Der Blut-Mythos
Sache zwischen uns. Ich habe dich gezwungen, Sinclair, auf meiner Seite zu stehen, und dabei bleibt es. Es kann nur dein Vorteil sein. Wehrst du dich, werde ich dich in eine Zeit schicken, aus der du nie mehr zurückfindest.«
»Ja, ich weiß es.«
»Habe verstanden«, sagte auch Suko. Er hob die Schultern, dann drehte er sich von Chronos weg, so daß ich seine Hand sehen konnte.
Die Geste war mit den Augen kaum zu verfolgen. Blitzartig verschwanden die Finger unter der Jacke, und Suko brauchte dort seinen Stab nur für einen Moment zu berühren, um den Kontakt herzustellen.
Er reagierte prächtig.
Das Wort Topar sprach er nicht mal laut, aber es war gut zu verstehen.
Auch für Chronos, der gemeinsam mit mir erstarrte und nichts mehr bewegen konnte…
***
Dafür handelte Suko. Er war der einzige, den der magische Schock nicht getroffen hatte. Obwohl ihm nur fünf Sekunden zur Verfügung standen, hatte er in dieser Spanne schon weit schwierigere Aufgaben gemeistert und oftmals mehrere Gegner außer Gefecht gesetzt. Hier hatte er es nur mit einem zu tun, und ihm mußte er die Uhr abnehmen. Da hatte er seinen Freund John gut verstanden.
Suko war schnell. Huschend bewegte er sich auf Chronos zu, der jetzt aussah wie eine Eisfigur. Die Arme halb ausgestreckt und zwischen den Händen die Uhr haltend.
Suko war auch jetzt vorsichtig. Er riß sie ihm nicht weg, weil er nicht wollte, daß die Finger durch eine heftige Bewegung doch gegen die Zeiger stießen. Zudem hatte seine Magie die Uhr nicht anhalten können, denn eine leises Ticken drang an seine Ohren.
So löste er mit nahezu gelassenen Bewegungen die Uhr aus dem Griff des Mannes. Mit zwei schnellen Schritten trat er zurück. Chronos hatte keine Chance, an ihn heranzukommen.
Dann war die Zeit vorbei!
***
Auch für mich, denn ich spürte den leichten Ruck, der immer dann eintrat, wenn ich aus der magischen Starre erwachte. Sofort dachte ich weiter und schaute auch nach vorn, wo sich Chronos nicht von der Stelle rührte und noch immer wie eingefroren aussah. Er war es nicht.
Nahezu verzweifelt starrte er auf die leeren Hände, mit denen er vor kurzem noch seine Uhr festgehalten hatte. Die aber befand sich jetzt in Sukos Besitz. Er hielt sie ebenso fest wie zuvor Chronos, und das konnte der alte Blutsauger nicht akzeptieren.
Er röhrte auf. Es war ein Laut, wie ihn kein Mensch produzieren konnte, aber Chronos schaffte es. Ein Schrei der Wut, vielleicht auch der Verzweiflung. Seine Augen verloren an Schwärze. Von innen her füllten sie sich mit Blut, denn jetzt war es mit seiner Passivität vorbei. Er stand wie auf der Startrampe. Durch den alten, steingrauen Körper rann ein Zittern. Das Maul öffnete sich noch weiter. Er war bißbereit, und ich stand ihm genau gegenüber.
Sehr günstig.
Aber ich hatte mein Kreuz gezogen. Chronos wollte sich auf mich stürzen, das sah ich sehr genau, da zuckte meine rechte Hand in die Höhe.
Er starrte nicht nur mich an, er glotzte auch gegen das Silberkreuz und seine gespreizten Hände, die schon auf dem Weg nach vorn waren, blieb plötzlich in der Luft hängen, weil ihn der Anblick bannte. Chronos blieb stehen.
»Sehr gut«, sagte Suko und zog sich weiter zurück. »Okay, verlaß die Geisterbahn!«
»Und dann?«
»Warte draußen auf mich!«
»Was ist mit Chronos?«
»Ich werde versuchen, ihn zu vernichten.«
»Soll ich das mit der Uhr auch?«
»Es wäre wohl am besten. Dann hätten wir Ruhe.«
»Nein!« meldete sich Chronos mit schwerer Stimme, denn er stand noch immer unter dem Bann des Kreuzes. »Sie ist nicht gut für euch. Ihr könnt nichts anfangen. Wichtig ist sie für Dra…«
Plötzlich war Shao da. Keiner von uns hatte sie gehört. Aber wir sahen, wie entsetzt sie war. Sie war kaum in der Lage, ein Wort zu sagen und mußte zunächst einmal den Atem ausstoßen.
»Was ist denn?« fragte ich.
»Mallmann, John, er ist da!«
»Verdammt! Wo?«
»Draußen vor der Bude!«
Da lachte Chronos auf…
***
Die letzten Meter…
Dracula II flog sie langsam. Als mächtiger Schatten segelte er in die Gasse hinein. Während er dem Erdboden entgegenschwebte, verschwand seine Fledermausgestalt. Er verwandelte sich wieder in einen Vampir mit menschlichem Körper.
Die Schwingen zogen sich zurück und nahmen dabei die Form normaler Arme an. Auch Beine bildeten sich. Füße schabten über den Boden. Kleine Staubwolken wirbelten in die Höhe.
Alles war in den letzten Sekunden sehr schnell abgelaufen. So schnell, daß
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