Der Blumenkrieg
und mir verraten, daß es schlecht wäre, wenn ihr morgen hier wärt.«
»Stimmen?« Theo sah unsicher zu Wuschel hinüber, der still zuhörte. »Meinst du damit Geister oder so was?«
Knopf lächelte. »Nein, Junker Vilmos, keine Geister. Ich spreche von, ähem, gewissen Angestellten im Büro des Polizeipräsidenten, die mit unserer Sache sympathisieren. Von ihnen weiß ich, daß morgen viele, viele Parlamentsschutzleute hier auftauchen werden. Als Grund werden sie angeben, daß sie für Sicherheit und Ordnung sorgen wollen, wenn die Lebensmittelvorräte an die vielen Armen verteilt werden, die aus ihren Wohnungen hierher zur Brücke geflohen sind, doch in Wirklichkeit sind sie hinter euch, Primel und anderen her, die vom Parlament der Blüten gesucht werden. Vielleicht auch hinter mir, aber ich glaube, sie kennen meinen Namen noch nicht, auch wenn sie um … meine Person wissen.«
»Wie das?«
»Nieswurz und den anderen ist bekannt, daß jemand ihnen Widerstand leistet. Ich habe gewisse … Aktionen organisiert, die wahrscheinlich nicht unbemerkt geblieben sind, auch wenn ich mir schmeichele, daß unsere Feinde sich nicht im klaren über meine Gründe und meine Pläne sind. Aber sie werden wissen, daß sie einen Gegenspieler haben. Nun hoffe ich, daß ihr mich bei einer solchen kleinen Aktion morgen unterstützt, wodurch ihr mir helfen und selber dem Zugriff der Schutzleute entgehen würdet.«
Lieber Himmel, in was sind wir da reingeraten? »Was genau sollen wir tun?«
Da es kurz vor Sonnenuntergang war, hatten Mamsell Zwick, Kleiderhaken und Stracki Nessel das Zelt verlassen und sich in die Essensschlangen gestellt, so daß Wuschel und Theo mit dem kleinen Goblin allein waren, aber trotzdem senkte Knopf die Stimme. »Je weniger ihr wißt, um so besser, aber ich will euch sagen, daß Stracki durch seinen Unfall … sehr nützlich für mich geworden ist. Ich habe mich seiner schon mehrfach bedient, aber er muß stets Begleitung haben, weil er die Orientierung verliert. Beim letzten Mal sollte Primel dazustoßen und ihm helfen, wieder zu uns zurückzukommen, aber unglücklicherweise war das der Tag, an dem Nieswurz die Narzissen-Residenz und die anderen Häuser angriff. Caradenus Primel brach hier als angesehenes Mitglied der herrschenden Elite auf, ein für meine Zwecke äußerst nützliches Auge und Ohr unter den Blumensippen. Wenige Stunden später war er ein gesuchter Verbrecher, seine Familie tot, ihr Residenzturm von Parlamentsstreitkräften erobert. Ihm blieb nichts anderes übrig, als unter Lebensgefahr aus dem Stadtzentrum zu fliehen. Stracki mußte sich ganz allein durch das Chaos schlagen, und wenn einige unserer Sympathisanten in Goblinhausen ihm nicht geholfen hätten …« Knopf schüttelte den Kopf.
»Aber wir werden wahrscheinlich auch gesucht«, sagte Theo. »Wenigstens von mir weiß ich das. Was hat es für einen Zweck, uns zu schicken?«
»Morgen brauche ich Caradenus Primel für etwas anderes, und zwar an einem Ort, an dem von uns allen er allein Zutritt hat. Ihr beiden müßtet euch mit Stracki Nessel an einen öffentlich zugänglichen Ort begeben. Ihr werdet von Nieswurz und seinem willfährigen Parlament gesucht, das stimmt, aber die Spiegelsprecher haben euch noch nicht bei der breiten Bevölkerung bekannt gemacht, und es sind noch keine Bilder von euch in Umlauf.« Der Goblin zuckte die schmalen Schultern. »Dennoch wird es gefährlich sein. Ich will euch nicht belügen. Ihr könntet gefaßt werden. Wenn das geschieht, wird man euch mit Sicherheit geradewegs zu euren Feinden bringen.«
»Aber hier können wir auch nicht bleiben. Wenigstens nicht morgen.« Theo blickte wieder zu Wuschel hinüber. »Was meinst du?«
»Wenn du gehst, gehe ich auch, Theo.«
Er wandte sich an Knopf zurück. »Und was wir machen sollen … wird das gegen Nieswurz und diese Schweine gerichtet sein?«
Der Goblin bleckte lächelnd seine gelben Zähne. »Allerdings.«
»Und es kommen keine Unschuldigen dabei zu Schaden? Ich soll keine Bomben legen oder so was?«
»Ich versichere dir, daß niemand durch das zu Schaden kommt, was ihr morgen tut. Aber ich muß dazu sagen, daß der Tag kommen wird, an dem es, ähem, wohl nicht mehr möglich sein wird, im Kampf gegen Nieswurz und das Parlament auf Mittel zu verzichten, die Unbeteiligte in Mitleidenschaft ziehen können. Sie sind nur durch einen Krieg zu besiegen, durch nichts anderes.« Er zeigte wieder die gelben Zähne, diesmal jedoch, ohne zu lächeln.
Weitere Kostenlose Bücher