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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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trat. »Mit denen möchte ich mich nicht gemein machen. Saufbrüder, Raufbolde und Maulhelden allesamt. Kuno sucht sich die Freunde, die zu ihm passen.«
    »Dass Berthold ihn so nachhaltig schätzt, kann ich nicht verstehen.«
    »Er schätzt ihn nicht, Rupert. Er benützt ihn. Kunos Hass auf Barbarossa macht ihn zum willigen Werkzeug für Berthold. Er kann ihm Aufträge erteilen, die er keinem Gefolgsmann von Ehre übertragen könnte.«
    »Weißt du, was du da sagst?«
    »Nur zu gut, mein Freund. Unser Herr bewegt sich auf schmalem Grat.«
    Schweigend folgten sie in gutem Abstand der Gruppe, die offensichtlich ebenfalls das Lager am Fuß der Burg ansteuerte. Fröhlicher Lärm scholl ihnen schon auf halbem Weg entgegen. Lachen, Musik und Stimmengewirr stiegen, wie die Funken aus zahllosen Feuern, zum Nachthimmel auf. Das lebhafte Treiben hier bildete den denkbar krassesten Gegensatz zur höfischen Betriebsamkeit auf der Burg.
    »Da geht es ja hoch her«, sagte Rupert und sprang zur Seite, um nicht mit einem Kriegsknecht zusammenzustoßen, der mit einer kichernden Magd im Schlepptau das Dunkel suchte. »Seine Eminenz weiß, wie man das Volk bei Laune hält – gebt ihm Brot und Spiele.«
    Ein torkelndes Paar rief ihm die Episode des vergangenen Morgens wieder in den Sinn. Hoffentlich hatte die Beerensammlerin seine Empfehlung beherzigt. Ein eigenartiges Geschöpf, das ihm der neue Tag da über den Weg geschickt hatte. Ärmlich, aber auch stolz und anmutig. Ein paar Herzschläge lang hatte er sie doch tatsächlich mit der Tänzerin der Kaiserhochzeit verwechselt. Im Nachhinein belächelte er den Irrtum.
    Kaum zu glauben, wie diese Ägypterin seine Gedanken beherrschte. Die Erinnerung gaukelte ihm inzwischen Trugbilder vor, er glaubte sie schon fast in jedem Frauenzimmer zu entdecken.
    Mach dich nicht lächerlich, mein Freund. Genügt es nicht, dass dich der Vohburger bis heute damit verspottet, dass du die Spur des Wunderwesens, das Barbarossa verführen sollte, verloren hast?,
rief er sich selbst zur Ordnung.
    Ungeachtet dessen weckte die Melodie einer Fidel, die irgendwo ganz in der Nähe ertönte, sein Interesse. Er schob Wolf in die Richtung, wohl wissend, dass diesem eigentlich nach Unterhaltung nicht der Sinn stand. Wolf hatte einen Sohn und seine Frau, die bei dessen Geburt im Kindbett verstarb, verloren und war danach, im Jahre 1147 , mit dem Kaiser auf Kreuzfahrt gegangen. Rupert wusste von keiner Frau, die sein Interesse seit dieser Zeit geweckt hätte.
    »Du solltest deine Vorliebe für tanzende Dirnen nicht ins Kraut schießen lassen«, warnte er Rupert denn auch. »Warum die Ägypterinnen sich derart verunstalten und ihre Schönheit hinter einer abstoßenden Wangenbemalung verbergen, wird mir im Übrigen immer ein Rätsel bleiben.«
    Unvermittelt waren sie mit Ruperts Gedrängel in die erste Reihe der Schaulustigen geraten. Nur widerwillig machte man ihnen Platz.
    Der Feuerschein färbte Flitterkleider und Schleiertücher rot, während die Tänzerinnen vor ihnen wie die Derwische um die eigene Achse wirbelten. Ihre Bewegungen zerflossen zu einem Strudel aus Haaren, braunen Armen und stampfenden Füßen. Dazwischen blitzten immer wieder die Schellentrommeln auf, lockte ein Mund mit halb offenen Lippen, eine Flatterbluse entblößte für die Dauer eines Lidschlags Brüste. Die Unruhe der Männer um Rupert und Wolf nahm stetig zu. Die Zurufe wurden schlüpfrig, die Gesten eindeutig.
    Eine Sirene inmitten der Frauen zog dabei die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Kein Stammeszeichen entstellte ihr Gesicht. Goldfarben schimmerte die straffe Haut von der Stirn bis zur Wölbung des Busens. Augen, schwärzer als Kohle, und Lippen in der Farbe von Mohnblüten entfachten Begierde.
    »Es ist die Falsche«, brummte Rupert, der Wolfs plötzliche prüfende Blicke bemerkte.
    »Immerhin kann ich jetzt nachvollziehen, was dich zu deinem abenteuerlichen Vorschlag geführt hat«, antwortete Wolf trocken. »Der Teufel soll mich holen! Wer diese Hexe nicht begehrt, muss scheintot sein.«
    »Trotzdem hält sie keinem Vergleich mit der Tänzerin stand, die ich für die Mission im Auge habe. Diese hier ist …«, er suchte nach dem passenden Vergleich, »… schwerer Wein. Sie geht sofort ins Blut und du bist betrunken, ehe du begriffen hast, in welcher Gefahr du schwebst. Die Essenz meiner Ägypterin ist in den Kupfergefäßen eines Zauberers destilliert worden. Sie dringt dir unter die Haut, weckt den Wunsch, das Geheimnis zu

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