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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sie es abgesehen, Nieswurz, Stechapfel und diese Leute? Und weshalb sie sich für mich interessieren, wissen wir auch noch nicht. Warum wollten sie sich die Mühe machen, mich aus der Narzissen-Residenz zu entführen?«
    »Kraft. Das ist in der Regel die Erklärung für alles.« Wuschel seufzte. »Wie du da reinpaßt, ist mir völlig schleierhaft. Ich bin es gewohnt, von diesen Dingen in Geschichtsbüchern zu lesen oder Schilderungen von Überlebenden zu bekommen. Ich wollte niemals selbst ein Überlebender sein.«
    »Vielleicht nicht das Schlechteste, was einem passieren kann, wenn man die Alternativen bedenkt.«
    »Stimmt.« Der Querz hielt seine schlanken Hände an das wärmende Feuer. »Aber was auch geschieht, wir können hier nicht bleiben. Und wir können auch nicht ziellos durch die Straßen irren. Die meisten Leute sind gegen die Exzisoren, doch die haben derzeit die Stadt fest in der Hand, und viele werden sich mit ihnen gut stellen wollen und bedenkenlos zwei gesuchte Flüchtlinge anzeigen.«
    Theo mußte gerade an Werwölfe denken. Er hatte bereits an wandelnde Leichen gedacht und wünschte, er hätte es dabei bewenden lassen können, so grausig das Thema war. »Herrje, mir ist kalt. Ich faß es nicht, daß du mich gezwungen hast, meine Jacke wegzugeben, Segge. Mit ein paar Fingern weniger hätte ich wenigstens nicht gefroren.«
    »Undank ist der Welt Lohn.« Wuschel beäugte die Ausbuchtung in Theos Hosentasche. »Was hast du da, wenn ich fragen darf? Ich habe gesehen, wie du es aus der Jacke genommen hast.«
    »Das kennst du bereits – es ist das Notizbuch meines Großonkels. Ich habe dir davon erzählt. Ich dachte, es wäre schuld daran, daß Nieswurz’ Leute hinter mir her sind, aber jetzt weiß ich, daß das nicht stimmt.«
    »Du hast es gerettet?« Wuschels Gesicht hellte sich auf. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der seine erste Wunderkerze in der Hand hielt. »Das ist ja großartig! Gibt es … Meinst du … Wäre es zuviel verlangt, wenn ich einmal hineinschauen wollte?«
    »Hier. Viel Spaß damit.« Als Theo es ihm reichte, fiel ihm ein kleiner weißer Schnipsel in den Schoß, nicht viel größer als ein Kassenzettel.
    Der Querz betrachtete das Buch mit einem Blick freudiger Gier. »Die echten Aufzeichnungen eines Menschen über seine Eindrücke von Elfien in der jüngsten Vergangenheit! Humanologie ist mein Spezialgebiet, mußt du wissen. Auf so etwas warte ich schon mein Leben lang.«
    Theo hob das Stück Papier auf, das aus dem Buch geflattert war. Er kniff angestrengt die Augen zusammen, um im flackernden Feuerschein zu lesen, was darauf stand. »Unter der alten Wunderwehrbrücke. Was zum Teufel ist das?« Da kam ihm die Erinnerung an den kleinen, gelbäugigen Kerl im Bus wieder. »Ach, richtig. Ein Goblin hat mir das gegeben. Ich glaube, es ist so etwas wie eine Mission oder ein Obdachlosenasyl. Er hat mir gesagt, falls ich je einen Platz zum Übernachten bräuchte …« Er wandte sich Wuschel zu. »He!«
    Der Querz blickte eher beunruhigt als erfreut drein. »Wer hat dir das gegeben? Ein Goblin? Laß mich mal sehen!« Er starrte den Zettel an, als wollte er ihn durch schiere Willenskraft in etwas anderes verwandeln. »Wunderwehrbrücke. Die ist unten im Fenn, noch hinter den Kriegssteinen, ganz auf der anderen Seite der Stadt. Das ist eine unheimlich gefährliche Gegend, da wimmelt’s nur so von armen Leuten, Verbrechern …«
    »Gibt’s da Werwölfe?«
    »Werwölfe!« Wuschel schürzte die Lippen. »Nein, natürlich nicht. Das ist unten im Sumpfland, in der Nähe des Hafens.«
    »Gut, das ist für mich ein schlagendes Argument: keine Werwölfe!«
    »Aber … Goblins!«
    »Weißt du was, ihr Elfen neigt wirklich sehr zu Vorurteilen.« Theo lächelte sogar, froh, wieder eine Richtung zu haben, ein Ziel. »Mir hat noch nie ein Goblin was Böses getan. Was habt ihr alle nur gegen sie?«
    »Ich kann nicht für andere sprechen«, sagte Wuschel leicht pikiert, »aber eine Goblinhorde hat meine Urgroßmutter gefressen. Vielleicht erklärt das ein gewisses Vorurteil meinerseits.«
     
    T heo wachte unter einem dämmergrauen Morgenhimmel auf, der immer noch rauchgeschwärzt war und aussah wie ein von aufgewühltem Schlamm getrübter Bergteich. Wuschel Segge war gerade dabei, wieder ein kleines Feuer zu entzünden. »Zeit wird’s, daß du aufwachst, wo du gestern den ganzen Tag verschlafen hast«, sagte er. »Ich habe bereits einigen anderen Naturfreunden in der Nachbarschaft einen Besuch

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