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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einer sehr konventionellen Schicht, und es war ihm ein Anliegen, sich mit uns und den anderen Arbeitern auf dem Familienanwesen zu unterhalten. Er lernte sogar ein paar Worte Goblinisch, die er, ähem, gern übte.« Er kicherte und mußte sich etwas Tee von der Unterlippe wischen. »Bei der Pfahlwurzel, er hat eine grauenhafte Aussprache! Wie ein Mann mit einem zappelnden Basilisken im Mund. Aber verrate ihm ja nicht, daß ich das gesagt habe!« Er schaute erneut nach den Leibwächtern, um zu sehen, ob die ihn gehört hatten. »Es ist bewundernswert, daß Caradenus es zu lernen versucht, aber als er seine Kenntnisse zum erstenmal an mir und zwei meiner Gefährten ausprobierte, trat er wahrhaftig auf uns zu und sagte in unserer Sprache: ›Gruß, mein Kopf ist Primel der kleinste, und ihr seid befohlen, eure Namen mit mir zu essen.‹ Nun ja, die Unterwürfigkeit ist eine tiefverwurzelte Gewohnheit, was auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, daß meine Leute früher in fast allen hohen Häusern wegen mangelnden Respekts getötet wurden und jedes Arbeitslager in Weide und Birke eine große Grube hat, in die man die Leichen der Goblins wirft, die zu Tode geschunden wurden oder Vorgesetzten nicht gehorchten; deshalb lachten wir nicht. Wobei ihm das nichts ausgemacht hätte, wie ich später herausfand, beziehungsweise ihm hätte nur die Tatsache etwas ausgemacht, daß er die Wörter so falsch gebraucht hatte.«
    Theo wollte nicht allzuviel an die Gruben denken. »Und so wurdet ihr Freunde?«
    Knopf blickte verdutzt. »O nein. So einfach ging das nicht – ich bin mir immer noch nicht sicher, ob wir uns als Freunde bezeichnen sollten. Er und ich kommen aus verschiedenen Welten, fast so wie du und ich. Aber wir haben oft miteinander geredet und voneinander gelernt. Er, ähem … ähem – entschuldige, ich habe eine alte Verletzung an der Kehle –, er dachte mehr über die Probleme der Welt nach als die anderen Blumen, die ich kannte, obwohl wir in den Lösungen nicht immer einer Meinung waren und er sich nach wie vor sehr stark an äußerst konservative Begriffe von Ehre und Tradition gebunden fühlte, auch als er schon grundlegendere Dinge in Frage stellte wie zum Beispiel die Unterschiede zwischen den einzelnen Elfenarten und die Ungleichheiten in unserer Gesellschaft.«
    Der Goblin nahm einen langen Schluck Tee. »Primel war mir eine große Hilfe, als ich ihn dringend brauchte, obwohl er damit, glaube ich, gegen seine Grundsätze verstieß. Aber wie sehr er sich von seinesgleichen unterscheidet, sieht man auch in deinem Fall, wo er seine Ehrenschuld gegen die neuen Erkenntnisse abwog und zu dem Schluß gelangte, daß er sich geirrt hatte, genau wie er, wenn es darauf ankam, selbst seine festen Überzeugungen einer Überprüfung unterzog. Auf jeden Fall half er mir in einer Situation zu fliehen, in der niemand aus seiner Schicht auch nur daran gedacht hätte, so zu handeln.
    Also sagte ich meiner Familie und unserer bescheidenen Stellung in der Gesellschaft Lebewohl. Als Primel mir wieder begegnete, war auch er dabei, seiner Sippe den Rücken zu kehren, obwohl sich der Vorgang bei ihm mehr im Herzen als im Kopf abspielte. Er liebte seine Familie, nicht wahr, und konnte, wer sie waren, nicht strikt davon trennen, was sie waren.« Knopf goß sich wieder etwas Tee ein und füllte dann auch Theos Schale nach. »Er war noch nicht bereit, gänzlich mit den Verhältnissen zu brechen, in denen er großgeworden war, und ich denke, er hegt immer noch eine gewisse Hoffnung, sie könnten einfach … umgestaltet werden. Ich sehe das nicht so.« Er bleckte seine langen Zähne; es war kein Lächeln. »Aber wir sind uns darin einig, daß es eine Veränderung geben muß, und er ist ein Ehrenmann. Mit anderen Worten, Theo Vilmos, nein, Caradenus Primel und ich sind nicht richtig Freunde – ich fürchte, die Kluft zwischen unseren Völkern ist zu groß –, aber wir haben etwas gefunden, das für uns beide nützlich und vielleicht sogar tröstlich ist.«
    Theo trank Tee. Irgendwie hatte er den Faden verloren. »Aber du sagtest, er hätte dir geholfen zu fliehen … Wovor? Es hörte sich an, als hättest du einfach für deinen Vater gearbeitet, und dann …« Er ließ die Schale sinken. »Oh. Ich verstehe. Das ist das Loch in der Geschichte, was?«
    Knopf nahm wieder einen Schluck.
    »Soll ich raten? Du mußtest fliehen, weil du etwas getan hattest – weil du in Schwierigkeiten warst. Stimmt’s?«
    Knopf schwenkte die Neige in seiner

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