Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Moment ritt auch Gormán auf den Hof und schwang sich aus dem Sattel. Fidelma und Eadulf gingen sofort zu ihm. Bruder Lugna war wie angewurzelt stehen geblieben und starrte den Bauarbeitern hinterher, die jenseits der Tore verschwanden.
    »Alles in Ordnung, Gormán?«, fragte Fidelma zur Begrüßung.
    »Alles wunschgemäß erledigt, Lady«, sagte Gormán und grinste zufrieden. »Bedingungen verkündet und angenommen. Beide Stammesführer erwarten deine nächsten Anweisungen.«
    Fidelma warf einen Seitenblick zu Bruder Lugna. Sein Ärger war in reine Wut übergegangen. Als er ihre Gegenwart bemerkte, war er bemüht, ein gleichmütiges Gesicht zu zeigen.
    »Offensichtlich bereiten dir Glassáns Leute Verdruss«, stellte Fidelma fest.
    »Das kann man wohl sagen«, gab er zähneknirschend zu. »Sie weigern sich, an die Arbeit zu gehen. Auf dem Baugelände hätte es zu viele Unfälle gegeben, sagen sie, um dort weiterzumachen. Sie verlangen ihren Lohn und wollen weg.«
    Man merkte ihm an, dass ihn die Lohnforderung mehr berührte als der Tod des Baumeisters.
    »Könntest du dir denn vorstellen, dass die Bauarbeiten hier ohne einen Baumeister weitergeführt werden?«, fragte Eadulf.
    »Für so einen Posten findet sich immer jemand«, gab der Verwalter zur Antwort. In seinem Ton schwang nicht die geringste Trauer um den Toten mit. »Saor hätte das Zeug, die Verantwortung zu übernehmen, aber er scheint sich auf die Seite der Arbeiter zu stellen. Nicht, dass sonst niemand unter ihnen in der Lage wäre, den Bau zu leiten; es liegt an dem irrwitzigen Aberglauben der Menschen hierzulande. Würden in der Abtei die Bußvorschriften gelten, würde ich jeden Einzelnen auspeitschen lassen, bis er dankbar wäre, die Arbeit machen zu dürfen.«
    Er sprach mit solchem Nachdruck, dass Eadulf seinen Abscheu nicht verhehlen konnte und das Gesicht merklich verzog. Der Verwalter hatte sich ja schon einmal mit aller Deutlichkeit für das Bußsakrament ausgesprochen. Das Pönitenzbuch enthielt eine Reihe von Bußvorschriften, die Eiferer verfasst hatten, die den neuen Regeln von Rom anhingen. Wie das römische Recht, von dem sie abgeleitet wurden, sahen sie körperliche Züchtigung vor, Demütigung, rituelle Verstümmelung bis hin zum Abhacken von Gliedmaßen, wenn jemand gegen die Regeln der Kirche verstoßen hatte. Sie standen in völligem Gegensatz zu dem Geist und derAuffassung der von den Vorfahren der fünf Königreiche übernommenen Gesetzessammlung des Fénechus. Eadulf wusste sehr gut, wie entsetzt Fidelma immer wieder war, wenn sie in Abteien zu tun hatte, in denen es Glaubensfanatikern gelungen war, die Pönitenzvorschriften durchzusetzen. Bisher waren es allerdings nur wenige. Meist galten die Pönitenzvorschriften dort, wo in den Gemeinschaften nur Mönche lebten und das Zölibat in aller Strenge eingehalten wurde. Eadulf gruselte es bei der Vorstellung. Er hatte die Gesetze des Fénechus als humaner und fortschrittlicher schätzen gelernt, sie waren auf die Entschädigung des Opfers und auf die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft ausgerichtet. Körperliche Züchtigung war nichts weiter als ein blutrünstiger Racheakt.
    Bruder Lugna zeigte für Eadulfs Gefühlsregung nur mitleidige Arroganz.
    »Es wird der Tag kommen, da alle Gläubigen Gott und die Bußgesetze fürchten«, erklärte er weiter. »In diesem Land herrscht viel zu große Freizügigkeit.« Er machte eine Pause. »Furcht bewirkt viel, Bruder Eadulf. Wie anders kann ich sie zurück an die Arbeit treiben, wenn es doch aus Furcht ist, dass sie jetzt davonlaufen? Haben sie erst einmal Furcht vor etwas, hilft nur, ihnen mit noch Fürchterlicherem zu drohen.«
    Fidelma schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Ich werde mit Saor und seinen Leuten reden. Nicht wegen der Notwendigkeit, sie auf der Baustelle zu halten, sondern weil sie nicht eher losziehen dürfen, als bis ich meine Nachforschungen hier zu Ende gebracht habe. Sie gehen jetzt wahrscheinlich zu ihren Wohnhütten, oder?«
    »Ja, du dürftest sie dort antreffen. Allerdings glaube ich nicht, dass Saor dir zuhören wird. Ich muss aber den Abtvon der Sachlage in Kenntnis setzen. Über alles, was geschieht, gerät er immer gleich in Panik.«
    »Glassán war doch dem Gesetz nach verpflichtet, dir eine Liste mit den Namen seiner Arbeiter zu geben. Hat er das getan?«
    »Selbstverständlich.« Fidelmas Frage kam für Bruder Lugna überraschend, er konnte es nicht ganz verbergen.
    »Und du hast die Liste auch

Weitere Kostenlose Bücher