Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Auf die Knie mit dir.«
»Lasst sie in Ruhe«, unterbrach Beatrix ihre Begleitung. Mit einer Handbewegung schickte sie die Damen auf Distanz. »Ich will wissen, was sie zu sagen hat.«
Der ersten Musterung ließ sie jetzt eine genauere Prüfung folgen. Die Hüften provozierend vorgeschoben, hielt die Dirne diesem Blick stand. Aus ihren Augen sprach offen der Hass. Beunruhigt wich Beatrix vor ihr zurück.
»Also rede. Wer bist du? Wie heißt du und was willst du?«
»Es ist richtig. Ich gehöre zu den Trossdirnen.«
»Und was tust du im Garten des Kaisers?«
»Ich wollte sehen, wie es ist. Wie Aliza hier lebt.«
»Aliza? Woher kennst du Aliza?«
»Wir sind zusammen aufgewachsen. Ich bin eine Tamara. Aliza ist keine. Sie ist eine Verräterin. Sie ist schuld. An dem hier!« Sie deutete auf ihre Narbe. »Und an allem anderen. Sie hat unsere Sippe auf dem Gewissen. Sie ist die Tochter des Teufels!«
»Was redest du für törichtes Zeug? Warum verleumdest du sie?«
»Verleumdung, pah! Es ist die Wahrheit. Die reine Wahrheit. Sie ist eine Spionin des Zähringers. Im Auftrag Bertholds soll sie dem Kaiser das Blut erhitzen. Barbarossas Buhle soll sie werden, wenn sie es nicht schon ist. Sie versteht es, den Männern den Kopf zu verdrehen, bis sie sich ihretwegen zum Narren machen. Sie hat auch mir den Bräutigam verhext. Sie ist ein Dreckstück. Sie wird’s Euch beweisen. Ich kenne sie. Scheinheilig ist sie und falsch.«
Ein hässliches Lachen voller Schadenfreude und Schamlosigkeit ließ Beatrix erschauern.
»Du lügst!«
»Das hab ich nicht nötig. Ich bin Sizma, die Tochter von Tibo und Danitza. Leena wurde nach Danitzas Tod meine Ziehmutter. Sie hat auch das Teufelskind vor dem Tod gerettet, aufgezogen und zu meiner Schwester gemacht. Aliza hat es ihr gedankt, indem sie ihr und den anderen den Tod brachte. Es ist an der Zeit, dass sie für ihre Sünden bezahlt. Lang genug hat es gedauert. Sorgt dafür, dass es geschieht, ehe sie auch Euch unglücklich macht.«
Beatrix wollte es nicht glauben.
»Woher solltest du von einer Intrige des Zähringers wissen? Fürsten besprechen sich nicht mit Trossdirnen! Du saugst dir das aus den Fingern!«
Ihr Widerspruch kümmerte die Frau nicht im Geringsten.
»Glaubt es oder glaubt es nicht. Tatsache ist, sie soll den Kaiser dazu bringen, dass er Burgund wieder den Zähringern gibt. Keiner sollte erfahren, woher sie kommt und wer sie ist, deswegen mussten alle anderen sterben.«
»Jedes deiner Worte ist gelogen.«
»Fragt doch Eure feine Aliza. Oder gleich den Kaiser? Obwohl – ob er Euch die Wahrheit sagt? Es heißt, Rothaarige gefallen ihm besser als Blonde.«
Der Stich saß.
Sizma erfasste, dass sie gesiegt hatte. Sie lachte triumphierend, wirbelte auf nackten Sohlen herum, rannte davon.
Erst jetzt wagte es Agnes von Tennenburg, sich der Königin wieder zu nähern.
»Um Gottes willen, Majestät. Ihr seid weiß wie ein Laken auf dem Bleichanger.«
Zehntes Kapitel Verantwortung
Aliza
Villa Lutra, 7. Januar 1157
D ie Königin blieb wütend vor Aliza stehen.
Gekardete Wolle quoll über die Ränder des Korbes zu ihren Füßen. Spinnen war ersichtlich nicht Alizas Lieblingsbeschäftigung. Immer wieder riss der Faden zwischen ihren Fingern. Klappernd stürzte jetzt auch die Tonspindel zu Boden und zerschellte. Aufgebracht wie nie zuvor, achtete Beatrix kaum auf die Scherben, die bis unter ihre Rocksäume flogen.
»Geht in die Halle zur Morgenmahlzeit voraus«, befahl sie ihren Frauen, Aliza jedoch hielt sie zurück. »Du bleibst.«
Die Tür fiel zu. Jetzt waren sie allein.
»Ich will die Wahrheit hören.« Beatrix hüllte sich enger in ihren Mantel. »Wem dienst du?«
»Euch, Majestät.«
»Ist es nicht Berthold von Zähringen, der dich als Spionin bei mir eingeschleust hat?«
Sie wusste alles. Die Erkenntnis lähmte Aliza die Zunge.
»Ich warte. Hat der Zähringer dir Auftrag gegeben, mich zur Närrin zu machen?«
Natürlich. Sie musste es irgendwann einmal erfahren. Von wem hat sie es? Von Sizma? Aber wie das? Wo können sie sich begegnet sein? Was nun? Lügen bringen wenig Aufschub. Ich muss die Wahrheit sagen, habe sie viel zu lange verschwiegen.
»Berthold von Zähringen hat meine Schwester und mich auf die Burg nach Donaustauf bringen lassen«, gestand Aliza zögernd. »Im Auftrag des Fürstbischofs. Wir sollten unserer sündigen Tänze wegen gerügt werden.«
»Und?«
»Es war ein Vorwand. Ihr wisst es inzwischen.«
»So war also alles Verrat?
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