Der Blumenkrieg
darstellen mochte. »Ihr werdet es mir nachsehen, meine Herren, wenn ich euch zur Begrüßung nicht die Hand gebe.«
»Das macht gar nichts«, sagte der bärtige Fingerhut, vielleicht ein bißchen zu rasch.
»Wohlan denn.« Dies kam von Stechapfel, dem Ratsvorsitzenden und nach Nieswurz zweitmächtigsten Mann in Elfien. Seine frostigen Augen waren so schwarz wie seine Haare, doch seine buschigen Brauen waren schneeweiß und schienen so das einzige zu sein, was an ihm gealtert war, während er in jeder anderen Hinsicht einem Mann in den besten Jahren glich. »Ist es soweit?«
»Ich glaube, ja«, antwortete der Beseitiger. »Wie von dir gewünscht, Fürst Nieswurz, und von dir bezahlt, habe ich eine sorgfältige Überwachung durchgeführt. Wenn wir noch länger warten, könnte es sein, daß wir den rechten Moment versäumen.«
»Bist du sicher, daß wir ihn nicht schon versäumt haben?« Weder Nieswurz’ blasses Gesicht noch seine seidige Stimme verrieten die geringste Ungeduld, auch wenn es völlig abwegig gewesen wäre, anzunehmen, daß er sich nicht vor Ungeduld fast verzehrte.
»Von sicher kann keine Rede sein. Aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich.«
Nieswurz wischte die Unterscheidung mit einer Handbewegung weg. »Dann sollten wir handeln. Sage uns, wie wir ihn ergreifen können.«
»Das ist nicht so einfach. Ich habe ihn für dich gefunden. Auch für alles weitere, das du dir vorgenommen hast, wirst du mich brauchen.«
Stechapfel runzelte die Stirn. »Wer also sollte die Sache erledigen? Einer von uns? Du?«
»Nicht wer«, erwiderte der Beseitiger und ließ erneut sein raschelndes Lachen hören. »Ihr drei habt euren einmaligen Dispens vom Kleeblatteffekt bereits gehabt, und ich versichere euch, daß auch mir die Reise in die andere Welt nicht mehr möglich ist. Ja, ich bezweifele sehr, daß ihr auf unserer Seite überhaupt ein taugliches Werkzeug mit der Kraft und der Eigenständigkeit finden werdet, die nötig sind, um den Übergang zu vollziehen und den Gesuchten aufzuspüren. Rohe Gewalt ohne Verstand würde ebenso scheitern wie Verstand ohne hinreichende Stärke, und so rasch, wie sich die Dinge momentan entwickeln, werdet ihr meines Erachtens keine zweite Chance erhalten.«
»Es gibt also niemanden, den wir schicken können?« Fingerhut wirkte erleichtert.
»Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte lediglich, es sei kein ›Wer‹.« Mit einem glucksenden Geräusch lehnte sich der Beseitiger weiter in die Dunkelheit zurück. »Bringt mir bitte, was ich brauche. Ich werde euch die Gegenstände bezeichnen …«
W ährend Stechapfel und Fingerhut nach den Spiegeln suchten, wartete Nieswurz ab, die Hände lässig in den Hosentaschen. Er blickte nicht direkt auf die Stelle, wo der Beseitiger saß, doch das geschah möglicherweise aus Rücksichtnahme, auch wenn Nieswurz dafür nicht gerade bekannt war. Er hatte diese ehrlichste der mannigfachen Selbstdarstellungen des Beseitigers vorher noch nie gesehen, doch er hatte viele Dinge gesehen, die sich selbst seine höchst ehrwürdigen Kollegen nicht einmal vorstellen konnten, und war nicht im mindesten zimperlich. »Du bist dir darüber im klaren, daß wir damit eine Grenze überschreiten«, sagte Nieswurz schließlich, während er den kantigen Stechapfel dabei beobachtete, wie er mit sichtlichem Widerwillen einen Haufen staubiger gerahmter Gemälde durchforschte. »Dies ist nicht damit zu vergleichen, was mit dem ungeborenen Kind geschah. Wenn es uns nicht gelingt, kann es sein, daß wir alle in den Brunnen des Vergessens gestürzt werden – dich eingeschlossen.«
»Die Aussicht beunruhigt mich nicht sehr, mein Fürst.«
Einen Augenblick lang blickte Nieswurz besorgt, dann aber wurde er abgelenkt, als die schattenhafte Gestalt eine Bewegung machte, als wollte sie aufstehen und ins Licht treten.
»Nicht anfassen!« schrie der Beseitiger mit krächzender, aber unerwartet lauter Stimme. »Stell das wieder hin!«
Weiter hinten in der großen Halle zuckte Fürst Fingerhut vor Schreck zusammen und stellte hurtig die dunkle Holzkiste, die er aufgehoben hatte, an ihren Platz zurück.
»Der Spiegel ist dort nicht«, sagte der Beseitiger, leiser jetzt. »Im nächsten Haufen. Faß diese Kiste nicht noch einmal an!«
Nieswurz hatte etwas wie Schmerz in den Worten des Beseitigers gehört. Er zog eine dünne schwarze Augenbraue hoch, sagte aber nichts.
Schließlich kamen die beiden mächtigen Elfenfürsten mit je einem großen, häßlich
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