Der Blumenkrieg
würden, euer Volk und unseres schlichtweg zu trennen und damit zu erreichen, daß wir unbeeinflußt voneinander leben können, doch sie sind in der Minderheit. Die meisten anderen möchten eure Zivilisation zerstören, zerrütten oder unterwerfen. In letzter Zeit scheinen sie mit dem normalen und legalen Procedere des Parlaments der Blüten die Geduld zu verlieren. Es gibt Befürchtungen, sie könnten sogar die direkte Konfrontation mit uns Andersdenkenden betreiben.«
Theo bemühte sich, aus alledem schlau zu werden – es glich dem, was Apfelgriebs ihm erzählt hatte, doch es kamen viel mehr lange Wörter darin vor. »Und Sie gehören welcher Gruppe an …?«
»Wie ich, glaube ich, bereits erwähnte, bin ich ein Koextensiver, ein Vertreter der Mitte. Unserer Ansicht nach müssen wir einen Weg finden, mit euch zu leben, aber nicht unbedingt, indem wir einfach alles mitmachen. Wir betätigen uns auch in eurer Welt gelegentlich ein wenig und beeinflussen Ereignisse, wo wir können. Wir haben Freunde mit erstaunlich guten Verbindungen.«
»Reiche menschliche Spinner«, wisperte Apfelgriebs deutlich und lachte dann so ungestüm, daß sie von Theos Schulter rutschte und heftig mit den Flügeln schlagen mußte, um nicht auf den Boden zu fallen. Glucksend flatterte sie neben seinem Ellbogen in der Luft. »Menschen, die … an Elfen … glauben wollen!« Sie flog einen schwungvollen Looping. »Riesenrösser!«
Theo sah sie besorgt an.
»Oh, bei allen …!« Rainfarn verfolgte Apfelgriebs’ wackligen Flug mit strengem Blick. »Heinzel? Heinzel? Wann wurden diese Beeren gepflückt?«
»Im Spätherbst, Herr«, antwortete die körperlose Stimme. »Als sie reif waren.«
»Fluch und Verdammnis! Die Gärpitzel müssen hineingeraten sein, denn die Fee hier ist so betrunken wie ein Nix auf Landurlaub.« Er stand auf, trat an einen der Schränke und zog eine Schublade auf. »Hier, du mißratener Krümel, ist ein Stapel Handtücher. Da leg dich hin und schlaf deinen Rausch aus!«
Apfelgriebs eierte einen Moment lang vor Theos Gesicht herum. »Nicht viel Gewicht, gelt?« sagte sie. »Ich, meine ich. Da braucht’s nicht viel … das sagen auch die Jungs immer …« Sie hickste. »Laß dir bloß keine Beeren mehr von ihm geben«, ermahnte sie Theo in theatralischem Flüsterton. »Die machen meschugge!« Die Fee flog schlingernd zu der Schublade und verschwand darin. Gleich darauf hörte Theo ein leises, aber unglaublich hohes Schnarchen, das klang, als zöge jemand einen Bogen über den Steg einer Geige hin und her.
»So, wegen dieser Unterbrechung habe ich jetzt vergessen, was ich sagen wollte.« Rainfarn schüttelte den Kopf.
»Irgendwas über die Partei, der du angehörst …?«
»Ah ja, die Koextensiven. Nun, wir haben unser eigenes Programm, aber wir meiden erklärtermaßen die Extreme. Es bedarf keiner Verzweiflungstaten und Gewaltmaßnahmen, jedenfalls im Augenblick und auf absehbare Zeit. Aber genausowenig dürfen wir zulassen, daß andere über unser Schicksal entscheiden.«
Theo erkannte den unverwechselbaren Auftakt zu einer politischen Propagandarede. »Aber was ist mit mir? Wie passe ich in das alles hinein?«
Sichtlich ungehalten blickte Rainfarn ihn an, setzte dann aber gleich wieder sein betont neutrales Gesicht auf. »Ah, ja, du, Junker Vilmos.«
Er kann seine Gefühle also doch nicht so gut verbergen, wollte es Theo scheinen. Oder er spielt ein noch dunkleres Spiel als ich dachte.
»Ich kann dir nicht verraten, was meine Kontakte von dir wollen. Nicht deshalb, weil ich nicht wollte«, fügte der Elf hastig hinzu, »sondern weil ich es selbst nicht weiß. Einige der wichtigsten Parlamentsmitglieder gehören dazu, sowohl Koextensive als auch Symbioten, und sie haben mich nicht über die Hintergründe ihres Interesses aufgeklärt. Aber sie wollen dich sehen.«
»Wahrscheinlich wegen dem Buch meines Großonkels«, meinte Theo. »Wie wär’s, wenn du es ihnen einfach gibst? Wenn sie damit glücklich sind, können sie mich dann ja nach Hause lassen.«
Rainfarn schüttelte den Kopf. »Leider geht das nicht so. Die Anweisungen, die ich erhalten habe, sind eindeutig: Ich soll dich in die Stadt senden, damit sie dort persönlich mit dir zusammentreffen können. Sie … haben mir das sehr nachdrücklich aufgetragen.«
Theo kam plötzlich der Gedanke, Rainfarns Verhalten könnte sich deshalb verändert haben, weil er mit diesen höheren, mächtigen Leuten geredet hatte und sie ihn hatten wissen lassen, daß
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