Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
herumzustreiten. Das alles lag Jahrzehnte zurück.
    Aber für mich ist es neu.
    »Um es kurz zu machen, mein Experiment gelang, wenn auch nicht so, wie ich gehofft hatte. Ich überschritt die Schwelle, aber auf eine vollkommen andere Weise als bei meinem ersten Mal …« Eamonn Dowd hatte begonnen, ein wenig rascher zu sprechen. Theo fand, daß er nervös und gereizt wirkte, und fragte sich, womit er Dowd so auf die Palme gebracht hatte. Er konnte doch nicht im Ernst erwartet haben, daß jemand solche Nachrichten freudig aufnahm.
    Dabei bin ich, wenn man’s recht bedenkt, bis jetzt verdammt ruhig geblieben, zumal er sowieso sämtliche Karten in der Hand zu halten scheint. Also was ist los mit ihm? Wovor hat er Angst? Theo spähte in die düstere Ecke. Vielleicht ist er einer wie der »große und schreckliche Oz«. Vielleicht gibt es irgend etwas an ihm, das ich nicht zu Gesicht bekommen soll, und diese ganze Nummer mit »Ich bin ja so häßlich« ist bloß Verstellung. Er tat so, als träte er ruhelos von einem Fuß auf den anderen, und schob sich dabei langsam vorwärts.
    »Es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, was mir widerfahren war«, sagte Dowd gerade. »Ich gelangte zwar nach Elfien – aber nicht vollständig. Genau wie der Beseitiger es vorher beabsichtigt hatte, vollzog ich den Übergang als körperloser Geist. Ob mein physischer Körper gleich in dem Moment starb oder erst, nachdem ich ihn eine Zeitlang verlassen hatte, weiß ich nicht, aber mir war klar, daß ich ihn für alle Zeit aufgab. Ich kann dir nicht sagen, was für ein grauenhaftes Gefühl das war, und werde es gar nicht erst versuchen.
    Ich kam hier in diesem Haus an, aber es war nicht genauso, wie du es jetzt vor dir siehst. Ich kann es nicht besser erklären, als daß ich in meinem körperlosen Zustand das Haus des Beseitigers in einer größeren Form sah, mit Zugängen zu Seinsebenen, deren Existenz ich nur vermutet hatte. Mein Gott, wie wenig die meisten Leute doch ahnen! Und im Zentrum des Ganzen, im Mittelpunkt seines Netzes von Intrigen und Experimenten, saß der Beseitiger lästiger Hindernisse wie eine multidimensionale Spinne. Ein kaum vorstellbarer Haß erfaßte mich. Ich hatte keinen sterblichen Körper mehr, und so wurde ich dieser Haß. Hier vor mir war das Ungeheuer, das mich betrogen und aller Hoffnung beraubt hatte! Wie ein Hund, der lange von einem sadistischen Besitzer gequält wurde und der endlich die hemmende Kette zerreißt, war ich nur von einem einzigen Gedanken besessen: Angreifen. Vernichten.
    Ich überrumpelte ihn, denke ich, und das verschaffte mir einen Vorteil. Was er auch in Wahrheit sein mochte, der Beseitiger war jedenfalls stark und viel versierter als ich – selbst mit dem Überraschungsmoment auf meiner Seite hätte ich normalerweise keine Chance gehabt, aber in der Dimension, wo wir kämpften, war meine Wut eine ganz reine, mächtige Kraft. Möglicherweise bewirkten auch die besonderen Gesetze Elfiens, daß er geschwächt wurde, weil er sein mir gegebenes Versprechen gebrochen hatte. Er hatte mich nicht aus der Menschenwelt zurückgebracht, wie er mir geschworen hatte – sein Handlanger hatte einen Fehler gemacht. Wenn er sein Wort gehalten und mich dann getötet oder mich körperlos meinem Schicksal überlassen hätte, dann hätte sich auf dem See der Wirklichkeit nicht die leiseste Welle gekräuselt … doch er hatte sich nicht an die Abmachung gehalten. In Elfien hat so etwas seinen Preis.
    Wir kämpften lange. Er aber hatte einen Körper, zudem einen entstellten und verkrüppelten – und was das heißt, verstehe ich heute mehr als jeder andere. An diese mißgestaltete Hülse gefesselt hatte er nicht die Kraft, einen langen Kampf durchzuhalten. Nachdem seine ersten und gefährlichsten Versuche, mich zu zerstören, fehlgeschlagen waren, wußte ich, daß ich letzten Endes gewinnen würde. In dieser seltsamen Dimension war er wie eine Qualle aus Dunkel und Blitz, ich aber brannte wie ein Komet – weißglühend, lodernd vor Haß. Als seine Kräfte nachließen, versuchte er ein letztes Mal, mich von seiner Seinsebene zu vertreiben, doch ich hatte die Oberhand und richtete seine eigene Kraft gegen ihn. Seine Seele, oder was es sonst war, entfloh kreischend in die äußerste Finsternis, und ich blieb erschöpft, aber siegreich zurück. Mit letzter Kraft legte ich seinen leeren Körper um mich wie eine Decke, und damit war ich wieder richtig in Elfien. Doch ich steckte jetzt im verfaulenden, widerlichen

Weitere Kostenlose Bücher