Der Blumenkrieg
lästiger Hindernisse, ganz zu schweigen vom Herrn und der Herrin des Hauses Primel und allen ihren Lakaien im Parlament. Ich hatte schreckliche Phantasien! Dagegen nehmen sich die Scheußlichkeiten, die Nieswurz verübt hat, regelrecht zahm aus.
Außer den Büchern und Artefakten, die ich vorher gesammelt hatte und die all die Jahre über eingelagert gewesen waren, gab es nur eine Sache, die mir weiterhelfen konnte, einen überaus nützlichen Anhaltspunkt: den verzauberten Stein, den der Beseitiger mir gegeben hatte, den Gegenstand, der seinen Handlanger so unfehlbar zu mir geführt und der auf irgendeine Weise meine Seele kurzfristig vom Körper getrennt hatte. In Elfien herrschen sehr strenge Naturgesetze, wie gesagt, und jedes Ding, das in einer derartigen Magie verwendet wird – oder einer derartigen Wissenschaft, wie man hier sagen würde –, das behält gewisse Spuren seines Benutzers zurück.
Es dauerte mehrere Jahre, bis ich eine Möglichkeit, eine sehr gefährliche Möglichkeit entdeckt hatte, wie ich mir den Zauberstein zunutze machen konnte. Die Suche war extrem anstrengend, vor allem weil viele der Quellen, die ich studieren mußte, über die ganze Welt verteilt waren. Darum stellte ich während dieser Zeit meine äußere Fassade wieder her: Ich machte mich so zurecht, daß ich ungefähr so alt aussah, wie ich offiziell war, und wie früher gab ich mich als Weltreisender und Altertumsforscher aus, der zudem ein respektables Mitglied der Gemeinschaft war. Wobei keineswegs alle meiner Informanten und Helfer auf solche Dinge Wert legten. Einige von ihnen führten ein viel absonderlicheres Leben als ich. Du würdest staunen, Theo, wenn du wüßtest, wie viele Menschen – nun ja, manche sehen nur wie Menschen aus – ein Schattendasein auf Erden führen und alles daransetzen, wieder nach Elfien oder in eines der anderen, weniger bekannten Länder zurückzukehren.
Jedenfalls hatte ich irgendwann den vermutlich einzigen Weg entdeckt, wie ich je wieder nach Neu-Erewhon kommen konnte. Dennoch standen die Chancen nicht gut, und als ich meiner Nichte Anna diesen Entschuldigungsbrief schickte, den du gelesen hast, da glaubte ich wirklich, daß ich höchstwahrscheinlich sterben würde. Vielleicht wäre es besser so gewesen.«
Theo hatte vom langen Stehen schon ganz schwere Beine. Er war müde und jetzt, wo seine schlimmste Angst vergangen war, auch ein wenig hungrig. Aber mehr als alles andere war er mittlerweile richtig wütend. Sein ganzes Leben – ein Leben, das immer ein bißchen ziellos gewirkt hatte – erwies sich jetzt zum großen Teil als das Ergebnis von Plänen und Machenschaften, die andere Leute ausgeheckt hatten. »Ja, vielleicht wäre das besser gewesen«, sagte er. »Und was geschah dann? Wie bist du zu einem … wie bist du so geworden, wie du bist? Einer, der sich nicht sehen lassen mag? Und vor allem, warum bin ich eigentlich hier? Warum hast du dieses Zombieding hinter mir hergeschickt, statt mich einfach in meiner eigenen Welt weiterleben zu lassen, unwissend zwar, aber ganz zufrieden mit meinem vermeintlichen Menschsein?«
»Ich werde dir antworten, Theo, aber nur weil ich es so will. Du tust so, als hättest du ein Recht darauf.« Die Stimme war wieder eiskalt geworden. »Du bist ein typischer Amerikaner deiner Zeit. Du glaubst, das Universum sollte Regeln haben wie ein Brettspiel: Wer mogelt wird bestraft, und der Redliche gewinnt. Unsinn. Das ist blanker Unsinn.«
Theo trat ein paar Schritte in die Mitte des Raumes vor. »Ich habe es satt, mit der Luft zu reden.«
»Keinen Schritt weiter!« Klang da hinter der Ungehaltenheit Furcht durch? »Dein Querzfreund dient mir als Unterpfand für dein Wohlverhalten, Theo. Vergiß nicht, ich bin nicht dein Großonkel, also spekuliere lieber nicht auf irgendwelche Familienbande. Wir sind in keiner Weise miteinander verwandt.«
Theo konnte sich nicht bezähmen, er mußte laut lachen. »Familienbande? Scheißdreck. Du hast mich meinen Eltern weggenommen, hast das richtige Kind meiner Stiefeltern gestohlen, alles nur wegen deiner gottverdammten egoistischen Ziele. Ich glaube nicht, daß ich derjenige bin, der hier Familienbande ausnutzt, oder?«
Nach kurzem Schweigen sprach Dowd mit ruhigerer Stimme weiter. »Ich will dir ja sagen, was du wissen willst, Theo. Bitte, höre einfach zu. Du bist nicht der einzige, dem das hier schwerfällt.«
Theo forderte ihn mit einer ärgerlichen Handbewegung auf, weiterzureden. Es war sinnlos, mit ihm
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