Der Blumenkrieg
Erscheinung könnte auf ihn zugehen und ihm kameradschaftlich auf den Rücken klopfen. »Du hast doch gewiß den Dämon noch nicht vergessen, der dich in deinem Haus aufspürte und dich angriff.«
»Leider nein.«
»Ein solches Wesen läßt sich nicht lange von einer Fährte abbringen. Du könntest ihm nicht einmal dann entgehen, wenn es dir möglich wäre, täglich zwischen deiner Welt und unserer hin- und herzuwechseln. Wie die Dinge liegen, würde es dich mühelos finden, sobald du in dein normales Leben zurückgekehrt wärst. Und beim nächstenmal wird keine Jungfer Apfelgriebs zu deiner Hilfe da sein und keine Tür zu deiner Flucht bereitstehen.«
Theo erinnerte sich an das schreckliche Gesicht mit den herauslaufenden Augen, und ihm wurde mit einemmal feucht unter den Armen. »Was willst du damit sagen? Daß es mich eines Tages einfach … erwischt? Egal, was ich mache?«
»Das wollen wir nicht hoffen. Doch es wird eines raffinierteren Verstandes als des meinigen bedürfen wie auch eines besser ausgestatteten Labors, um herauszubekommen, was für ein Wesen das ist und wie man es beseitigt oder besänftigt. Das ist noch ein Grund, weshalb du meine Freunde in der Stadt aufsuchen solltest. Sie haben bessere Verbindungen als ich, sitzen näher an den Quellen der Kraft … und damit natürlich auch der Macht. Ich habe mich, wie du siehst, für das zurückgezogene Leben eines armen Philosophen und Wissenschaftlers entschieden.«
»Du sagtest, ›noch ein Grund‹. Wie war denn der erste Grund?« Theo kam plötzlich der Gedanke, Rainfarn oder seine Verbündeten selbst könnten ihm das Leichenmonster auf den Hals gehetzt haben, um sicherzugehen, daß er sich ihrem Willen fügte. »Warum ich? Du hast davon gesprochen, daß es irgendwelche, was weiß ich, Gruppen gibt. Politische Parteien. Und daß eine von denen mit mir reden will. Warum?«
»Ich bin nicht befugt, dir zuviel zu enthüllen, weil es sein könnte …« Rainfarn zögerte, dann hob er noch einmal an. »Du hast eine lange Reise vor dir, verstehst du, und …« Auch dieser Ansatz schien nicht der richtige zu sein, denn er zog unter einem der mit Geräten vollstehenden Tische einen Hocker hervor und setzte sich darauf, wobei er seine langen Beine spitz anwinkeln mußte. Er hatte sehr teuer aussehende Velourslederhausschuhe ohne Strümpfe an. »Ich muß das ein wenig ausführen.« Er setzte seine Brille auf, beugte sich näher an einen seiner Apparate heran und bewegte die Hand vor dem silbernen Bildschirm, der augenblicklich blaugrün wurde. Dabei stieg ein Dunstwölkchen von der funkelnden Fläche auf, verflog aber rasch, kaum daß er sich wieder zu Theo und Apfelgriebs umgedreht hatte.
»Dein Volk, Junker Vilmos, und mein Volk leben schon seit sehr langer Zeit eines im Schatten des anderen. Nicht immer in Eintracht, muß man dazusagen. Als wir anfangs das Aufkommen deiner Art bemerkten, wurden unter uns Stimmen laut, die meinten, wir sollten …« Er stockte.
»Die was meinten?« wollte Theo wissen. »Daß ihr uns ausrotten solltet wie Ungeziefer?«
Rainfarn winkte unwillig ab. »Wir sollten nicht vom Thema abschweifen.«
»Vom Thema abschweifen? Gehört das vielleicht nicht zum Thema?«
»Tatsache ist, daß unsere beiden Völker, anfänglichen Bedenken zum Trotz, es geschafft haben, die Welt lange Zeit gemeinsam zu bewohnen – nicht die Welt, wie dein Volk sie kennt, sollte ich klarstellen, sondern die Welt, die uns beide beherbergt, oder die Welten, besser gesagt. Es gibt nicht nur eine Welt, verstehst du? Die beiden überschneiden sich. Oder vielmehr, sie koexistieren, deine Welt und unsere Welt, wenn auch nicht immer auf der physischen Ebene.«
»Physische Ebene? Welten, die sich überschneiden?« Theo ärgerte sich, daß Rainfarn einen ganz offenkundig wichtigen Teil der Geschichte unterschlug, nämlich das Bestreben einiger Elfen, sämtliche Menschen abzuservieren. Er wurde wie ein Kind behandelt, und das weckte in ihm den Drang, sich vorsätzlich wie eines zu verhalten. »Das klingt in meinen Ohren wie Astrologie oder so was«, sagte er und fläzte sich lang in den Sessel. »So Zeug hab ich noch nie ausstehen können. Ich hatte mal eine Freundin, die mir ständig erzählte, ich wäre retrograd, und in Wirklichkeit meinte sie einfach, daß ich mich wie ein Arschloch verhielt.«
Rainfarns Lächeln bekam wieder einen Anflug der vorherigen Eiseskälte. »Ja. Gut. Mit Rücksicht auf deine nicht zu übersehende Müdigkeit möchte ich mich nicht
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