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Der Blut-Pirat

Der Blut-Pirat

Titel: Der Blut-Pirat
Autoren: Jason Dark
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Suko stand als erster auf und schlich hoch bis zum nächsten Absatz. Ich folgte ihm. Beide lauschten wir den Trittgeräuschen, die von unten her hochdrangen. Da kam jemand die Treppe hoch, und wir konnten uns gut vorstellen, dass dieser Knabe Miller hieß.
    Wir standen günstig und konnten die Stufen hinab bis zum Absatz vor der entsprechenden Tür schauen, wo eine Gestalt in unser Sichtfeld trat, die erst einmal stehenblieb und sich mit einem großen Tuch den Schweiß von der Stirn wischte.
    Das war ein stiernackiger Bursche mit dunklem Kraushaar, das glänzte, als wäre es mit Fett eingeschmiert worden. Breite, leicht gerundete Schultern, den Kopf vorgestreckt und mächtige Arme, bei denen sich die Muskeln unter dem dünnen T-Shirt abzeichneten.
    Man soll ja nicht vom Aussehen eines Menschen auf den Charakter schließen, aber dieser Kerl kam mir vor wie ein Mafioso aus dem Bilderbuch. Allerdings einer von den unteren Rängen. So etwas wie ihn setzte man als Schläger ein.
    Er steckte das große Tuch wieder weg. Als die Hand wieder aus der Tasche hervorkam, hielt sie einen Schlüssel, der bestimmt passte, darauf hätte ich jede Wette angenommen.
    Eröffnete die Tür.
    Kein Blick nach rechts, keiner nach links. Zum Glück für uns ließ er sich Zeit, und als ich Sukos Nicken sah, war ich schon unterwegs. So lautlos wie möglich huschte ich die Stufen herab, Suko ebenfalls, und beide hielten wir die Berettas fest.
    So wie an diesem Tag war der Kerl wohl noch nie in seinem Leben überrascht worden. Er reagierte viel zu spät. Als er sich dann endlich gedreht hatte, glotzte er wie ein Auto und sah die beiden Mündungen auf sich gerichtet.
    Er hob die Arme leicht und fragte: »Was ist los?«
    »In die Wohnung gehen!« sagte ich.
    »Und weiter?«
    »Geh rein!«
    Er tat es. Da wir zu zweit erschienen waren, versuchte er keine Tricks.
    Wir ließen ihn in einen schmalen Flur gehen, in dem sich kein einziges Möbelstück befand. Da alle Türen offenstanden, fiel Licht aus den anderen Räumen in den Flur, so dass wir nicht im Dunkeln standen.
    »Gehen Sie dorthin, wo Sie immer hingegangen sind. Nur keine falschen Hemmungen.«
    Er schaute uns an und hob die breiten Rundschultern. Wir hatten auch sein Gesicht sehen können. Es wies Ähnlichkeit mit dem eines Boxers auf, der im Ring viel mitbekommen hatte.
    Er führte uns in einen großen Raum, wo zwei alte Sessel und ein Tisch standen. Der Kühlschrank in einer Ecke neben dem Fenster wirkte ein wenig deplaziert.
    Die Hände hatte er hochnehmen müssen. Erst dann durfte er sich setzen. Während ich vor ihm stand und ihm die Beretta zeigte, durchsuchte Suko ihn und holte einen stupsnasigen Colt-Revolver hervor. »Wie schön, unser Freund läuft mit einer Kanone herum.«
    »Ja, die Zeiten sind unsicher!« sagte ich und fragte ihn nach seinem Namen.
    Er schwieg.
    »Wie heißen Sie?«
    »Haut ab, ihr Stinker, sonst…«
    »Haben Sie Stinker gesagt? Sie wollen doch keine Scotland-Yard-Leute beleidigen – oder?«
    Er schwitzte plötzlich stärker. Dass wir Polizisten waren, damit hatte er nicht gerechnet. Wahrscheinlich hatte er uns für Konkurrenten gehalten.
    Nun aber sah für ihn alles anders aus, und seine Haltung entspannte sich etwas.
    »Ich habe übrigens einen Waffenschein«, sagte er.
    »Das glauben wir Ihnen sogar. Wir wollen trotzdem wissen, wie Sie heißen.«
    »Miller!«
    »Ach«, sagte Suko, der noch immer hinter ihm stand. »Das ist aber schön. Darauf wären wir nicht gekommen.«
    »Steht ja an der Tür.«
    »Dann haben Sie die Wohnung gemietet?« fragte ich.
    »Sicher.«
    »Ich könnte mir direkt einen anderen Namen vorstellen, Mister Miller, aber lassen wir das mal. Ich möchte gern zur Sache kommen. Die beiden Männer, die Sie hier erwartet haben, werden nicht kommen. Sie hatten das Pech, von uns festgenommen zu werden. Es ist ja wirklich nicht die feine englische Art, Blutkonserven zu stehlen. Schließlich werden sie dringend benötigt. Man lagert sie nicht zum Spaß.«
    Er zuckte zusammen. Mit der Zunge fuhr er über die dicken Lippen.
    Plötzlich war er aus dem Konzept geraten. Ein Spitzen-Mafioso hätte über diese Dinge nur gelacht, doch dieser Miller gehörte zum Fußvolk, und in einem Kreuzverhör würde er zusammenbrechen, das stand fest.
    »Sie werden das Blut nicht bekommen«, sagte Suko. »Da wird Ihr Boss ganz schön sauer sein.«
    »Welche Konserven? Welcher Boss?«
    »Einer, der gern ausgefahrene Gleise verlässt«, sagte mein Freund. »Ich könnte mir
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