Der Blumenkrieg
mich empfinden, weil du meinst, du könntest mich doch noch irgendwie einspannen, dann wirst du dir wünschen, du wärest mir niemals begegnet. Darauf kannst du dich verlassen. Verstanden?«
Er war so erleichtert, daß er fast gelacht hätte. »Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du für eine Hundertfünfjährige ein ziemlicher Drache bist? Ich wette, der Ogerbubi von neulich hat immer noch Albträume.«
Sie sah ihn verständnislos an. »Ogerbubi …?«
»Als du mich aus dem Wagen geworfen hast, bei unserer gemeinsamen Fahrt in die Stadt.« Sein Lächeln wurde ein wenig verzwungen.
Der Tag damals lag ihm immer noch schwer im Magen. »Es wird dich freuen zu hören, daß Apfelgriebs mir wegen der Art, wie ich dich behandelt habe, erklärt hat, ich wäre ein Hornochse.«
»Hornochse?«
»Hm, wahrscheinlich ein Menschenausdruck, für den es bei euch keine Entsprechung gibt. Ein Idiot. Ein rücksichtsloser Trottel.«
Poppi nickte. »Dann hoffe ich, daß du sie retten kannst. Sie hat wenigstens Verstand.«
»Versteh einer die Frauen! Da hassen sie sich wie die Pest, aber wenn es darum geht, festzustellen, daß die Männer Schweine sind, sind sie ein Herz und eine Seele.«
»Weil die Männer Schweine sind.« Ein winziges Lächeln stahl sich in ihr Gesicht, doch sie wurde gleich wieder ernst, so als wäre sie noch nicht ganz bereit, diese Waffe aus ihrem Arsenal zum Einsatz zu bringen. »Heißt das, du glaubst mir, daß ich deiner Freundin nicht helfen kann?«
»Sicher. Ich versuche, nicht zu sehr darüber nachzudenken, sonst fühle ich mich gleich wie der mieseste Abschaum der Welt. Ich sitze hier gemütlich in einem netten Restaurant, und sie steckt unter einer Glasglocke.«
»Aber wenn sie dich haben wollen, werden sie ihr nichts tun. Sie ist bloß eine Fee. Sie hat keine Bedeutung.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Ich denke, das habe ich einmal geglaubt. Aber gerade habe ich gemeint, daß sie keine Bedeutung für die Leute hat, die sie gefangenhalten. Nieswurz ist grausam, aber er ist vor allen Dingen auf Macht aus. Sein Sohn und … und diese andere Kreatur, denen wäre alles zuzutrauen, aber er wird sie ihnen erst dann ausliefern, wenn er sie nicht mehr braucht. Mit anderen Worten, wenn er dich hat. Solange du frei bist, wird sie vermutlich mehr oder weniger unbehelligt bleiben.«
Theo seufzte und lehnte sich zurück. »Mir wird ganz schlecht bei dem Thema. Laß uns von etwas anderem reden. Was hast du vor? Wo wohnst du zur Zeit? Wirst du in deine Schule zurückkehren?«
»Willst du das wirklich wissen?« Ihre Bedürftigkeit war ihm ein wenig ungeheuer, doch dann erinnerte er sich, daß sie auch stahlhart sein konnte, daß er sie nicht unterschätzen durfte. Der vorlaute Oger hatte aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich immer noch Albträume.
»Ja, wirklich. Und ich denke, ich hätte jetzt auch gern ein Glas Wein.«
Sie wohnte bei einer Freundin namens Drusilla, ließ sie ihn wissen, einem Mädchen, das sie aus der Schule kannte, das aber vor der Zeit abgegangen war, um einen jungen Burschen zu heiraten, der studierte und Medikus werden wollte. Die beiden lebten in einem kleinen Haus in dem heruntergekommenen Randbezirk Vormittag am äußersten Südende der Stadt – »Praktisch auf dem Mond, aber es ist ein süßes Häuschen, und Drusilla und Donnus sind sehr glücklich«, erklärte sie. Sie wisse nicht, ob sie weiter auf die Schule gehen solle. »Ich bin im letzten Jahr, und ich hasse die Schule. Sie wollen nicht, daß man echte Fragen stellt, man soll bloß genug lernen, um bei Tanzveranstaltungen mit den Jungen vom Internat Wünschelrute gebildet Konversation machen zu können.« Sie schnaubte. »Das ist nichts für mich, Theo. Ich engagiere mich derzeit bei Organisationen wie den Töchtern des Hains, um Leuten zu helfen, die durch den Krieg zu Schaden gekommen sind – mein furchtbarer Vater hat ihn angefangen, da ist das das Mindeste, was ich tun kann –, aber ich denke, letztlich ist auch das nicht meine Sache. Die meisten von diesen Frauen sind mehr darauf bedacht, bei ihren guten Werken gesehen zu werden, als darauf, sie zu tun. Als du mich vorhin gesehen hast, hatten wir eine halbe Stunde Verspätung, weil sie mit dem Ausladen nicht anfangen wollten, ehe die Schreiber und die anderen Spiegelleute da waren. Es ist wie bei den Jungblüten, bloß daß alle von einer Wolke von Verjüngungszaubern umgeben sind, die so dick ist, daß man kaum noch Luft kriegt. Ich kann das nicht
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