Der Blutengel
der sich auch nicht durch das Kreuz aufhalten ließ, und dieser verdammte Schatten hatte sein Ziel bereits anvisiert.
Es war Iris!
Sie zuckte nur, als die Geistgestalt des Engels plötzlich in sie hineinschwemmte. Von Suko wusste ich, was mit Dave Mitchell passiert war. Dass es zu einem weiteren Raub der Blutkörper gekommen war und er dies nicht überlebt hatte.
jetzt sollte mit Iris King das Gleiche passieren.
Ich kämpfte dagegen an.
Das Kreuz war für die Engel wichtig, aber das war nur die eine Seite. Es gab noch eine andere, und genau damit hatte ich es zu tun. Dieser Blutengel wollte keinen Menschen beschützen, er wollte ihn berauben, und das durfte ich nicht zulassen.
Bevor sich Iris versah, drückte ich ihr das Kreuz zwischen die schweißfeuchten Hände. Sie hatte nicht vergessen, was es für sie bedeutete, denn sie hielt es wie im Krampf fest. Es gab nur diese eine wirkliche Chance für uns, um den bösen Engel zu vertreiben, und ich hoffte, dass mein Kreuz das Richtige tat.
Ja, alles wies darauf hin!
Plötzlich erstrahlte die Gestalt der jungen Frau. Das Licht floss durch ihren Körper, das von meinem Kreuz ausging. Es verwandelte sie fast in eine übernatürliche Erscheinung, in eine Heilige, die so etwas wie eine Offenbarung erlebt hatte.
Iris sagte nichts. Sie saß auf dem Bett und hielt einfach nur das Kreuz fest. Was sich in ihrem Körper abspielte, sah ich nicht. Doch ich glaubte nicht daran, dass jemand dabei war, ihr die roten Blutkörper zu rauben.
Mit Hilfe des Kreuzes kämpfte sie gegen diesen Überfall an – und gewann. Das Strahlen sackte zusammen. Es ging blitzschnell. Innerhalb von Sekunden sah sie wieder aus wie sonst, aber die Haltung blieb nicht lange bestehen. Zuerst hörte ich das Seufzen. Dann verlor der Körper den Kontakt, und sie sank zur Seite. Langsam fiel sie nach rechts auf das Bett und blieb dort liegen.
Der Blutengel war nicht mehr zu sehen. Ich hatte auch nicht mitbekommen, dass er aus ihrem Körper herausgetreten wäre. Ob er noch darin steckte, wusste ich auch nicht.
Ich ging auf das Bett zu und beugte mich darüber hinweg. Das Kreuz war Iris aus den Händen gerutscht. Es lag jetzt neben ihr, und ich nahm es an mich.
Iris atmete und stöhnte leise vor sich hin. Ich streichelte durch ihr schweißnasses Haar und beugte mich ihr dabei tief entgegen, um sie anzusprechen.
»Iris...«
Sie gab keine Antwort. Zumindest sprach sie nicht, doch aus ihrem Mund drang ein würgender Laut, der nicht grundlos passiert war. Wenig später sah ich etwas auf ihrer Zunge, das dann aus dem offenen Mund rann und ebenfalls ihre Lippen benetzte.
Es war eine helle, leicht schaumige Masse. Man konnte sie als flüssige Watte ansehen, aber ich hatte einen ganz anderen Verdacht, der näher liegend war.
Für mich verließ eine Flüssigkeit den Mund, die auf den Namen Ektoplasma hörte. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ektoplasma war die Masse, aus der ein Geist bestehen konnte.
Es war mir nicht neu, denn ich hatte es schon einige Male aus den Mündern von medial begabten Menschen fließen sehen. Und jetzt rann es über die Lippen der Iris King und bildete vor ihrem Gesicht eine kleine Lache auf dem Bett.
Ich ließ ihr die Zeit, auch die letzten Reste hervorzuwürgen. Sie strengte sich dabei an. Ihr Gesicht verlor die Blässe. Die Anstrengung rötete das Gesicht, und dann sickerten auch noch die allerletzten Reste aus ihr hervor.
Sie war erschöpft. Völlig groggy, und deshalb ließ ich sie in Ruhe. Ich wollte, dass sie zu Kräften kam, aber ich wusste auch, dass ich in diesem Fall einen ersten Sieg errungen hatte. Es war ihr nicht so ergangen wie Mitchell, denn sie hatte überlebt. Nicht so ihr Angreifer, denn ihn hielt ich für vernichtet. Was da aus dem Mund der jungen Frau geflossen war, sah ich als Reste an.
Iris King lag so auf der Seite, dass sie mir von unten her schräg ins Gesicht schauen konnte. Bisher war ihr Blick leer gewesen, doch mit fortlaufender Zeit bekamen ihre Augen wieder einen normalen Ausdruck, und sie erkannte auch, wer bei ihr saß.
»Sie sind es.«
»Ja.«
»Was ist denn passiert?«
»Einiges, würde ich sagen. Aber davon später. Ich denke, dass Sie sich erst mal erholen sollen.«
»Ja, vielleicht.« Sie wollte sich wieder aufrichten, und ich half ihr dabei. Dabei fiel ihr Blick auf die Schleimreste des Ektoplasma. Sie schrak kurz zusammen und flüsterte: »Was ist das denn?«
»Darüber reden wir später.«
»Gut«, flüsterte sie, »gut.«
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