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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Beziehungen lagen hinter ihm, und er fragte sich, ob er versuchen sollte, den Kontakt zu Margarete zu vertiefen. Im Grunde wollte er sich gerne längerfristig binden, vielleicht sogar für immer, aber bei dem Tempo, mit dem neuerdings seine Beziehungen zu Ende gingen, konnte es einem schwindelig werden – ein, zwei Missverständnisse, ein paar unglückliche Formulierungen und dumme Zufälle, und eine Liebe, an die man große Erwartungen geknüpft hatte, ging über die Klippe. Dennis hatte einen Kollegen, der sich einmal im Monat bei ihm darüber ausweinte, dass er keinen Kontakt zu Frauen fand. Bei Dennis war es anders. Frauen flogen ihm zu, aber er konnte keine halten. Vielleicht war es auch ein Symptom der Zeit.
    Er schob einen Overhead zur Seite und durchsuchte die Landkarten. Man konnte hier überhaupt nichts tun, ohne ständig mit den Projektoren zu rangieren – es war wie eines dieser Zahlenpuzzles, bei denen man fünfzehn Zahlen in einem Quadrat umherschob, in dem immer nur ein Feld frei blieb.
    Während er die schweren Rollen mit den Karten von Afrika, Asien, Nordamerika und Skandinavien nach hinten schob, befiel ihn ein seltsames Gefühl. Die Härchen in seinem Nacken stellten sich auf.
    Verunsichert strich er sich mit der Hand über Hinterkopf und Schultern und blickte hinter sich. Da war nichts. Hatte die Beschäftigung mit den Karten irgendeine unangenehme Erinnerung geweckt? Er suchte in seinem Gedächtnis und fand nichts, lauschte in die Stille des Raumes hinein und hörte nichts.
    Mittlerweile hatte er die Mittelmeer-Karte aufgestöbert. Sie lag zuunterst – wie sollte es auch anders sein? Für einen Moment war es ihm, als rieche er das Parfum seiner Kollegin. War sie vor ihm hier gewesen? War es das? Reichte ein Hauch ihres Parfums aus, um ihm eine Gänsehaut zu bescheren?
    Er kämpfte, um die Karte herauszubekommen, und dachte dabei an Heidelinde Reich. Er gab sich alle Mühe, mit ihr auf eine kollegiale Basis zu kommen, aber sie behandelte ihn wie einen Fremden. Es tröstete ihn nicht, dass sie zu allen so abweisend war. Dennis war es gewohnt, mit seiner sympathischen Art auch Zugang zu Menschen zu finden, die sich sonst verschlossen gaben. Aber die Reich war mit mehreren Schlössern und Riegeln versehen.
    Hinter ihm war etwas!
    Er wusste es plötzlich und fuhr herum. Die Karte ließ er los, und sie polterte wieder zurück ins Regal.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes gab es noch ein Regal. Dort lagerte nutzloses Zeug, in der Hauptsache Machwerke aus dem Kunstunterricht, die so hässlich ausgefallen waren, dass ihre kleinen Schöpfer wohl keine Lust verspürten, sie mit nach Hause zu nehmen. Grinsende Fratzen starrten ihm von dort entgegen, Puppen mit verzerrten, verkrüppelt wirkenden Körpern. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie es waren, die dieses Gefühl der Bedrohung bei ihm auslösten. Tausend Mal hatte er sie schon gesehen, und soweit er es auf die Schnelle beurteilen konnte, waren lange keine neuen mehr dazugekommen.
    In dem Regal – oder hinter dem Regal – schien sich etwas zu bewegen. Hinter dem Regal war die Wand, eine beigefarbene Raufasertapete, dicht mit Spinnweben behangen. Trotzdem sah er dort die Umrisse einer Gestalt, viel zu groß, um sich dort aufzuhalten. Es gab hinter dem Regal nur Platz für Insekten oder Spinnen, auf keinen Fall für Menschen!
    Eine Halluzination durch Überarbeitung? Er arbeitete nicht mehr als sonst. Was nicht gerade wenig war, aber …
    Dennis Harbach sah zur Tür und dann noch einmal zum Regal. Da war nicht wirklich etwas, oder? Der Schatten eines sehr hageren Menschen schien sich hinter den aufgestapelten Kunstobjekten zu bewegen, und er sah aus, als wäre eine der am gründlichsten misslungenen Figuren gewachsen und zum Leben erwacht.
    Es musste das Licht sein. Wenn er sich bewegte, bewegte sich der Schatten. Machte das physikalisch Sinn? Musste sich dazu nicht das Licht bewegen – oder der Gegenstand, der den Schatten warf?
    Dennis zwang sich, keine Bewegung zu machen.
    Dieses Etwas bewegte sich immer noch, aber sehr langsam.
    Eine Ansammlung von Schatten, die aussahen wie ein nackter, bis aufs Skelett abgemagerter Mensch, die Haut dunkelbraun und rau, die einer Mumie vielleicht. Haare hingen strähnig und dünn von dem Schädel herab. Und dann waren da noch zwei Dinge: Die langen Zähne in den knochigen Kiefern konnte man notfalls noch als Sinnestäuschungen abtun. Die glühenden grünen Augen dagegen waren

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