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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Vielleicht verstand er die Regeln einfach nicht so gut, wie er sie deiner Meinung nach hätte verstehen sollen.«
    Es fiel Primel nicht leicht, sich wieder zu fassen. »Mit der größeren Erfahrung und Reife, die ich mittlerweile habe, könnte ich dir vielleicht zustimmen, daß sein Verbrechen zum Teil auf einem mangelhaften Verständnis unserer Sitten und Gebräuche beruhte, obwohl Dowd zu dem Zeitpunkt schon lange unter uns gelebt hatte. Aber du hast den zweiten Teil noch nicht gehört.
    Der Fall wurde vor das Parlament der Blüten gebracht, damit dieses die Ehe annullierte. Es war ein schwerer Schlag für die Familienehre, die Verbindung ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt zu sehen, doch das war die einzige Möglichkeit, sie gemäß dem altüberlieferten Recht zu scheiden. Meine Schwester widersetzte sich anfangs der Trennung von Dowd und war sogar so weit gegangen, in sein gräßliches kleines Haus im Stadtteil Vormittag zu ziehen, womit sie die Schande unserer Familie noch verdoppelte. Das Parlament verlor dankenswerterweise keine Zeit und hob die Ehe umgehend auf. Dowd wurde aus Elfien verbannt, und meine Schwester kehrte in die Obhut der Familie zurück. Sie war wütend, aber ich glaube wirklich, daß sie ihren eigensinnigen Entschluß, einen Menschen zum Mann zu nehmen, schon bereute. Sie ereiferte sich über meine Eltern und deren Einmischung in ihr Leben, aber ich habe nie von ihr gehört, daß sie über den Verlust von Dowd untröstlich gewesen wäre.
    Dowd selbst empfand das vielleicht anders, aber seine Verbannung wurde ohne Rücksicht darauf verfügt und vollstreckt, wobei sie jedoch aus unbegreiflichen Gründen anscheinend nicht von bleibender Wirkung war. Es waren damals unruhige Zeiten: Die Veilchen lagen mit einigen der anderen Sieben Familien in Fehde, und alle spürten, daß ein Blumenkrieg immer wahrscheinlicher wurde. Wie dem auch sei, irgendwann in den Anfangstagen der offenen kriegerischen Feindseligkeiten zwischen den herrschenden Familien erschien zu unserer maßlosen Überraschung Dowd wieder auf dem Plan. Tatsächlich wußten wir zunächst gar nicht, daß er wieder da war, wir wußten nur, daß meine Schwester frech aus der Primel-Residenz geraubt worden war. Und anfangs bestand die Vermutung, dies sei ein Schachzug in dem bereits tödlich gewordenen Kampf zwischen den großen Häusern. Erst später schnappten wir die Bande gesetzloser Höhlentrolle, die die Tat begangen hatte, und erfuhren, daß Dowd der Anstifter gewesen war, daß sie Erephine ihm übergeben hatten. Aber zu dem Zeitpunkt war es schon zu spät. Dowd war wieder verschwunden, und meine Schwester war … zerstört.«
    Während der Elf wieder schweigend seinen Erinnerungen nachhing, ging Theo die Frage durch den Kopf, wieviel von dieser dramatischen Geschichte wohl der Wahrheit entsprach und wieviel Primelsche Familienlegende war. Der Eamonn Dowd, der das Buch in Theos Besitz geschrieben hatte, wäre vielleicht um der Liebe willen große Risiken eingegangen, aber es war schwer zu glauben, daß er so verbrecherisch gehandelt hätte wie nach dieser Darstellung. Dennoch wollte Theo keine offenen Bedenken anmelden, dazu stand seine Beziehung zu diesem Elfenedlen auf viel zu wackligen Füßen. Statt dessen stellte er eine weitere Frage.
    »Tut mir leid, ich bin sicher, das muß schmerzhaft für dich sein, aber warum war es, wie du sagst, so eine Überraschung, daß er trotz seiner Verbannung zurückkam? Schließlich hatte er schon einmal den Weg hierher gefunden. Es mag illegal oder gefährlich oder sonstwas gewesen sein, zurückzukommen, aber so furchtbar schwer kann es ihm nicht gefallen sein, oder?«
    Primel war immer noch in Gedanken versunken, deshalb antwortete Wuschel an seiner Stelle. »Wegen dem Kleeblatteffekt, Theo, schon vergessen? Jemand, ob Mensch oder Elf, kann von einer Welt in die andere hinübergehen, aber nur einmal hin und zurück. Nachdem dein Großonkel zurückgeschickt worden war, hätte er eigentlich kein zweites Mal kommen können. Nicht dürfen – können. Fürst Klee und seine Mitarbeiter verwendeten viel kraftgeladene Wissenschaft darauf, eine solche Möglichkeit auszuschließen. Falls es Schlupflöcher gibt, sind sie keinem von uns bekannt.«
    »Das heißt, falls es mir irgendwann gelingen sollte, von hier wegzukommen, kann ich nicht zurückkehren.« Das klang zwar im Augenblick nicht sehr beängstigend, aber es war das erste Mal, daß er sich die Tatsache vor Augen führte. »Niemals?«
    »Nicht

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