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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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»Krieg bedeutet immer Leiden.«
    »Das überlege ich mir, wenn es soweit ist.« Theo holte tief Atem. »Okay, ich bin dabei. Sag uns, was wir machen sollen.«
     

     
    S tracki Nessels seltsame Erscheinung und noch seltsameres Betragen – er zuckte und murmelte auch dann vor sich hin, wenn er ungestört irgendwo saß – hatten die Aufmerksamkeit einiger anderer Fahrgäste erregt, und Theo wurde langsam nervös. Er war vorher noch nie ein gesuchter Verbrecher gewesen, wenn man einmal von einer Vorladung wegen unbezahlter Strafzettel absah, und er gewann zunehmend den Eindruck, daß er nicht dafür geschaffen war. Und zu allem Überfluß rannte irgendwo auch noch ein untotes Etwas herum und machte auf ihn Jagd. Es war nicht fair.
    »Stracki ist so auffällig«, flüsterte er Wuschel zu. »Wären wir nicht besser zu Fuß gegangen?«
    »Ja, wenn es egal wäre, ob wir erst am Abend im Stadtzentrum eintreffen, wenn alle Ämter schon geschlossen sind. Es ist ein weiter Weg, Theo.«
    »Pssst! Nicht meinen Namen sagen!« Er bemühte sich, eine rundliche Browniefrau auf einem der halben Sitze anzulächeln, die Stracki Nessel mißbilligend musterte. Sie rümpfte die Nase und wandte den Blick ab. Um den entlaufenen Kondensator irgendwie abzulenken, ergriff Theo seine Hand, und Stracki beruhigte sich augenblicklich. Na, prima, dachte Theo. Ich muß buchstäblich die ganze Zeit mit ihm Händchen halten. Die Haut des Elfs war warm, und ein Kribbeln schien von ihr auszugehen, so daß Theo das Gefühl hatte, seine eigene Hand sei eingeschlafen. Die Härchen auf seinem Unterarm stellten sich auf, als stünden sie unter Strom. Herrje, was ist, wenn er mir einen tödlichen Stromschlag verpaßt? Oder einen Magieschlag – kann es so was geben? Er betrachtete das verwirrte Gesicht, dachte an die verkohlten Flügelstummel, die er gesehen hatte, als der junge Elf zum Baden sein Hemd ausgezogen hatte, und sagte sich, daß er keinen tödlichen Schlag bekommen wollte, einerlei auf welche Weise.
    Dennoch mußte er entweder Stracki weiter die Hand halten oder in Kauf nehmen, daß die Leute sie anstarrten. Theo hielt weiter die Hand.
    Der Bus ächzte durch den hochgelegenen Stadtteil Sonnenuntergang bergan. Die Häuser waren klein und kastenförmig, erst weiter oben waren sie hübsch und gepflegt, größtenteils in leuchtenden Farben gestrichen und, wie um ihre Einheitsform wettzumachen, mit hochindividuellen Dächern versehen. Einige sahen ein wenig nach Pagoden aus, andere nach Märchenschlössern en miniature, deren winzige spitze Türmchen in die Luft ragten wie Wachsmalstifte aus einer Schachtel. Ein paar Kinder waren schon früh auf den Beinen, wahrscheinlich auf dem Weg in die Schule, die jüngeren von Eltern begleitet oder mitunter auch von einer der kinderhütenden bunten Blasen, die er seinerzeit in Schattenhof gesehen hatte. Wenn nicht die Kutschen mit bewaffneten Parlamentsschutzleuten langsam die Straßen auf und ab patrouilliert wären – Theo hatte bisher ein halbes Dutzend gesehen –, wäre es ein ganz gewöhnlicher Werktag in einer ganz gewöhnlichen und relativ wohlhabenden Arbeitersiedlung gewesen.
    Der Bus erreichte die Kuppe des Hügels. Vor Theo lag die Stadt ausgebreitet wie eine gemusterte Steppdecke, zu Hügeln aufgefaltet in seiner Umgebung und von dort abfallend zu den blaugrünen Wassern des Ys. Wenn man von den fremdartigen Formen der Türme im Stadtinnern absah, die in der Morgensonne gleißten, hätte er genausogut auf eine schön gelegene moderne Menschenstadt hinabschauen können – Genf vielleicht oder Sydney.
    »Das da hinten ist der Prozessionspark, wo wir nach unserer Flucht übernachtet haben«, sagte Wuschel leise und deutete auf einen dunkelgrünen Streifen, der den Stadtteil Abendstund in zwei Hälften teilte wie eine Schärpe. Plötzlich wurde Theo bewußt, daß es in Dowds Neu-Erewhon nur wenig Grünes gab, daß in der Elfenmetropole die Bäume den Häusern und Fabriken hatten weichen müssen genau wie in den Menschenstädten, denen sie glich. Sie haben sich wirklich alle Mühe gegeben, uns nachzuahmen, dachte er, als der Bus eine steile Straße hinunterholperte und das Stadtpanorama wieder hinter den umstehenden Häusern verschwand.
    »Okay«, sagte er, »ich sehe ein, daß es sinnvoll war, den Bus zu nehmen. Aber wenn Kleiderhaken uns behilflich sein soll, warum ist er dann nicht mitgefahren?«
    »Knopf meinte, ein Goblin als Reisebegleiter von uns dreien könnte Aufmerksamkeit erregen. Und

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