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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Veilchens Angebot einverstanden, wobei ich mir dachte, daß seine Pläne mich wenig zu interessieren brauchten: Ich würde auf eigene Faust nach Elfien zurückkehren, und die Veilchenfamilie würde ihren Sproß niemals zurückfordern können. Ich hatte natürlich recht, aber nicht so, wie ich mir das in jener Nacht vorstellte.«
    »Und das Baby, das Elfenkind … das war ich.«
    Ein langes Schweigen trat ein. »Ja, Theo. Das warst du. Was immer dir das zu diesem späten Zeitpunkt noch nützen mag, ich kann bestätigen, daß du als Septimus Veilchen geboren wurdest und daß sich die Befürchtungen deines Vaters in vollem Umfang erfüllten. Du bist das letzte lebende Mitglied des Hauses Veilchen.«

 
37
Die Ebenholzkiste
     
     
    S eptimus? Ich heiße Septimus?«
    »Jein«, antwortete Dowd. »Du und ich nehmen die Vornamen, die hier gebräuchlich sind, wenigstens bei den Elfenfamilien der Oberschicht, als antike, größtenteils römische Namen wahr. Septimus heißt lateinisch ›der Siebte‹, denn das ist der Name, den sie dir gegeben haben.«
    »Jesses, das ist ja noch schlimmer. Ich heiße ›Nummer sieben‹? Sie haben es nicht mal für nötig gehalten, sich einen Namen für mich auszudenken?«
    »Sie haben vielleicht nicht viel Phantasie darauf verwendet, dir einen Namen zu geben, Theo«, die hauchige Stimme klang für ihre Verhältnisse weiterhin relativ freundlich, »aber deine Brüder und Schwestern wurden alle im Blumenkrieg getötet. Sie haben dir etwas besseres gegeben als einen originellen Namen: das Leben.«
    »Und auf die Weise bin ich dann bei meinen andern Eltern gelandet? Du hast das Kind deiner eigenen Nichte geraubt und mich dafür zurückgelassen.«
    Dowd holte rasselnd Atem. »Auch wenn es dir nicht viel bedeutet, bereue ich heute, was ich getan habe. Mehr, als du dir denken kannst.«
    »Erzähl mir einfach, was geschehen ist. Nein, erzähl mir von meiner richtigen Familie.« Er hatte Mühe, die ganzen Informationen zu verarbeiten. Die Entdeckung, daß sein totgeglaubter Großonkel – der gar nicht sein Großonkel war, wie er erst kürzlich herausgefunden hatte – in Wirklichkeit lebte, wäre schon erstaunlich genug gewesen. Aber von seiner wahren Familie zu hören und gleichzeitig zu erfahren, daß sie alle tot waren … Theo war zumute, als hätte er Fieber: Sein Kopf schien über dem Körper zu schweben, aber die Meldungen, die ihn von diesem Körper erreichten, waren Übelkeit und Unwohlsein. Er schaute sich nach Wuschel um und verspürte plötzlich eine starke Abneigung gegen seinen bewußtlosen Freund, gegen alle Bewohner dieser Welt, an deren Existenz er bis vor einem Monat noch nicht geglaubt hatte, aber die dennoch sein ganzes Leben vollkommen umgekrempelt hatte.
    Gut, aber sei mal ehrlich: ein tolles Leben war das nicht, stimmt’s?
    »Wir reden jetzt schon lange, und ich bin müde«, erklärte Dowd. »Ich bediene mich normalerweise mehrerer widernatürlicher Mittel, um diesen verkrüppelten Körper funktionstüchtig zu erhalten, und in letzter Zeit bin ich einfach nicht dazu gekommen, sie mir zuzuführen. Und ehrlich gesagt habe ich nicht meine halbe Lebenskraft für einen Irrha geopfert, der dich zu mir bringen sollte, bloß damit ich dir erzählen kann, was für nette Leute deine richtigen Eltern waren. Auf jeden Fall gibt es Dinge in meiner eigenen Geschichte, die du zuerst hören mußt.«
    Theo hatte nicht die Kraft, ihm zu widersprechen. Der irrwitzige Lagerraum kam ihm allmählich wie die Kulisse eines existentialistischen Theaterstücks vor, in dem er für alle Zeit einer körperlosen Stimme lauschen mußte, die ihm erklärte, wie grausam und sinnlos das Universum sei. »Gut, okay. Sprich.«
    »Also. Der Morgen meiner Verbannung kam. Die Büttel der Parlamentswache kamen, um mich zum Strohblumenplatz zu bringen, der so gut wie leer war. Gerüchte von aufziehenden Streitigkeiten zwischen den Fürstenhäusern hatten einige der mächtigeren Familien bewogen, zu Hause zu bleiben, und ohnehin hatten mein sogenanntes Verbrechen und der Prozeß die Gemüter nur kurzfristig aufgewühlt – inzwischen verbreiteten sich aufregendere Meldungen. Nur ein paar gewöhnliche Elfen, die gerade auf dem Weg zur Arbeit an dem Platz vorbeikamen, verweilten einen Moment, um mit anzusehen, wie ein Mensch in seine Welt zurückexpediert wurde.
    Mein Urteil wurde von einem kleinen Parlamentsbeamten verlesen – er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die offizielle Uniform anzuziehen. Ein

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