Der Blut-Pirat
in der Nähe sehen müssen. Wir sahen ihn auch, nur anders, als wir es uns vorgestellt hatten.
Er lag auf dem Boden, als hätte er sich niedergelegt, um ein Stündchen zu schlafen. Der dichte Rasen wirkte dabei wie ein grüner Teppich.
Uns war klar, dass er das genau nicht getan hatte. Die bösen Ahnungen verdichteten sich. Suko stieg als erster aus. Ich blieb noch im Wagen sitzen, schaute in die Spiegel. Hinter uns rührte sich nichts. Der Garten lag dort als friedliche Landschaft und erinnerte mich dabei an ein Gemälde.
Als ich die Tür öffnete, richtete sich Suko wieder auf. Er war ziemlich blass geworden, schaute sich dabei gespannt und lauernd um, bis ich vor ihm stand.
»Es hat ihn erwischt, John!«
Ich schaute nieder und sah kein Blut. Als ich mich bücken wollte, hielt mich mein Freund fest. »Bevor du das tust, nimm deinen Dolch, der ist lautlos.«
Ich starrte ihn an. Ein Kribbeln lief über meine Haut. »Wieso Dolch? Ist er…?«
»Ja, er ist auf dem Weg, ein Vampir zu werden.« Mit dem Fuß drehte Suko die lebende Leiche um. Der Kopf rollte so, dass ich die linke Halsseite erkennen konnte.
Jetzt sah ich das Blut und ebenfalls die beiden kleinen Wunden, die wie Schnittstellen aussahen. Aus ihnen war der rote Lebenssaft gelaufen und hatte sich auf der Haut verteilt. Vor uns lag ein Vampir!
»Frag mich nicht, wer es getan hat, John. Es könnte da einige Möglichkeiten geben.«
»Das schätze ich auch.«
»Mach es!«
Es war einfach unsere Aufgabe, so schlimm es sich auch anhörte. Um mir den endgültigen Beweis zu liefern, weil er mein Zögern sah, drückte Suko die Oberlippe des Wächters zurück, und da sah ich die beiden Zähne, die schon spitz geworden waren.
»Überzeugt dich das jetzt?«
Ich nickte.
Dann tat ich es. Und ich kann wahrlich nicht behaupten, dass es mir Spaß bereitete, aber es musste leider gemacht werden. Als ich mich wieder erhob, nachdem ich die Klinge gereinigt hatte, legte mir Suko eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß, John, wie dir zumute ist, aber es gab keine andere Möglichkeit.«
»Natürlich.« Mit meinen Gedanken war ich schon woanders. »Ich frage mich nur, wer das getan hat und ob unser Freund Costello davon erfahren hat. Wie weit hat man ihn eingeweiht?«
Suko winkte ab. »Das interessiert mich nicht einmal. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es Rabanus gewesen sein soll. Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass ein zweiter Joker in diesem Spiel steckt. Muss ich dir den Namen sagen?«
»Nein!«
»Er hat schließlich auch seine Helfer geschickt, die die Bluträuber vernichten sollten.«
»Das stimmt genau!«
Die Stimme klang nicht mal laut, war aber in der Stille gut zu hören. Wir drehten uns um.
Hinter einem Gebüsch war eine Gestalt hervorgetreten. Dunkel gekleidet, dunkle Haare, eine hohe Stirn, auf der ein blutrotes D leuchtete. Das Zeichen für Will Mallmann, der sich auch Dracula II nannte…
***
Logan Costello hatte der Besuch der beiden Polizisten so gepasst, als hätte man ihm ein Pfund Zucker in seine Minestrone-Suppe gekippt. Er war sauer, er war wütend, was man ihm zum Glück nicht ansah, aber wer ihn kannte, der konnte seine Gefühle schon einschätzen, denn unter der dünnen Haut an der Stirn bewegte sich zuckend eine Ader.
Sie wussten Bescheid, die beiden. Nicht nur über ihn, auch über Rabanus. Ausgerechnet sie, die er am wenigsten erwartet hätte, hatten sich wieder eingemengt.
Wie er sie hasste! Wie er den Teufel hasste.
Und wie er sich selbst dafür hasste, dass er sich von ihm zu sehr in die Defensive hatte drängen lassen. Er hatte ihm einen Gefallen erweisen sollen, aber dieser Gefallen war eskaliert, und er sah sich als Zielscheibe im Mittelpunkt.
Costello ging wieder zum Fenster und schaute bis über die Klippen hinweg auf das Meer. Wieder regte sich nichts in seinem Gesicht.
Jegliches Gefühl war daraus verschwunden. Eingefrorene Züge und ein Mund, der sich aus Strichen bildete. In ihm kochte es. Er zitterte, selbst die Augen brannten, und er persönlich fühlte sich so außen vor, was ihm überhaupt nicht passte, denn sonst war er es gewesen, der die Befehle gab. Nun kam er sich selbst vor wie ein Rädchen in der großen Maschinerie, und das machte ihm zu schaffen.
Die früheren Jahre wollte er vergessen. Da hatte er sich mit den Mächten der Finsternis eingelassen, auch gern für sie gearbeitet, weil er Erfolge gesehen hatte, das aber stimmte jetzt alles nicht mehr. Man hatte ihn gezwungen und damit
Weitere Kostenlose Bücher