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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Lichtsäulen getragen. Die Luft war heiß und drückend, und die Düfte, die sich dort vermischten, wären für einen Menschen unangenehm, wenn nicht gar unerträglich gewesen. Die Gäste machten trotz ihrer unerhört feinen Sinne nicht den Eindruck, von dem Geruch, der im Raum hing, abgestoßen zu sein, doch als ihre katzenartigen Augen sich ein wenig an den Wechsel der hellen und dunklen Streifen gewöhnt hatten, verlangsamten die beiden Gefährten des hochgewachsenen Mannes die Schritte und blieben dann stehen, offensichtlich erstaunt von dem wüsten Durcheinander ringsumher.
    Die Halle war eine Art Speicher, allerdings durfte mit Recht bezweifelt werden, ob es selbst hier in dieser ältesten und geheimnisvollsten aller Städte noch andere Speicher wie diesen gab. Obwohl das von der Decke herabstechende Licht auf vielerlei fiel, beleuchtete es wenig, doch was man sehen konnte, war höchst sonderbar: Menschenartige Gestalten, Statuen vielleicht, in tausend verschiedenen Haltungen erstarrt, füllten den Raum wie eine Masse stummer Zuschauer, die meisten stehend, aber viele auch auf die Seite gekippt, so daß Arme, die sich einst irgendeinem himmlischen Gegenstand entgegengestreckt hatten, nunmehr die Beine der aufrechten Nebenleute zu befühlen schienen. Die Figuren waren allerdings nur ein Teil des Inventars, und viele andere Gegenstände waren nicht so prompt erkennbar: ausgestopfte oder nur als zusammengerollte Felle und gestapelte Knochen erhaltene Phantasietiere, offene Truhen, die von rostigen Waffen oder Stoffbahnen in veränderlichen Farben überquollen, Urnen, Schatullen, umgekippte Kisten, aus denen sich eine bunte Vielfalt von Schmucksachen ergoß, von silbernen und goldenen Kostbarkeiten bis hin zu Dingen, die wie Kinderspielzeug aus reinster schwarzer Kohle aussahen. Rohedelsteine lagen achtlos auf dem Fußboden verstreut wie Wildblumensamen. Auf unzähligen Regalen an den Wänden standen Gläser mit Flüssigkeiten, in denen Dinge schwammen, die nicht zur näheren Betrachtung einluden, Dinge mit Augen und sogar Gesichtszügen, doch ansonsten keinem auf Erden bekannten Lebewesen ähnlich. Andere Gläser waren undurchsichtig, viele umständlich und sorgfältig verschlossen, doch bei manchen lehnten die Deckel an den Behältnissen, als wäre das darin Aufbewahrte in großer Eile überprüft worden (oder vielleicht aus eigener Kraft entwichen). An keinem dieser Behälter war ein Etikett zu entdecken, und selbst die offensichtlich wohlüberlegten dünnen Pulvermuster, die um sie herum auf die Regale gestreut worden waren, gaben keinerlei Hinweis auf den möglichen Inhalt.
    Andere rätselhafte Gegenstände hingen an Drähten von der Decke: mit Haut bespannte Flugdrachen, Lampen, die anscheinend brannten, aber kein Licht gaben, sogar eine Wolke von Federn, die unentwegt an einer hohen Stelle nahe der Decke kreiselten wie in einem Wirbelwind, weiß schimmernde Fläumchen, die immerzu durch eine der Lichtsäulen trieben, aber sich nie zerstreuten, auch wenn sie noch so heftig herumwehten.
    Der größte der drei Eingetretenen ging weiter bis zu einer der hinteren Ecken der Lagerhalle, in die kein direktes Licht fiel. Nachdem die Neugier seiner beiden Begleiter gestillt oder vielleicht in ein anderes Gefühl umgeschlagen war, folgten sie ihm in einem Tempo, das man bei weniger graziösen Erscheinungen für Hast hätte halten können, und stellten sich dann ganz dicht hinter ihren Anführer.
    In der düsteren Ecke regte sich eine sitzende Gestalt. »Ah«, sagte sie. »Willkommen, Fürst Nieswurz.«
    Der hochgewachsene Mann nickte. »Ich habe deine Botschaft erhalten.«
    Der Hausherr rutschte in seinem Sessel ein Stück vor, stand aber nicht auf und kam somit, zur unausgesprochenen, aber offensichtlichen Erleichterung von Nieswurz’ Gefährten, nicht aus der Dunkelheit heraus. Der Beseitiger lästiger Hindernisse war unter keinen Umständen ein erfreulicher Anblick und in seinen heimischen vier Wänden am allerwenigsten. »Und du bist gekommen. Das ist sehr freundlich von dir, sehr … zuvorkommend. Ich glaube nicht, daß deine beiden Begleiter mich schon einmal hier beehrt haben.«
    Nieswurz nickte und deutete auf seinen blonden Gefährten und den streng blickenden Dritten, der noch dunklere Haare hatte als er, so tiefschwarz, daß man künstliche Nachhilfe hätte vermuten können. »Das sind die Fürsten Fingerhut und Stechapfel.«
    »Ja, ich kenne sie.« Ein keuchendes Krächzen ertönte, das ein Lachen

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