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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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überraschte Blick, den er mir zuwarf, hatte eine Wirkung auf mich, die von den Schlägen nur noch verstärkt wurde. Er konnte nicht glauben, daß irgend jemand, und sei es ein anderer Goblin, so vermessen sein konnte, sich mit ihm anzulegen. Verstehst du? Seiner Meinung nach war es sein gutes Recht, diesen Gepäckträger totzuprügeln. Und in der Tat, von den vielen Elfen der verschiedensten Art, großen und kleinen, die an der Bushaltestelle warteten, wandten einige sich betroffen ab, doch die meisten sahen einfach zu. Sie waren nicht erstaunt, nicht empört.
    Ich verlor die Beherrschung, Theo Vilmos. Er versetzte mir ein, zwei Hiebe, während ich mich an seinem Bein festkrallte – weil ich dicht an ihm klebte, konnte er nicht so fest zuschlagen, wie er gern gewollt hätte –, und bevor er mich mit einem Zauber bewegungsunfähig machen oder um Hilfe rufen konnte, sprang ich an ihm hoch und riß ihm den Hals auf, so daß er verblutete. Jawohl, mit diesen Zähnen.«
    Theo schwieg lange, wußte nicht, was er denken sollte. Auf jeden Fall war Knopf nicht mehr die freundliche, leicht skurrile Figur, für die er ihn gehalten hatte, doch als er jetzt darüber nachdachte, mußte er sich trotz seines inneren Widerwillens fragen, ob es diesen Knopf in Wahrheit je gegeben hatte. Nein, er war Theos Wunschbild gewesen, eine Art Mahatma Gandhi der Elfenrevolution.
    Knopf lächelte, hielt jedoch diesmal die spitzen Enden seiner Fänge bedeckt, vielleicht mit Rücksicht auf Theos bestürzte Miene. »Der Dreck Laus Knopf, den du jetzt siehst, gefällt dir nicht besonders, was? Dann sollte ich dir sagen, daß ich noch einmal getötet habe, nein, zweimal. Beide Male, um mich zu verteidigen und der Gefangennahme zu entgehen, denn einmal gefangen, Theo, hätte ich mit Sicherheit nach ein paar Monaten Zwangsaufenthalt in Fürst Eisenhuts Kerkern irgendwo in einer Kalkgrube geendet oder einem Ofen. Beide Opfer würdest du, glaube ich, nicht sonderlich betrauern, aber dadurch wird das Vergehen in deinen Augen vielleicht nicht geringer. Es waren Elfen, Leute von deiner Art. Ich hatte nicht das Recht, mich ihnen zu widersetzen, geschweige denn, sie zu töten. Doch ich tat es.«
    »Solche Leute sind nicht von meiner Art, ob ich mich jetzt als Elf oder als Mensch sehe.«
    »Tja, aber die Grenze ist nicht so leicht zu ziehen, Theo Vilmos, wie ich dir, glaube ich, neulich schon sagte. Du hast mir, ähem, bereits geholfen. Infolge dieser Hilfe können Leute ums Leben kommen. Keine Unschuldigen, hoffe ich, aber der Krieg ist ein Dämon in einer Kiste, und wenn der Deckel aufgeht, fliegt er, wohin er will.«
    Theo war nicht mit der Absicht zum Brückenturm gekommen, Knopfs persönlichen Hintergrund zu erforschen, dafür war er zu sehr von seinen eigenen Problemen in Anspruch genommen, aber er merkte, daß der Goblin einen ganz bestimmten Plan verfolgte und ihn bewußt in eine Zwickmühle gebracht hatte. Weitere Löcher, dachte er. Er straffte sich, begegnete dem buttergelben Blick des Goblins. »Wenn du mich fragst, ob ich mich dir anschließen will, dann lautet die Antwort nach wie vor, ›nicht rückhaltlos‹. Ich sympathisiere mit dir. Ich bin lange genug hier, um zu erkennen, daß vieles im Argen liegt, daß eine Veränderung not tut. Und deine Feinde sind vermutlich auch meine Feinde. Ich weiß nicht – was willst du von mir hören? Ich möchte weiterhin deine Hilfe haben. Ich werde mich weiterhin bemühen, dir zu helfen, sofern ich es für vertretbar halte …«
    Knopf schüttelte amüsiert den Kopf. »Du bist kein Soldat, Theo Vilmos, soviel ist gewiß. Soldaten dürfen solche Unterscheidungen nicht treffen. Aber ich habe Soldaten – Leute, die tun, was sie gesagt bekommen, und die erst hinterher darüber nachdenken, falls überhaupt. Und ich nehme an, daß du so lange, wie wir nicht wissen, warum du für Nieswurz, Stechapfel und ihre Lakaien so wichtig bist, eine recht gute Verhandlungsposition hast.«
    »Apropos tun, was man gesagt bekommt«, meinte Theo: »Was genau haben wir eigentlich mit Stracki im Elyseum gemacht? Ich habe auf dem Bildschirm – oder auf dem Spiegel, sollte ich wohl sagen – irgend etwas über die Einreisegenehmigung für einen Gastarbeiter und ein Stück Vieh gesehen.«
    Knopf nickte. »Ja. Und du und Stracki Nessel und Wuschel Segge und Kleiderhaken, ihr habt euren Auftrag sehr gut erledigt.«
    »Aber was hat das zu bedeuten? Was hast du davon, daß du eine Person und ein Tier in die Stadt einschmuggelst –

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