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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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mußten zurückspringen und riefen ihnen gesittete Schmähungen hinterher, aber Theo hatte keine Zeit für höfliche Entschuldigungen.
    Poppi hatte die schnittige Kleinkutsche bei der SpeiseKammer um die Ecke in einer Seitenstraße geparkt. Theo konnte nur in heller Panik von einem Fuß auf den anderen hüpfen, während sie den ungewohnten Türzauber zusammenstoppelte. Beim dritten erfolglosen Versuch kam eine massige Silhouette um die Ecke gewankt, stutzte kurz in der dunklen Straße und schraubte den behelmten Kopf nach links und rechts, mehr in der Art einer Radarantenne als wie ein lebendes Wesen, das nach jemand Ausschau hält. Wenn Theo noch irgendwelche Zweifel an der Identität ihres Verfolgers gehabt hatte, waren die damit ausgeräumt. Die Art, wie sich das Ding bewegte, war nicht normal, weder für einen Elf noch für einen Menschen. Die Arme hingen ihm schlaff an den Seiten herunter, und der Kopf drehte sich wie ein Maschinenteil.
    »Geschafft!« rief Poppi und riß die Tür auf. Theo rannte auf die andere Seite und stieg ein, wobei er nur flüchtig zur Kenntnis nahm, daß der Sitz sich auf eine beängstigend lebendige Weise um ihn legte, aber viel zu aufgeregt war, um darüber nachzudenken.
    »Fahr los!« sagte er. »Nichts wie weg!« Er schaute sich um. Mit steifen Beinen, aber dennoch grauenhaft schnell kam der falsche Schutzmann jetzt auf sie zugelaufen. Er sah das Gesicht unter dem Helm wackeln, schlaff und ausdruckslos, denn sein Träger war an der Bekundung von Gefühlen nicht interessiert, ja begriff dergleichen vielleicht nicht einmal. »Los! Schnell!«
    Der Motor röhrte auf, und der Wagen hüpfte geradezu vom Bordstein weg. Theo konnte nur beten, daß sie nicht in einer Sackgasse gestanden hatten. Nein, hatten sie nicht. Er drehte sich nach dem Monster um, das ihnen hinterhersah. Nichts in seiner Haltung sprach von Niederlage oder Enttäuschung. Es würde schlicht und einfach weitermachen – ja, es schritt schon wieder aus, während es ihren Blicken entschwand. Theo war auf einmal von einer tiefen Dankbarkeit erfüllt, daß es sich bis jetzt keines geflügelten Körpers bemächtigt hatte. Anscheinend ging es nicht planvoll vor, und somit hatte seine furchtbare Sturheit wenigstens eine erfreuliche Nebenwirkung.
    Dennoch, vor die Wahl gestellt, wäre er lieber nicht von einem gnadenlosen, unsterblichen Ungeheuer verfolgt worden, selbst wenn es einen Charakterfehler hatte. Aber das Schicksal dachte nicht daran, ihm die Wahl zu lassen.
     
    E ine halbe Stunde später bog sie in die Zufahrtsstraße zur Wunderwehrbrücke ein, parkte den Flitzer und stellte die Scheinwerfer aus. Er nahm ihre Hand. »Tja, ziemlich aufregendes Rendezvous, was?« Er versuchte zu lachen, doch es wollte nicht recht gelingen. Um dieses ganze Grauen witzig zu finden, mußte man schon einen höchst perversen Humor haben.
    »Was wirst du jetzt tun?«
    »Mit Apfelgriebs? Oder mit … dir und mir?«
    Sie zuckte die Achseln, lächelte traurig. »Mit beidem, denke ich. Der Zeitpunkt für uns ist nicht besonders günstig, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß eigentlich gar nichts. Aber ich werde nicht einfach verschwinden, falls du das befürchten solltest. Das heißt, es könnte natürlich doch passieren, aber wenn, dann nicht aus freien Stücken.«
    »Sag nicht so was, Theo. Wir finden einen Weg. Ich habe Freunde, und einige davon kennen einflußreiche Leute …«
    »Kann sein, aber niemand, auch wenn er noch so einflußreich ist, kann Nieswurz jetzt noch aufhalten, und aus irgendeinem Grund, den mir keiner erklären kann, bin ich in die Sache verwickelt.« Es gab jede Menge Fragen, die er ihr noch stellen sollte, erkannte er, Sachen, die die Tochter von Nieswurz’ Partner eher wissen konnte als andere Leute, aber es war zu spät, und er war einfach zu zerschmissen. »Sehe ich dich wieder?«
    »Natürlich.« Sie nahm seine Hand, zog sie an die Lippen, drückte sie an ihre Wange. Er streichelte ihre schwarzen Haare. »Natürlich.«
    »Ich muß nachdenken. Ich muß mich umhören. Ich kenne auch ein paar Leute. Aber ich rufe dich bald an – falls mir eine Möglichkeit einfällt, mache ich es diesmal sogar selbst.«
    Ihr Kuß drohte wieder in viel weitergehende Intimitäten auszuarten. Es fiel seinem Verstand außerordentlich schwer, in seinem Körper einen Mehrheitsentscheid herbeizuführen, sie gehenzulassen: Seine Füße und Beine wollten schlafen, nachdem sie den ganzen Tag gegangen und gelaufen waren, doch die übrigen

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