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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zu dem Schluß, daß der Hund, wenn er wirklich Furcht riechen konnte, selten etwas anderes zu riechen bekam. Er zermarterte sein Gehirn nach den Antworten, die er auf etwaige Fragen zu geben hatte, doch angesichts der langsam auf ihn zukommenden und mit erhobener Nase schnüffelnden Bulldogge konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Mein Gott, dachte er, was ist, wenn Stracki wieder Radio spielt und zu brabbeln anfängt?
    Eine schwere Hand legte sich auf Wuschels Schulter, und der Querz zuckte zusammen, was Theo ebenfalls zusammenzucken ließ. Der andere Schutzmann war durch die Hintertür des Busses gekommen und hatte sie als erster erreicht.
    »Weis dich aus!« Die Stimme wurde von seinem Helm gedämpft. Das verspiegelte Visier gab ihm das Aussehen einer lebensgroßen Kühlerfigur. »Deinen Wahrschein!«
    Wuschel nestelte das schillernde Ausweistäfelchen hervor, das Knopf ihm gegeben hatte – ob es wirklich eine hauchdünn geschnittene Steinscheibe war oder etwas anderes, hatte Theo noch nicht herausgefunden. Der Schutzmann studierte es eingehend, ließ seinen Blick über Wuschel schweifen und gab ihm den Schein zurück. Theo hatte seinen bereits in der Hand und reichte ihn dem vor ihn tretenden Schutzmann unaufgefordert. »Du bist aus Haselrute«, sagte der gesichtslose Mann zu Theo. »Was machst du hier?« Er faßte Stracki ins Auge, der die Augen geschlossen hatte und mit dem Kopf auf und ab ruckte, fest in den Klauen eines Panikanfalls, von dem Theo nur hoffen konnte, daß er wortlos bleiben würde. »Was ist denn mit dem los? Wo ist sein Wahrschein?«
    Theo langte in Strackis Tasche. Der Kondensator winselte bei der Berührung, aber ließ zu, daß Theo den gefälschten Paß herausnahm und dem Schutzmann reichte. »Er ist mein Vetter«, erklärte Theo, krampfhaft bemüht, ruhig zu bleiben und nicht zu vergessen, was er sagen mußte. »Er ist … nicht ganz richtig im Kopf. Er hat bei der Feldarbeit einen Unfall gehabt. Ich fahre mit ihm zum Elyseum, um für ihn eine Unterstützung zu beantragen.«
    Der andere Schutzmann war bei ihnen angekommen und versperrte den vorderen Ausgang. Der Hund war jetzt so nahe, daß Theo die mattschwarze Schnauze hätte tätscheln können – nicht daß er derlei vorgehabt hätte. Andere Passagiere im Bus drehten sich interessiert um, sichtlich erleichtert, daß das Auge des Gesetzes auf jemand anders als sie gefallen war.
    »Und dein Name ist …?« Das war ein Trick; der Schutzmann hatte sich seinen gefälschten Wahrschein bereits angeschaut.
    »Mauerpfeffer.« Vor Glück, daß es ihm wieder eingefallen war, hätte Theo beinahe laut gejubelt. Es war ein gängiger Bauernname. »Hans Mauerpfeffer heiße ich. Und mein Vetter Peter hier ist eine Myrte.«
    Der Schutzmann starrte ihn lange an, dann wechselte er von Visier zu Visier einen Blick mit seinem Kollegen, der daraufhin die Leine des Hundes locker ließ. Das Tier trat einen Schritt näher, beugte sich über den schreckensstarr dasitzenden Wuschel Segge und beschnupperte Theo und Stracki, wobei es soviel Luft einsog, daß Theo den Zug spüren konnte. Das Licht in seinen Augen flackerte wie eine Fackel hinter dickem Glas. Die Wirkung war hypnotisierend …
    »Ich sagte, wo wohnst du in der Stadt?«
    Theo schüttelte sich, um seine Gedanken wieder zu sammeln. »In Dimpftelheide. Mein Onkel wohnt da im Heim, aber er ist zu gebrechlich, um noch mit Peter irgendwohin zu fahren. Aus dem Grund bin ich in die Stadt gekommen.« Sie gingen immer noch nicht. Er beschloß, es mit Dreistigkeit zu versuchen. »Geht es hier immer so zu? Ich habe gehört, irgendwelche Leute wollten das Parlament stürzen. Ist das der Grund für die ganze Aufregung?«
    Die Schutzleute wechselten abermals einen verspiegelten Blick, dann reichte der Ausfrager Theo den Schein zurück. »Du hast bis Sonnenuntergang im Heim zu sein. Und wenn du im Elyseum bist, vergiß nicht, deine Adresse zu melden. Alle Auswärtigen müssen offiziell registriert werden. Sonst könntest du am Schluß Bekanntschaft mit einer von Fürst Eisenhuts Zellen machen, und das wäre kein besonders erfreulicher Urlaubsaufenthalt für einen vom Lande wie dich.« Er wartete, bis sein Kollege den Schwarzen Hund wegzog, dann begaben sie sich gemeinsam zum Vorderausgang.
    Nachdem der Bus wieder angefahren war, brachte Theo minutenlang kein Wort heraus. Stracki Nessel schien zu weinen.
     
    I n langsamer Schlängelfahrt gelangten sie in das Herz der Stadt, durch Dämmerstund und bis über die

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