzhafte Experimente im Austausch für Asyl. »Du hast mir noch nicht gesagt, was in dem Glas da ist.«
»Ein Blutegel natürlich. Wir brauchen ein bißchen Blut von dir.«
Theo war schon halb vom Tisch herunter, bevor Fürstin Ämilia ihn am Arm packen konnte, aber weiter kam er nicht. Für eine gertenschlanke Person von höchstens fünfzig Kilo war sie erstaunlich kräftig. »Führ dich nicht so auf, junger Mann.« Sie wandte sich an Apfelgriebs. »Versteht er wirklich so wenig von der Wissenschaft?«
»Wissenschaft? Du nennst Blutegel ›Wissenschaft‹? Wie nennst du dann Daumenschrauben und Streckbank – ›Bewährungshilfe‹?«
»Wir brauchen einfach ein bißchen Blut von dir, damit wir bestimmen können, wie … damit wir ein paar andere wichtige Tests durchführen können. Uns bietet sich so selten die Möglichkeit, jemanden wie dich zu erforschen.«
»Ich dachte, diese Stadt wäre früher mal voll von
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