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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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abgestattet.« Er hielt ein Behältnis hoch, das wie eine Kaffeekanne aussah und auf dem in großen weißen Lettern die Worte »Flügel-Klar!« aufgedruckt waren. »Ich habe Wasser aus dem Bach mitgebracht.« Er holte eine zerknitterte Tüte aus seiner Tasche. »Und etwas Brot habe ich uns auch besorgt. Komm frühstücken!«
    Theo merkte erst, was für einen Bärenhunger er hatte, als er vom Kanten des krustigen Brotes abbiß. Er schluckte den Happen fast ohne Kauen hinunter, ließ sich dann aber beim zweiten Bissen mehr Zeit. »Woher hast du das? Du sagtest, du hättest kein Geld.« Er sah sich Wuschel genauer an. »He, wo sind deine Schuhe geblieben?«
    »Ich brauche sie eigentlich gar nicht. Ehrlich gesagt fanden es in der Narzissen-Residenz viele Leute komisch, daß ich überhaupt welche anhatte. Bei den Blumen gibt es eine alte Redewendung dafür, wenn einer sich übertrieben zurechtmacht ›Genausogut kannst du einem Querz Schuhe anziehen.‹ Iß! Das ist besser, als mit leerem Magen durch die Stadt zu laufen.«
    Als Theo seine Blase geleert und sie das Feuer ausgemacht hatten – zwei Dinge, die der penible Wuschel unbedingt getrennt halten wollte, obwohl Theo es eine Vergeudung von Wasser fand –, stellte er fest, daß er leidlich gut gehen konnte, wenn er nicht weiter darauf achtete, daß ihm zumute war, als ob er durch eine Heißmangel gedreht worden wäre. »Wenn mir schon alles weh tut, muß dein Bein dich schier umbringen«, meinte er zu Wuschel, während er mit gequältem Gesicht versuchte, in diversen schmerzenden Muskeln die Durchblutung anzuregen.
    »Mir geht es gar nicht so schlecht. Wir Querze erholen uns schnell, und wir arbeiten hart, ohne zu klagen – weshalb es der Adel auch als Verschwendung ansieht, wenn einer von uns lieber seinen Kopf gebrauchen will. Komm, laß uns aufbrechen! Wir können zum Glück einige Meilen durch den Park gehen, ohne daß wir eine öffentliche Straße benutzen müssen.« Wuschel schien mit seinem Schuhwerk auch ein gut Teil seines zivilisierten Pessimismus abgelegt zu haben, denn er wirkte beinahe fröhlich, wie sie so zwischen den Bäumen dahingingen. Der Boden war noch naß und dampfte; es war schwer zu sagen, wo die diesigen Hügel aufhörten und der graue Himmel anfing.
    »Erzähl mir noch einmal, wie deine Oma von Goblins gefressen wurde. Ich bin gestern immer wieder eingenickt.«
    Wuschel stöhnte. »Ich wünschte, du würdest mir das Thema ersparen, es ist keine besonders lustige Geschichte. Wie gesagt, mehr als alles andere war es Pech. Außerdem war sie meine Urgroßmutter. Sie und ihr Mann waren … wie kann man das nennen? Sie wollten ihr eigenes Stück Land haben, und deshalb legten sie in einem sehr wilden Gebiet einen Bauernhof an.«
    »Aussiedler würde man sie bei mir zu Hause nennen. Pioniere.«
    »Kann sein. Jedenfalls waren die Goblins nicht allein schuld. Sie waren Wilde, und es war ihr Land, nehme ich an. Das war unmittelbar vor dem letzten Goblinkrieg. Die ortsansässige Sippe bekam Streit mit meinem Urgroßvater, und er erschoß mehrere von ihnen.«
    »Mit einem Gewehr? Einem von diesen … Bienenstockdingern?«
    »Das war vor vielen Jahrhunderten, Theo. Sie hatten keine modernen Waffen. Es war eine altmodische Armbrust. Jedenfalls kamen die Goblins zurück und griffen sie an. Mein Urgroßvater konnte entkommen, doch meine Urgroßmutter wurde getötet. Daraufhin aßen sie sie auf.«
    »Igitt!« Theo verzog das Gesicht. »Jetzt verstehe ich, warum du keine besonders hohe Meinung von ihnen hast.«
    »Na ja, um der Gerechtigkeit willen muß ich sagen, daß sie ihre eigenen Leute früher auch aufgegessen haben, wenn sie im Kampf getötet wurden. Eine Art Ehrenbezeigung, nehme ich an. Vielleicht wollten sie meiner Urgroßmutter sogar ihren Respekt erweisen, so gut sie es eben verstanden. Aber mein Urgroßvater faßte es anders auf.«
    »Wow. Das ist ja fast wie in einem von unseren Western. Und warum sind diese ganzen Goblins jetzt in der Stadt? Fressen sie immer noch Leute auf?«
    »Nur wenn sie jemanden sehr hoch ehren wollen, habe ich mir sagen lassen. Und nur ihresgleichen.« Wuschel führte Theo über einen Hügelrücken, von dem aus sie einen kurzen Blick auf einige der höchsten Türme der Stadt hatten, golden und rosig im rauchigen Morgenlicht, bevor sie wieder in die geschützten Niederungen hinabstiegen.
    Die höchsten Türme, die noch stehen, dachte er. Seine leichtherzige Stimmung verflog.
    »Nach dem letzten Goblinkrieg«, fuhr

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