Der Blut-Mythos
die vorhandenen Zeugen die Umwandlung kaum richtig hatten begreifen können.
Sie konnten mit dem Schatten nicht viel anfangen. Dafür aber mit der Gestalt, die plötzlich in der Gasse stand. Groß, schwer und düster. Auf der Stirn mit einem glühenden D, als wäre dieser Buchstabe von einem Brandeisen hinterlassen worden. Mallmann blieb auch nicht stehen. Er ging sofort auf die Gruppe zu, die sich um seine Geliebte scharte. Sie wollte Blut. Man machte es ihr schwer, aber Dracula II wollte ebenfalls den Lebenssaft der Menschen fließen sehen.
Er, der sich sonst gern versteckt hielt, kannte keine Rücksicht mehr. Auf dem Weg zu Chronos würde er sich durch nichts und niemanden aufhalten lassen.
Er wollte ihn. Seinetwegen hatte er sich auf den Weg gemacht und sich auch die Waffe besorgt.
Er holte die Schere hervor. Sie war breit, beinahe schon mit einer Heckenschere zu vergleichen.
Er umklammerte die Griffe und hielt dieses tödliche Werkzeug noch geschlossen. Erst wenn Chronos erschien, würde er es öffnen. Er war da. Er spürte ihn. Der Blut-Mythos war nahe, und Dracula II wollte ihn ein für allemal auslöschen.
Maritas wütende Schreie regten ihn auf. Man ließ sie nicht an das Blut heran. Das wollte Dracula II ändern. Er steckte voller Haß und auch voller Gier.
Nichts hielt ihn auf. Es war ihm egal, wer ihn sah, er wollte ans Ziel.
Jemand trat in den Weg. Es war ein junges Mädchen, das ihm einen Blick zuwarf, sich umdrehte und schreiend weglief. Mallmann ließ sich nicht beirren. Er hatte die Clique erreicht, die seine Geliebte umstand. Er konnte durch eine Lücke schauen und sah, daß sich die Untote gegen eine Übermacht zu wehren hatte. Die Menschen schienen begriffen zu haben, daß dieses Wesen nicht so einfach zu besiegen war. Es steckte ein, teilte aber auch aus, doch es gelang ihm nicht, an das Blut eines Opfers heranzukommen.
Mallmanns Kräfte waren ungeheuer. Mit einem Hieb bahnte er sich seinen Weg. Wie Puppen stieß er dabei zwei menschliche Hindernisse zur Seite. Ihm war wichtig, Marita zur Seite zu stehen.
Sie wurde von vier Typen umklammert. Selbst sie schafften es nicht, die Untote zu Boden zu reißen. Sie hatte sich breitbeinig hingestellt und drehte sich jetzt sogar, damit sie die menschlichen Kletten wegschleudern konnte. Noch hingen sie an ihr fest. Einer schrie wütend auf und schlug Marita ins Gesicht.
In diesem Moment war Mallmann bei ihnen.
Eine kurze Bewegung seiner rechten Hand reichte aus. Im nächsten Moment traf die Schere das Ziel.
***
Der junge Mann, der geschlagen hatte, stand plötzlich wie angewurzelt auf der Stelle. Er konnte den Schmerz nicht fassen, der durch seinen Rücken tobte. Er wußte nicht, was geschehen war, aber sein Mund füllte sich mit Blut. Mallmann wußte es schon. Er hatte die schwere Schere wieder zurückgezogen. Auf ihrem Metall lag ein rötlicher Schleier, der von der Spitze zu Boden tropfte.
Er hatte es getan. Keiner hatte ihn daran hindern können. Zeugen waren genügend da. Nur traute sich niemand, ihn anzugreifen. Die Geräusche schienen plötzlich verstummt zu sein, und eine denkwürdige Stille hatte sich ausgebreitet.
Der Getroffene brach zusammen. Er fiel sogar noch der Vampirin in die Arme, die von den anderen losgelassen worden war. In dieser Umgebung gab es nur einen Herrscher - Dracula II.
Er wußte, wie stark er war. Er drehte den Kopf. Mit seinen düsteren Augen suchte er die Umgebung ab. In ihr hoffte er, Chronos zu finden, aber er sah ihn nicht.
Deshalb ging er weiter.
Neben ihm erschien plötzlich Marita. Die anderen Menschen hatten sich aus seiner Nähe zurückgezogen. Schrille Schreie gellten über den Kummelplatz.
Darum kümmerten sich weder Mallmann noch Marita. Sie faßte nur einmal nach seinem rechten Arm und hob ihn so weit ab, daß sie während des Gehens mit einem schnellen Zungenschlag das Blut von der Schere lecken konnte.
Beide verließen die beleuchtete Losbude. Die folgende Attraktion war die Geisterbahn, und über sie wußte Mallmann Bescheid. Dort würde er Chronos finden.
Der Betrieb war zu Ende. Die Geisterbahn lag in völliger Dunkelheit, denn die Lichter der Notbeleuchtung schimmerten schon an der Vorderseite.
Mallmann suchte den Blut-Mythos.
Er stand jetzt frontal vor der Geisterbahn. Neben ihm hielt sich Marita auf. Was in der anderen Umgebung geschah, interessierte ihn nicht, aber er sah, wie sich vor ihm eine Nottür bewegte. Man hatte die Tür in den vorderen Aufbau integriert.
Jemand schob
Weitere Kostenlose Bücher